Interview mit Lothar Leder: Genesung verläuft besser als erwartet

von Jens Richter für tri2b.com für tri2b.com | 05.06.2004 um 10:30
Acht Wochen Rennpause, Arztbesuche, Rehatraining. An diesem Wochenende meldet sich Lothar Leder zurück ins Renngeschehen – ein wenig skeptisch noch, aber sonst ganz der Alte ...

Für Lothar Leder waren die vergangenen acht Wochen vermutlich die schwersten seiner langen Sportlerkarriere. Zum ersten Mal musste sich der 33-Jährige mit einer ernsthaften Verletzung auseinandersetzen – acht Wochen Wettkampfpause, Arztbesuche, Rehatraining. An diesem Wochenende meldet sich Darmstädter zurück ins Renngeschehen – etwas ruhiger und ein wenig skeptisch noch, aber sonst ganz der Alte, wie das Gespräch mit tri2b.com zeigt. tri2b.com: Lothar, an diesem Sonntag startest du nach einer langen Verletzungspause dein Comeback mit einem ersten Testwettkampf. Das ist früher, als alle erwartet hatten, denn Ende April hattest du alle Renntermine für dieses Frühjahr in Frage gestellt. Wie läuft die Genesung? Lothar Leder (L.L.): Danke, viel besser als erwartet! Der Muskelfaserriss in der linken Wade war ziemlich schnell ausgestanden, er war nur die Folge einer Fehlbelastung. Wegen eines Fersensporns (eine bisweilen sehr schmerzhafte Kalkablagerung an einem Sehnenansatz des Fersenknochens, die Red.) am rechten Fuß hatte ich unbewusst die rechte Ferse geschont und das linke Bein überlastet. tri2b.com: Mit einer langwierigen Verletzung warst du vorher noch nicht konfrontiert. Was ist in den letzten acht Wochen in dir vorgegangen? L.L.: Das war ganz, ganz hart, weil ich in all den siebzehn Jahren Triathlon noch keine Verletzung hatte. Ich kannte das alles nicht: Zwangspause, Arztbesuche, die Unsicherheit. – Aber es hatte auch was Gutes: Der ganze Druck war plötzlich weg und ich hatte Zeit für andere Dinge. Ich habe mal reflektiert, was die letzten zehn Jahre so war, im Triathlon. tri2b.com: Du hattest in der Szene nie den Ruf, besonders mit deinen Reserven hauszuhalten. Die Grenzen, die für andere galten, schienen bei dir auf wundersame Weise außer Kraft – bis zu diesem Frühjahr. L.L.: Mir ist bei meinem Rückblick schon klargeworden, wie sehr ich die ganze Zeit Gas gegeben habe. Manchmal war das kritisch. Aber athletisch habe ich von den vielen Wettkämpfen die ganzen Jahre gelebt. Ich habe mir damit meine Fitness für die wichtigen Rennen geholt. Ich denke, das werde ich auch wieder tun, sobald ich völlig gesund bin. Das ist mein Stil, ich habe Spaß daran, viele Rennen zu machen. tri2b.com: Nachdem das orthopädische Ärzteteam Dr. Buchhorn und Dr. Ulli Nieper in München die Diagnose gestellt und die Therapie begonnen hat, hast Du dein Rehabilitationstraining zuhause in Darmstadt durchgeführt. Wie weit bist du inzwischen im Trainingsaufbau? L.L.: Ich habe in der letzten Woche 90 Kilometer Laufen trainiert, mit speziellen Einlagen in den Schuhen. Insgesamt habe ich mich wieder auf 32 Wochenstunden gesteigert, also eine ganz normale Trainingswoche. Die Verletzung ist zwar noch nicht ganz ausgestanden, aber ich denke, es ist jetzt Zeit für einen Test. tri2b.com: Den startest du im nordrhein-westfälischen Harsewinkel, in der Nähe von Gütersloh, das ist nicht gerade vor der eigenen Haustür. L.L.: Das Rennen ist in Nordrhein-Westfalen wohl sehr populär und sehr gut organisiert, wie man mir erzählt hat. Dort kann ich sehen, wo ich stehe. Eine Wettkampfbelastung ist ja immer noch etwas ganz anderes als ein scharfes Training. tri2b.com: Dein Programm für die kommenden Wochen sieht aber schon jetzt wieder so aus, wie man es von dir kennt: Nach Harsewinkel der Haardman, dann Erding – und zwei Wochen später Roth. Ist das mit den Ärzten abgestimmt? L.L.: Nein, das entscheide ich selbst. Ich werde aber nichts über’s Knie brechen. Wenn es noch nicht geht, steige ich aus. Ich bin Profi genug, selbst zu entscheiden, wie ich mich belaste. tri2b.com: Auf der Mitteldistanz in Oer-Erkenschwick am 13. Juni triffst du unter anderem auf Timo Bracht, einen der „Jungen Wilden“, einen deiner Herausforderer in Roth. L.L.: Wenn alles gut geht, freue ich mich auf den Start beim Haardman, aber für einen echten Vergleich mit Timo Bracht ist es viel zu früh. Der ist in Topform, ich hinke mit meinem Training noch hinterher. Ich bräuchte etwas mehr Zeit. Deshalb ist auch der Druck für Roth ein bisschen ´raus. tri2b.com: Vielleicht fällt dir deshalb eine Prognose für den 3. Quelle Challenge etwas leichter. Der eben genannte Timo Bracht, Chris McCormack und Faris Al-Sultan haben ihre Rennen im Frühjahr jeweils dominiert. Einige in Deutschland noch unbekannte Athleten wie Oscar Galindez, Garret McFadyen, Michael Lovato wollen in Roth für Überraschungen sorgen. Wer ist der Favorit? L.L.: Ach, das wird doch alles schon wieder so aufgebauscht! Der Wettkampf wird laufen wie immer, die Vorentscheidung fällt ganz früh auf dem Rad. Dann sind von den Genannten nicht mehr viele übrig: Ich glaube, Chris Mc Cormack wird von allen unterschätzt. Faris Al-Sultan sicher nicht, aber der setzt seine guten Chancen mit seinem Start in Schliersee auf’s Spiel. Timo Bracht ist der heißeste Kandidat, er hatte im letzten halben Jahr eine echte Leistungsexplosion.– Aber keiner von ihnen kennt das Rennen so gut wie ich.