Daniela Bleymehl: Sorge um den Triathlonsport, viel Zuspruch in der Schwangerschaft und extreme Ziele

Harald Eggebrecht für tri2b.com | 13.04.2021 um 09:51
Daniela Bleymehl wurde wie alle Triathleten und Triathletinnen im Vorjahr von der weltweiten Corona-Pandemie ausgebremst. Als endlich mit der PTO Championship im Rahmen der Challenge Daytona das erste Rennen anstand, zog die Challenge Roth-Siegerin von 2018 kurzfristig zurück. Der Grund war ein freudiger, denn Anfang Februar gab Bleymehl ihre Schwangerschaft bekannt, verbunden mit der Nachricht, nach der Babypause die erfolgreiche Profikarriere fortsetzen zu wollen. Wir haben mit Daniela Bleymehl über die aktuelle Corona-Situation, ihre Schwangerschaft, den Umgang mit den Ausrüstern und Sponsoren, ihren neuen Schuh-Partner HOKA, sowie über ihre Ziele nach der Babypause gesprochen.

tri2b.com: Im ersten Coronajahr 2020 hast du wie alle Triathleten und Triathletinnen dem möglichen Restart der Saison entgegengefiebert. Letztlich hast du dann deinen Start bei der PTO Championship in Daytona absagen müssen. Aufgrund eines sehr freudigen Ereignisses, deiner Schwangerschaft. Wie blickst du durch die für dich veränderte Situation auf die aktuelle Lage? Vielleicht sogar etwas entspannter? 
Daniela Bleymehl (D.B.): Entspannter bin ich nicht, weil ich mir wirklich langsam Sorgen um den Sport mache – auch wenn man es als Triathlet es gewohnt ist, mit schwierigen Situationen und Rückschlägen umzugehen. Für den ein oder anderen könnte es schwer werden, wenn auch diese Saison weitgehend ausfällt. Ich bin mir absolut sicher, dass der Sport und der Triathlon wieder auf die Beine kommen werden. Die Frage ist eben, wie lange es dauern wird, bis auch die Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit zurück sind. Ich denke da insbesondere an junge Athleten und Athletinnen, die gerade vor der Entscheidung stehen, in eine Profikarriere zu starten. Für sie ist es gerade wirklich extrem schwer. Gleiches gilt für die Rennen und die Veranstalter. Einmal, sagen viele, war die Absage zu verkraften. Aber bei einer zweiten Null-Runde sieht es schon schön düster aus, wenn so viel vorbereitet und investiert wurde. Letztes Jahr habe ich das noch am eigenen Leib als Athletin erfahren und kann mich daher natürlich auch jetzt gut in die Situation hineinversetzen. 2020 wusste ja anfangs niemand, wie lange sich diese Situation hinziehen wird. Jetzt geht man mittlerweile mit einer ganz anderen Einstellung ran. Man freut sich über jede Ausnahme – im Vorjahr war man über jede Absage immer aufs Neue erschüttert.

Daniela Bleymehl ist wegen Corona in Sorge um den Triathlonsport - © Marcel Hilger

tri2b.com: Du bist aktuell im 8. Monat deiner Schwangerschaft. Auf deinen Social-Media-Kanälen kann man verfolgen, wie du dich fit hältst. Profitierst du von deinen Erfahrungen, die du in deiner ersten Schwangerschaft vor zehn Jahren als ganz junge Athletin gemacht hast?
D.B.: Auf jeden Fall. Damals hatte ich zwar gerade die Profilizenz gelöst, mich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht als „echte“ Profiathletin gesehen. Das hat sich erst in den Jahren nach der Babypause allmählich entwickelt. Hinsichtlich des Trainings in der Schwangerschaft habe ich mir damals viele Notizen gemacht, die mir heute sehr weiterhelfen. Auch bei Zweifeln, die hin und wieder aufkommen, sind meine Erfahrungen von damals sehr wertvoll. Heute stehe ich an einem ganz anderen Punkt in meiner Karriere als vor zehn Jahren, aber es hilft zu wissen, dass es schon einmal funktioniert hat. Natürlich braucht es seine Zeit, aber das lässt sich alles gut planen.  2021 werde ich sicher nichts übers Knie brechen, auch wenn noch Rennen stattfinden. Ich möchte lieber gut geplant und von Grund auf aufbauen und hoffe, dass es 2022 wieder einen vollen Rennkalender gibt.

tri2b.com: Die Verbindung von Schwangerschaft, Kindern und Leistungssport wird trotz aller gesellschaftlichen Veränderungen immer noch kontrovers und teils auch sehr emotional diskutiert. Meist von Personen, die selbst darin keinerlei eigene Erfahrungen gemacht haben. Hat sich hier die gesellschaftliche Wahrnehmung im vergangenen Jahrzehnt seit deiner ersten Schwangerschaft schon etwas verändert?
D.B.: Von meinem Empfinden her hat sich nicht viel verändert, wobei die Situation bei mir jetzt auch eine andere ist. Damals war noch nicht klar, dass es für mich danach in den Profisport gehen soll. Heute kann ich sagen, dass ich von außen darin bestärkt werde, dass es auch diesmal wieder klappen kann. Negative Erfahrungen habe ich aktuell keine gemacht und sehe es daher sehr entspannt.

tri2b.com: Wie verhalten sich deine Sponsoren und Ausrüster? Du konntest zuletzt auch wieder neue Partner, wie zum Beispiel deinen neuen Laufschuhausrüster Hoka, präsentieren. Kann man das als großen Vertrauensbonus bewerten, da die Gesamtsituation im Sponsoringbereich aufgrund von Corona ja sowieso schon eher angespannt ist?
D.B.: Im Fall von HOKA sind die Gespräche schon deutlich früher geführt worden und ich bin von Anfang an auch mit dem Thema Schwangerschaft offen umgegangen. Für das erste Jahr haben wir eine faire Übergangslösung gefunden. In einer guten Zusammenarbeit sind Offenheit, Ehrlichkeit und eine gute Kommunikation von beiden Seiten wichtig.
Eine Schwangerschaft ist aber ja auch kein Grund (die spezielle Corona-Situation mal ausgeklammert), eine Athletin nicht zu unterstützen. Nicht, weil ich selbst aktuell in der Situation bin – sondern, weil es eben zum Leben dazugehört. Diese Sichtweise wird auch von Seiten meiner Sponsoren geteilt, wofür ich wirklich dankbar bin und was ich sehr zu schätzen weiß.

Daniela Bleymehl ist seit Anfang 2021 HOKA-Athletin - © Marcel Hilger

tri2b.com: Nach deinem starken Auftritt beim Ironman Hawaii 2019 mit Rang neun hast du einen Trainerwechsel vorgenommen. Du arbeitest jetzt mit Mario Schmidt-Wendling zusammen und hast von einigen Umstellungen im Trainingsprozess gesprochen. Was wurde konkret verändert? Kannst du uns einen Einblick geben?
D.B.: Anfangs haben wir speziell beim Schwimmen und Laufen die Technik umgestellt und teilweise auch mit Lars Lienhard, einem Neuroathletiktrainer, zusammengearbeitet. Ich bin zum Beispiel über einen Zeitraum von zwei Monaten keine zusammenhängende Strecke gelaufen, die länger als 100 Meter lang war. Das mag etwas seltsam klingen, war aber genau so gewollt. Ich war in dieser Phase fünfmal pro Woche in den Laufschuhen unterwegs, allerdings als reine Technik-Einheit. Ähnlich war es beim Schwimmen, wo wir viel mit Videoanalysen gearbeitet haben.Nach der Babypause werde ich vielleicht wieder bei Null anfangen müssen, da man schnell wieder in alte Bewegungsmuster zurückfällt. Der Ansatz von Mario hat mir aber sehr gut gefallen und wird sicherlich auch in Zukunft gut funktionieren.  

tri2b.com: Diese Verbesserungen möchtest du natürlich möglichst bald nach der Rückkehr aus der Babypause im echten Rennen anwenden. Da sind zum einen die bekannten Highlights von Roth, über Frankfurt bis zu Hawaii. Gibt´s irgendein Rennen, das du bisher noch nie gemacht hast, dass du irgendwann aber noch gerne angehen willst?
D.B.: Es gibt sehr viele schöne Wettkämpfe, die mich reizen würden, auch extremere Rennen, wie z.B. der Ironman Lanzarote, der Norseman oder die Challenge Wanaka – ich möchte unbedingt nochmal nach Neuseeland und kann mir gut vorstellen, dieses Rennen mit einer Reise zu verbinden. All diese Wettkämpfe würde ich aber eher unter dem Abenteueraspekt sehen und erst gegen Ende meiner Profikarriere oder danach machen. Ein Rennen, das auch noch auf meiner Bucket List steht, ist der Ironman Südafrika.

tri2b.com: Zum Schluss zurück zum Beginn deiner Schwangerschaft. Du bist eine der ersten Athletinnen, die von dem Mutterschaftsgeld-Programm der PTO profitiert. Machte dieser Umstand und die zusätzliche finanzielle Sicherheit das Zuschauen müssen bei der PTO Championship etwas leichter?
D.B.: Das war natürlich gutes Timing: Genau zwei Tage nachdem ich von der Schwangerschaft erfuhr, hat die PTO dieses Programm bekanntgegeben. Leichter war das Zuschauen bei der PTO Championship deshalb aber nicht. Es hat schon etwas geschmerzt, insbesondere da ich ja im Vorjahr auch immer wieder auf einen echten Renneinsatz gehofft hatte. Aber das ist ein gutes Zeichen: Es zeigt mir, dass ich auch jetzt noch für den Triathlonsport brenne.