Soloflucht oder Teamplayer: Wie wird das Trainingslager ein Erfolg?

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 12.11.2016 um 11:49
Auf eigene Faust oder gemeinsam mit anderen? Eine Frage die sich sicher viele Triathleten stellen, wenn es um die Planung für das Frühjahrstrainingslager geht. Grundsätzlich ist der Triathlet erst einmal Individualsportler. Zum Schwimmen, Radfahren und Laufen braucht´s keinen Partner/Partnerin oder Trainingsgruppe. Das gilt fürs Heimtraining, aber genauso für das Trainingscamp, zumal heutzutage die individuelle Buchung eines Flugs und Hotels mit ein paar schnellen Mausklicks erledigt ist. Trotzdem tummeln sich immer mehr Anbieter von organisierten Triathloncamps auf dem Markt, die mit Gruppentraining und individueller Betreuung werben.

Der  in der Schweiz ansässige Veranstalter Triathlon Holidays, der in der dritten Saison Trainingscamps unter dem bekannten Huerzeler-Label veranstaltet, sieht bei sich einen klaren Run auf die organisierten Camps. Auf Lanzarote und auf Mallorca werden die gemeinsamen Trainingswochen angeboten, wobei am mallorquinischen Trainingsstandort an der  Colonia St. Jordi von Februar bis Ende Oktober ein Aufenthalt auch individuell gebucht werden kann. Mit dem direkt am Partnerhotel Blau Colonia St. Jordi Resort & Spa gelegenen Best Swim Center sind die Bedingungen dort für beide Varianten ideal.  Trotzdem sei der Anteil individuell trainierender Athleten gering im Verhältnis zur Gruppe. "Wir schätzen, dass es nicht mehr als 10-15 Prozent sind. Das mag bei anderen Anbietern anders sein. Bei uns liegt es sicherlich auch daran, dass wir das Gruppenangebot entsprechend bewerben," so die Schweizer Reiseveranstalter.

 

Trainingscamps sind auch eine Kontaktbörse für beruflich stark eingespannte Triathleten/innen

 

Lothar Leder, der in seiner langjährigen Profi-Triathlonkarriere nahezu alle weltweiten Trainingsstandorte  kennen gelernt hat und bei insgesamt sieben Triathlon Holidays-Camps in der Saison 2017, meist zusammen mit seiner Frau Nicole, die sportliche Leitung übernimmt, nennt noch weitere Gründe für den Zuwachs an den geführten Trainingslagern. "Es gibt viele Singles, die berufliche stark eingespannt sind. Für die traditionelle Vereinsstruktur mit festen wöchentlichen Trainingsterminen und einem gemeinsamen langfristig geplanten Camp im Süden finden sie einfach keine Zeit. Solche Athleten sind dann sehr dankbar, wenn sie im Urlaub beim Gruppentraining Kontakte unter Gleichgesinnten knüpfen können," erklärt Lothar Leder. "Nach ein bis zwei Tagen wird dann im Training aus den angereisten Individualisten meist schnell eine funktionierende Gruppe." Nicole Leder stellt dabei auch noch einen weiteren Trend fest. Der weibliche Anteil wächst immer stärker an. "Die Frauen verlieren immer mehr die Scheu an einem Gruppencamp teilzunehmen. Zuletzt waren bei unserem eigenen Camp von elf Teilnehmern acht weiblich." 

 

 Gemeinsame Pause beim Training auf Mallorca (Bildrechte: Triathlon Holidays)

Lokale Radguides auf "Standby", um kleine Gruppengrößen zu garantieren

 

Wie gelingt es aber dabei die individuellen Ziele der Teilnehmer und die unterschiedlichen Leistungsniveaus unter einen Hut zu bringen, damit am Ende für möglichst alle ein Mehrwert rausspringt?  Bei den Triathlon Holidays-Camps setzt man auf möglichst kleine Gruppen. Außerdem wird vorab mit einem Fragebogen das Trainingsniveau  und die bisherige Triathlonerfahrung ermittelt, um anschließend die Gruppen möglichst homogen zusammen zu stellen.  6 bis 8 Athleten sind bei den von Nicole und Lothar Leder geführten Camps in einer Gruppe beziehungsweise mit einem Guide unterwegs. "Sind es 12 bis 14 Athleten, dann wird es schnell hektisch", wissen die Leders zu berichten.  Um diese kleinen Gruppengrößen auch garantieren zu können, hat man sich bei den  Triathlon Holidays-Camps was besonderes einfallen lassen. "Wir versuchen, mit lokalen Fahrrad-Guides, die auf der Insel ganzjährig leben und als Veloguides arbeiten, mögliche Schwankungen abzufedern. So können wir auch darauf reagieren, wenn in einem Camp die ganze Spanne vom blutjungen Triathlonanfänger bis zum Kona-Starter dabei ist.  Wir wissen frühestens mit dem Fragebogen-Feedback, welche Teilnehmer auf einen zu kommen ", erklärt Organisator Friedrich Dietz.

Eine weitere Frage ist die des Trainingsinhalts. Viele Athleten arbeiten im Heimtraining mit Trainern zusammen, die persönlich zugeschnittene Trainingspläne erstellen und individuelle Herzfrequenzbereiche und immer öfter auch im ambitionierten Bereich fürs das Radtraining Wattbereiche vorgeben.  Eine Radgruppe kann aber nur richtig rollen, wenn alle an einem Strang ziehen. "Es kommt schon mal vor, dass der eine oder andere Athlet erst einmal alleine loszieht und sein eigenes Programm fährt. Meist sind sie aber dann nach ein paar Tagen doch in der Gruppe dabei," schmunzelt Lothar Leder und fügt an: "Stärkere Athleten müssen dann länger in der Führung fahren oder können an den Bergen vorne weg fahren. Wenn das immer noch reicht reicht, dann schicken wir die ganz Starken schon mal auch auf eine Extrarunde. In der Gruppe schauen wir, dass die Teilnehmer ein Verständnis für das richtige Schalten bekommen. Die Radtechnik ist hier mittlerweile top, das Können hinkt aber stark hinterher. Gerade die vielen Quereinsteiger und Neulinge können damit sehr oft noch nicht richtig umgehen." 

 

Ist der Gruppen-Mehrwert größer als der Verlust der Individualität?  

 

Dies ist auch einer der Gründe, warum man bei Triathlon Holidays den Einsteigern vom Training auf eigene Faust im Trainingslager abrät. " Ich würde auch jedem Einsteiger empfehlen, in ein Camp zu gehen anstelle sich individuell abzuquälen. Gerade die vielen Informationen Gleichgesinnter ist meines Erachtens für Einsteiger Gold wert," so der Tipp von Dietz.   

Am Ende will der Gast aber einen Mehrwert aus dem Training in der Gruppe mit nach Hause nehmen, Spaß haben und dabei seine Form auf ein höheres Niveau heben. Man kann die Zufriedenheit in einem Camp immer mit einem relativ banalen Vergleich erklären. Der Triathlet gibt die komplette Freiheit für das Gruppenerlebnis auf. Solange dieses Erlebnis und die wertvollen Informationen Gleichgesinnter die Einschränkung im eigenen Training überkompensiert, macht ein Camp Spaß und der Teilnehmer tritt zufrieden die Heimreise an.  

Diese einfach Grundregel scheint nicht allen so bewusst zu sein und deshalb gibt es immer wieder mal Nachfragen, wie der eigene, oft wissenschaftlich ausgetüftelte, Trainingsplan im Gruppentraining umgesetzt werden kann.  Da die allermeisten Athleten aber ein Saisonziel in den mitteleuropäischen Sommermonaten anpeilen, ist in den Frühjahrscamps die Programmvorgabe sowieso meist klar: Viele ruhige Kilometer sammeln.  "Typisch ist für die, die zu diesem Thema nachfragen, dass der Heimtrainer unseren Rahmenplan vor dem Camp ansieht und den spezifischen Plan des Athleten entsprechend anpasst, damit möglichst sinnvolle Überschneidungen vorkommen," erklärte man uns seitens Triathlon Holidays.

 

 Lothar Leder legt in seinen Camps viel Wert auf Krafttraining (Bildrechte: Triathlon Holidays)

 

Teilnehmer sollen Erlebnisse mit nach Hause nehmen - nicht nur Zahlen in Form von Kilometern, Herzfrequenzen und Wattwerten

 

Trotz aller Trainingsplanung wird ein Training langfristig, egal ob im Camp oder daheim, nur erfolgreich sein, wenn der Spaß und die Freude an der täglichen Bewegung erhalten bleibt. Der anfängliche Enthusiasmus ist oft schnell verflogen, wenn allzu wissenschaftlich an die Sache rangegangen wird und die Zahlen und Auswertungen auch mal keine Steigerung mehr anzeigen. "Triathlontraining ist harte Arbeit und diese geht einfach leichter von der Hand, wenn man mit echter Freude dabei ist," wissen die Leders nur zu gut aus eigener Erfahrung und wollen genau dies auch in ihren Trainingsgruppen vermitteln.