Michael Raelert: Aufgeben will ich definitiv wirklich noch nicht

Harald Eggebrecht für tri2b.com | 27.09.2016 um 16:18
Der zweimalige Ironman 70.3-Weltmeister Michael Raelert war im Sommer zum Zuschauen verdammt, nachdem bei ihm im Mai eine Infektion mit dem Epstein-Baar-Virus festgestellt wurde. Nun soll nach über fünfmonatiger Wettkampfpause das Comeback stattfinden. Der 36-jährige Rostocker plant derzeit, beim Ironman 70.3 Miami am 23. Oktober an der Startlinie zu stehen. Michael Raelert bereitete sich zuletzt am oberbayerischen Chiemsee und im heimischen Rostock auf die Rückkehr ins Wettkampfgeschehen vor. Im tri2b.com-Interview erzählt er über die schwierige Zeit während der Erkrankung.

tri2b.com: Deine komplette europäische Sommersaison ist ausgefallen, nachdem bei dir eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus diagnostiziert wurde. Wie war die Situation Anfang Mai für dich?
Michael Raelert (M.R.): Ich war im Frühjahr sehr lange in Thailand und habe dort wirklich sehr gut trainiert. Ich war dort super zufrieden mit den Trainingsergebnissen. Meine Motivation war durch das persönliche Feedback sehr gut und ich dachte echt, ich kann jetzt richtig Bäume ausreißen. Deshalb war die Erwartung vor dem Ironman-70.3-Rennen in St. George dementsprechend hoch. Ich hab mich auf den Start dort damals richtig gefreut. Die Einstellung war da, das Rennen gewinnen zu wollen.

Gegen Ende April hab ich dann aber gemerkt, irgendwas stimmt nicht so richtig mit mir. Ich dachte mir aber, es liegt daran, dass ich so viel trainiert hatte. Trotzdem war ich mir immer noch sicher, ich kann Bäume ausreißen, sogar mit ganzer Wurzel. Dann kam das Rennen in St. George. Ich bin dort immer noch siegessicher ins Rennen gegangen und dann damit aber gnadenlos auf die Nase gefallen. Ich hab mich in meinem Leben noch nie so schlecht in einem Wettkampf gefühlt. Es war eine absolute Grenzerfahrung, die ich nicht noch einmal erleben möchte. Für mich ist da echt eine kleine Welt zusammen gebrochen, weil ich immer noch nicht den Grund des Zusammenbruchs kannte.

tri2b.com: Nach der Rückkehr aus den USA war mit der Diagnose zumindest diese Ungewissheit beseitigt. Wie ging es weiter?
M.R.:  Die Diagnose war dann die Bestätigung, dass ich nicht schlecht trainiert hatte, sondern es der Körper war, der zu diesem Zeitpunkt einfach nicht mehr wollte. Dann hieß es erst einmal abwarten und schauen. Das dauert immer ein, zwei Monate. Das Schlimmste war für mich nicht, dass ich diese Infektion hatte, sondern das investierte Training dahin war und die Saison erst einmal gelaufen war.  

tri2b.com: Ist man da nicht so frustriert, dass man am liebsten alles hinschmeißen möchte. Du hattest ja in den letzten Jahren immer wieder mit schweren Rückschlägen zu kämpfen, unter anderem auch schon einmal eine Erkrankung mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber wegstecken müssen. Sag man da nicht mal, jetzt ist es genug?
M.R.: Mit so einer Situation umgehen zu müssen, tut dem Kopf in der Tat nicht so richtig gut. Ich brauchte so ein bis zwei Wochen für mich, um zu sehen was ich genau will. Ich kam dann zu dem Entschluss, dass ich es immer noch kann und ich auch immer noch will.

tri2b.com: Wie geht es dir aktuell?
M.R.: Deutlich besser. Ich weiß nun woran es lag. Ich habe mir Gedanken gemacht - wieso, weshalb, warum. Es tat im Herz natürlich sehr weh, wenn die Saison losgeht, alle machen Rennen und du musst zuschauen.  Aber ich hab ja Andy, der kann die Kohlen aus dem Feuer holen und zum anderen weiß ich, dass ich immer noch das Potential habe. Insgeheim hoffe ich nun noch auf einen versöhnlichen Saisonabschluss in diesem Jahr. Ansonsten halt im nächsten Jahr. Aufgeben will ich definitiv wirklich noch nicht, dafür waren meine Trainingsergebnisse einfach zu gut in diesem Frühjahr.  

tri2b.com: Und wie schaut die aktuelle Trainingsform aus, hat es gereicht um Andy in seiner Hawaii-Vorbereitung im Training zur Seite zu stehen?
M.R.:  Ich komme langsam wieder in den Bereich, wo ich konkurrenzfähig bin. Das Niveau zwischen uns ging etwas auseinander. Ich kam mit, aber nur im Windschatten (lacht). Ich hab versucht, Andy so gut es geht zu unterstützen, damit er so wenig wie möglich alleine trainieren musste. Wenn wir halt zehn Runden um den See geschwommen sind und ich kam nur Neun mit, dann war ich in der letzten fürs Beifall klatschen zuständig.

tri2b.com: Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen dir viel Glück für das Comeback-Rennen in Florida.