Fuck Cancer: Triathlon ist das Lebenselixier der Krebspatientin Bettina Schwarzer

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 27.01.2016 um 14:54
Es ist Winterzeit und viele Triathleten planen gerade ihre Saison, es wird gemeldet und gebucht für die Rennen im Sommer. So versucht es auch Bettina Schwarzer zu machen, die sich gerade die Rennen des Rhein-Neckar Cups als Zwischenziel gesetzt hat und dann Anfang September bei der Challenge Walchsee ihre erste Mitteldistanz finishen will. Mit einem großen Unterschied: Bettina Schwarzer ist an Krebs erkrankt. Seit der schlimmen Diagnose im Frühherbst 2013 kämpft die heute 38-Jährige mit der heimtückischen Krankheit und schöpft dabei vor allem aus dem Triathlonsport die Kraft für den täglichen Kampf.

Einen Trainingsplan, wie es für gesunde Triathleten und Triathleteinnen Usus ist, gibt es für die Mutter zweier Söhne im Alter von 12 und 16 Jahren nicht. Es kann eigentlich nur von Tag zu Tag geplant werden. Bettina Schwarzer, die in Nußloch bei Heidelberg lebt, musste sich seit dem Herbst 2013 insgesamt vier größeren Operationen unterziehen, zudem kamen acht kleinere Eingriffe hinzu. Die bis dato letzte OP fand im November 2015 statt. "Manchmal sind die Schmerzen der Operationsnarben so stark, dass an Training nicht zu denken ist", erzählt Bettina. Wenn es dann mal besser geht, so wie kurz vor Weihnachten, dann wird dies ausgekostet. Doch eine Stunde auf dem Stepper und dann noch eine Schwimmeinheit waren zu viel. Der von der Therapie geschwächte Körper rebellierte und ließ kein weiteres Training zu. "Man ist dann einfach nur noch müde und selbst wenn man wollte, kann man nichts machen", beschreibt sie diese Rückfälle.

 

Die Staffelteilnahme in Roth war ein Wunder  

 

Bettina Schwarzer kennt diese Situation mittlerweile und lässt sich davon nicht unterkriegen und lebt von den Emotionen, die sie beim Triathlon erfahren darf. So wie im letzten Sommer in Roth, als sie als Staffelschwimmerin dabei war. "Ich musste damals beim Einchecken ins Startareal weinen. Die anderen Athleten munterten mich auf mein Ding zu schwimmen. Ich erklärte ihnen dann, dass ich nicht weine, weil ich Angst vor der Distanz habe. Ich weine, weil ich hier dabei sein darf. Das ist ein Wunder".

 

Familie, Hund und Triathlon als Kraftquelle gegen den Krebs

 

Unterstützt wird Bettina, die sich selbst aufgrund des krankheitsbedingten langsamen Trainingstempos "McSchneck" nennt, dabei von ihrem Mann Markus, selbst Triathlet und Langdistanz-Finisher. Er war es auch der sie zum Triathlon brachte. Im September 2013 gab es das Debüt beim Sprinttriathlon in Dossenheim. "Triathlon ist ein Scheißspurt", war Bettinas erster Kommentar im Ziel. Der Zweite: "Ich will dabei bleiben und besser werden". Doch nur zwei Tage nach dem geglückten Start als Triathletin war plötzlich alles anders. Bettina Schwarzer konnte nicht mehr laufen. Als Ursache wurde ein Tumor festgestellt. Zwei Wochen danach stand die schlimme Diagnose "bösartig" fest. Das Problem: Es handelte sich um einen Tumor, der weder auf Bestrahlung noch auf Chemotherapie reagiert. Behandelt wurde deshalb mit Chemotabletten. Gänzliches Neuland war für die Ärzte bei dieser Krebsart auch Bettinas Faible für den Triathlonsport. "Niemand wusste wie ich mich verhalten soll, nur ich wusste dass ich weiter Triathlon machen will".

Mittlerweile scheint auch bei den Ärzten angekommen zu sein, dass die eher ruhigeren und längeren Ausdauereinheiten besser tolerierbar sind, als wie kürzere intensivere und der Ausdauersport die Kraftquelle von Bettina Schwarzer ist. Außerdem ist da noch die 14-jährige Sophie. Das fast blinde Mädchen macht auch Triathlon und wird seit dem Jahr 2013 von Bettina im Training und bei Wettkämpfen begleitet. Viel Lebensmut gibt ihr auch Hund Krümel, der der ideale Sparringspartner bei Spaziergängen ist, wenn der Körper intensivere Belastungen im Schwimmen, Radfahren oder Laufen mal wieder nicht zulässt.

 

"Scheiß Krebs, ich zeige es Dir ..."

 

Nach dem Rother Staffelschwimmen und den Olympischen Distanzen im Kraichgau und in Karlsdorf in der Saison 2015 soll es nun Anfang September 2016 auf die Mitteldistanz bei der Challenge Walchsee gehen, zu dem sie Veranstalter Andi Klingler eingeladen hat. Bettina Schwarzer weiß, dass sie damit absolutes Neuland betritt und die Schmerzen wohl auch dabei ein ständiger Begleiter sein werden. "Scheiß Krebs, ich zeige es Dir", ist dabei immer wieder ihr Leitspruch, den sie auch auf ihrer Laufkappe mit dem Ausspruch "Fuck Cancer" sichtbar nach außen trägt. Aufhören würde sie aber nur, wenn es gar nichts mehr geht. "Einmal musste ich schon seitwärts und rückwärts laufen, weil die Schmerzen so groß waren."  Bettinas große Hoffnung ist 2016 ohne OP durch zukommen. "Ich habe noch zwei Punkte auf der Leber. Aber ich glaube fest daran, dass der Sport mir dabei hilft dagegen anzukämpfen". Zur Kontrolle steht deshalb regelmäßig ein MRT und alle vier Wochen Blutuntersuchungen auf dem Programm.

Gerade ist Bettina Schwarzer wieder ins Triathlontraining eingestiegen und es lief ganz gut für den Anfang, wie ihr aktueller Facebook-Post verrät.  "Habe meine erste richtige Trainingseinheit hinter mich gebracht. Ich musste jedoch feststellen, dass ich mal wieder bei 0 anfangen muss. An den Geräten sitze ich mit 5-10 kg.  Auf dem Laufband schaffe ich gerade mal 5 km. ABER das Gute daran ist ........... ich kann mich steigern" ... Eure Betty