Daniel Döller: Beim Austria Triathlon stehen Werte wie Leistbarkeit und familiäres Flair im Vordergrund

Harald Eggebrecht für tri2b.com | 15.06.2017 um 00:00
Am 11. Juni 1988 fing in Podersdorf am Neusiedler See eine echte Triathlon-Erfolgsgeschichte an. 36 Teilnehmer stellten sich dem ersten Austria Triathlon über die Langdistanz. Von 1. bis zum 3. September 2017 steht nun die 30. Auflage des österreichischen Triathlon-Klassikers auf dem Programm, zu der wieder über 2.000 Teilnehmer aus ganz Europa erwartet werden. Das Rennen im Burgenland hat in all den Jahren viele einmalige Geschichten geschrieben. Initiiert wurde der Austria Triathlon vom österreichischen Triathlon-Pionier Kurt Mitschko. Das Rennen in Poderdorf war sein "Baby". Im Vorjahr verstarb Mitschko auf tragische Weise, dessen Triathlon-Lebenswerk wird nun von seinem Stiefsohn Daniel Döller fortgeführt. Im Interview erzählt uns Döller unter anderem, warum ein Franchise-Label, wie Ironman oder Challenge, für ihn kein Thema ist, wie wichtig Rekorde sind, wie die Zukunft des Austria Triathlon aussieht und warum Podersdorf "Fast", "Hard" und "Legendary" ist.

>>>Der Austria Triathlon von 1988 bis 2017 ... 

tri2b.com: Wie genau sah dein erster Kontakt mit dem Austria Triathlon aus? Man kann ja nachlesen, dass du schon von Kindesbeinen dabei bist?
Daniel Döller (D.D.): Nachdem bei uns die ganze Familie mithilft, ist es nur logisch, dass ich bereits als kleiner Bub bei der ersten Auflage die leeren Flaschen nach der Labestelle eingesammelt habe. Zu sagen, dass ich zu diesem Zeitpunkt schon mit dem Triathlonfieber infiziert worden bin, wäre vielleicht etwas übertrieben. Dass der Triathlon seit jeher einen hohen Stellenwert innerhalb unserer Familie hatte, ist unbestritten. Natürlich habe ich mich im Laufe der Jahre aber auch nach oben gearbeitet. Die Geschichte ist zwar keine wie „vom Tellerwäscher zum Millionär“, aber immerhin habe ich es vom Flaschen-Einsammler, über den Weg des Tombola-Losverkäufers und in späteren Jahren Verantwortlichen für die Registrierung, bis hin zum Organisator gebracht. Man kann also sagen, ich kenne jeder Facette unserer Veranstaltung und kann voller Stolz sagen, dass wir seit jeher als ganze Familie mit vollem Herzblut diese Veranstaltung organisieren. Der Austria Triathlon ist sogar der Grund für mein Studium im Bereich Marketing: Ich wollte schon immer Event-Organisator werden, nachdem sich die Berufswünsche aus jungen Jahren, Feuerwehrmann und Triathlet, nicht eingestellt haben. 

tri2b.com: Du warst selbst Profisportler. In welcher Sportart?
D.D.: Ich bin mit 12 Jahren zum Handball gekommen und bin dieser Sportart auch bis zu meinem 23. Geburtstag treu geblieben. Mir hat schon immer die Dynamik, Teamarbeit und Schnelligkeit gefallen und ich hatte das Glück, einen tollen Trainer gehabt zu haben und ich durfte Teil einer super Mannschaft sein. Meine persönlichen Highlights waren sicher die Spiele um den österreichischen Meistertitel sowie die Spiele im Europacup. Aus dieser Zeit ziehe ich auch einen Großteil meine heutigen Werte. Mir ist ein eingeschworenes Team, das mit Leidenschaft die Dinge verfolgt und umsetzt, am wichtigsten. Denn dann passieren die Dinge aus intrinsischer Motivation heraus und genau diesen Spirit und diese Einstellung bekommen auch die Athleten mit. 

 

Der Austria Triathlon hat seinen festen Platz neben Ironman und Challenge 

 

tri2b.com: Der Austria Triathlon bewegt sich seit 2015 im Bereich von über 2.000 Startern. Wie schwer ist es, bei der großen Konkurrenz an Ironman- und Challenge-Rennen, dieses Niveau zu halten?
D.D.:  Ich muss sagen, erstaunlich leicht. Trotz der im Vorjahr zeitgleich am Walchsee stattfindenden EM hatten wir auch auf der Mitteldistanz mehr Starter als im Jahr zuvor. Und das Ganze ohne die Bewerbung durch eine internationale Franchise. Umso schöner ist es für mich zu sehen, dass wir als traditionelle Veranstaltung von den Startern mehr und mehr geschätzt werden und Werte wie Leistbarkeit und eine familiäre und gleichzeitig professionelle Organisation nach wie vor zählen. Somit ist neben großen internationalen Marken auch Platz für den Austria Triathlon. Dafür arbeiten wir weiterhin hart, damit das auch so bleibt. Ich war es stets und bin ein überzeugter Fan von Regionalität. Schließlich möchte ich doch gerade bei einer Veranstaltung im Ausland die Leute und das Land kennen lernen. Dadurch, dass wir vor den Toren Wiens sind, kombinieren viele unserer Starter ihren Sport mit Kultur und Erholung. Aus meiner Sicht eine unschlagbare Kombination.

Daniel Döller an seiner Finishline - © Austria Triathlon

tri2b.com: Kurt Mitschko hatte uns einmal in einem Interview erzählt (Kurt Mitschko: Der Hobbyist von Podersdorf), dass das Ironman-Label schon mal zur Debatte stand. Wäre es heute, wenn die Rahmenbedingungen passen, vorstellbar, sich einem großen Serienveranstalter anzuschließen. Ober muss Podersdorf eigenständig bleiben?
D.D: Zum jetzigen Zeitpunkt ist es für mich ausgeschlossen, uns einer Franchise anzuschließen. Welchen Vorteil würde es auch bringen? Wir sind über alle Bewerbe zusammen gezählt heute unter den größten Veranstaltungen in Österreich, können frei über unseren Weg entscheiden und haben eine starke Community hinter uns, weil wir eben sind, wer wir sind. Zudem haben wir erst unlängst unseren Claim „Fast. Hard. Legendary“ zu unserer Marke hinzugefügt, um unserer eigenen Identität noch mehr Ausdruck zu verleihen. In eine von Auflagen und Vorschreibungen geprägten Franchise-Welt zieht es mich aus diesem Grund eben nicht. Zudem, wenn man seinem Stiefvater am Sterbebett das Wort gibt, die Veranstaltung in seinem Sinne weiterzuführen, dann ist es auch eine echte Herzensangelegenheit. Und die wiegt immer stärker als wirtschaftlichen Überlegungen. 

tri2b.com: Wie sieht der typische Podersdorf-Starter aus. Gibt es eine Tendenz?
D.D.: Er ist männlich. Nichtsdestotrotz ist der Frauenanteil gerade bei den kürzeren Distanzen stark am steigen und liegt mittlerweile bei knapp 30 Prozent. Unsere Athleten über die Langdistanz kommen vorwiegend aus Österreich und Deutschland, ergänzt um Topathleten aus dem nahen Ausland, wie Ungarn, Slowenien, Tschechien und der Slowakei. In der Regel bleiben unsere Athleten eine Woche vor Ort, um auf der einen Seite die Strecke besser kennen zu lernen, auf der anderen Seite aber auch um einen schönen Urlaub mit der Familie am Neusiedler See zu verbringen. Dadurch, dass wir beginnend beim Kids Aquathlon, alle Distanzen an diesem Wochenende anbieten, ist das die perfekte Möglichkeit, als sportbegeisterte Familie eine schöne Zeit gemeinsam zu verbringen.

Am besten beschreibt unser Claim auch unsere Starter. Fast: Wir haben eine komplett flache Strecke im Nationalpark. Bei guten Bedingungen sind top Zeiten möglich (Top Ten-Radsplit über 180 km weltweit). Hard: Podersdorf ist sowohl mental als auch körperlich eine große Herausforderung. So laufen wir zum Beispiel in der Podersdorfer „Hölle“. Legendary: Jeder Starter ist Teil einer Geschichte von nunmehr knapp 30 Jahren. Das ist in unserer schnelllebigen Welt heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr.

Natürlich gibt es aber auch andere Aspekte, die unsere Starter schätzen. So ist für uns ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis extrem wichtig. Bei uns sind die Athleten alle Menschen und nicht nur Startnummern und diesen Menschen wollen wir ehrlichen Triathlonsport bieten, zu leistbaren Preisen. Natürlich ist auch das Datum Anfang September ideal, um ein abschließendes Saisonhighlight mitten in Europa setzen zu können.  So bleibt noch genug Zeit zur Vorbereitung und für einen schönen Saisonabschluss. Dadurch, dass wir eben alle gängigen Triathlondistanzen an einem Wochenende anbieten, haben wir unter anderem ganze Familien am Start. Die kleinsten Starten beim Kids Aquathlon, die Teenager bei den kurzen und die Eltern bei den langen Distanzen. Also ein Triathlonfest für die ganze Familie, egal ob als Zuschauer oder als Starter. 

tri2b.com: Welche Nation ist nach Österreich am stärksten vertreten. Gab es Veränderungen im Laufe der Zeit?
D.D: Bei uns sind seit jeher viele deutsche Athleten (25% aller Starter über die Langdistanz) am Start. Die regionale Nähe zu Wien und dem Flughafen auf der einen Seite, aber auch die Anreisemöglichkeit mit dem Auto auf der anderen Seite, sind ein großer Pluspunkt für uns. Zudem haben wir uns auch über die letzten drei Jahrzehnte einen guten Namen erarbeitet. Wir haben hier auch viele Freunde gewonnen, sowohl bei den Athleten als auch bei den Sponsoren. Matze Filser von 2XU ist zum Beispiel ein treuer Wegbegleiter über die letzten Jahre und Freund geworden. In letzter Zeit beobachten wir, dass auch immer mehr ungarische Athleten zu uns kommen. Das freut uns besonders, sind wir doch Teil der Centrop Region und forcieren diese Entwicklung und unterstützen Athleten aus dem Ausland. 

tri2b.com:  Podersdorf gilt als extrem schnelle Strecke.  Der Rekord liegt bei 8:07:21 Stunden.  Wäre es ein Ziel und Wunsch, auch einmal Athleten am Start zu haben, die die magische Acht-Stundenmarke brechen?
D.D.: Natürlich wünschen wir uns, dass die Acht-Stundenmarke unterboten wird, dazu müssen aber auch wirklich die Bedingungen passen – unsere Strecken ist eben „hard“. Ich weiß auch, dass diese Marke früher oder später unterboten wird, der Zeitpunkt ist mir aber nicht wichtig. Wichtiger ist mir, dass alle unsere Athleten, egal ob Profi oder Amateur, sicher und heil ins Ziel kommen und wir den perfekten Rahmen bieten, dass jeder sein persönliches Ziel oder seine persönliche Bestzeit erreichen kann. Dann wird es nämlich für jeden sein individueller „legendary“ Moment und was gibt es schöneres?

 

Lieber das Geld für alle Athleten, als für Rekorde ausgeben

 

tri2b.com:  Eine hypothetische  Frage: Angenommen ein Sponsor zahlt so viel Geld, dass ihr euch Athleten leisten könntet, die die Frodeno-Weltbestzeit von Roth knacken könnten.  Wie groß wäre der Reiz?
D.D.: Die Frage ist wirklich hypothetisch, denn aktuell wäre das aus meiner Sicht nur Jan Frodeno selbst. Natürlich ist die Jagd nach neuen Rekorden interessant, aber wenn ich vor die Wahl gestellt werden würde, um das Geld entweder einen Superstar zu bezahlen oder aber etwas Gutes für alle unsere Starter zu ermöglichen, dann eindeutig die zweite Möglichkeit. Und ehrlich gesagt, ich habe auch dieses Jahr so eine Entscheidung getroffen. Denn statt Finisher-Shirts wird es bei uns für die Finisher der Lang- und Halbdistanz ein Finisher-Radtrikot geben. Bei 1.200 Stück und den vierfachen Kosten sehe ich das als ein großes Dankeschön an unsere Athleten. Um dieses Investment wäre sicher ein Top-Profi zu holen gewesen.

tri2b.com: 30 Jahre Austria Triathlon ist eine lange Zeit. Wir wollen jetzt nicht 30 Jahre voraus blicken. Aber welche Entwicklung würdest du dir in den kommenden fünf Jahren wünschen?
D.D.:  Persönliche Erlebnisse, wie der tragische Tod von Kurt, lehren Demut und Freude im Hier und Jetzt. Ich wünsche mir deshalb, dass alle unsere Athleten immer sicher ins Ziel kommen und Freude an unserer Veranstaltung haben. In den nächsten fünf Jahren sehe ich einen anhaltend positiven Trend für den Austria Triathlon, sodass es eventuell eine Änderung der Radstrecke geben wird. Aktuell fahren wir 30-Kilometer-Runden, die könnte man auf 45 Kilometer ausweiten. In den kommenden Jahren werden wir auch die individuelle Kommunikation mit unseren Athleten forcieren und bedienen uns dazu der neuen Medien. Weiteres bauen wir gerade Rahmenveranstaltungen rund um unser Rennwochenende, um vor allem noch mehr junge Sportler zum Triathlon zu führen – das Ganze aus einer Kombination aus Fun- und Triathlonwettbewerb und unter dem Mantel des Austria Triathlon. Wir geben mit unserem Namen ein Versprechen ab. Ein Versprechen des guten Preis-/Leistungsverhältnisses, einer schönen Strecke und familiären Atmosphäre. Dieses Versprechen werden wir auch die kommenden Jahre halten.