Triathlon als Medizin: Schwimmen, radeln und laufen gegen die Depression

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 28.01.2017 um 17:10
Urs Bärtschi ist 49 Jahre alt, 1,89 Meter groß und 110 Kilogramm schwer. Seit dem Jahr 2015 trainiert der Schweizer aus Wallisellen für den Triathlon. Urs geht es dabei aber nicht um irgendwelche Bestzeiten, Quali-Slots und Pokale. Keine zwei Jahre ist es her, da litt der Schweizer noch unter schweren Depressionen, die ihn bereits seit zehn Jahren begleiteten. Der Selbstständige schien an seiner schweren Arbeitslast zu zerbrechen, ein Burnout drohte.

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Im Jahr 2015 begab sich Urs endlich in ärztliche Behandlung. Die Therapie schlug an und ganz nebenbei flammte die Freude an der Bewegung auf, obwohl die Waage mittlerweile sehr schwere 132 Kilo Körpergewicht anzeigte. Es kamen Erinnerungen an die Jugendzeit zurück, als Judo, Handball und auch Tennis zum Bewegungsrepertoire gehörten. Im Schwimmen schaffte Urs damals mit 20 Jahren sogar das Rettungsschwimmer-Abzeichen.

 

Vom Spaziergänger zum Triathleten   

 

Das war lange her und der Neuanfang gestaltete sich schwer. Los ging das Bewegungsprogramm zur Gewichtsreduktion mit Spaziergängen und Aqua-Gym, nebenbei zog Urs aber auch gleich erste langsame Schwimmbahnen. Schnell machte sich der positive Effekt der Bewegung auf Psyche und Gewicht bemerkbar - die Pfunde purzelten und ein ganz anderes Lebensgefühl war plötzlich spürbar. Anfangs war Urs zwei bis dreimal die Woche frühmorgens um 6 Uhr Gast im Walliseller Hallenbad. Sein Ehrgeiz war nun endgültig geweckt und bald gab es von Montag bis Freitag jeden Tag einen zweistündigen Workout im Hallenbad.

Tagtäglich nur Kacheln zählen war aber auch dem Schweizer bald zu eintönig.  Er trat dem örtlichen Triathlon-Club bei, ein Rennrad und Laufschuhe vervollständigten seit dem Herbst 2015 die Sportausrüstung.  Urs blieb auch über den Winter eisern am Training dran und so war es nur die Konsequenz, dass er irgendwann auch an der Startlinie eines Triathlon stehen würde. Im April 2016 sollte es soweit sein. Beim Walliseller Sprint-Triathlon, für Stars wie Andi Böcherer und Co. ein beliebter Saisoneinstieg, war Urs in der Staffel dabei.

Eigentlich sollte 2016 auch noch die Premiere über die Olympische Distanz folgen, doch ein langwieriger Keuchhusten im Sommer machte dem Start in Zürich unmöglich. Urs ließ sich deshalb nicht entmutigen, auch weil er von seiner Familie und vor allem seiner Frau gerade in schwierige Phase viel Unterstützung und Zuspruch erhielt, und schnupperte im August beim Langstrecken-Schwimmen über die Ironman-Schwimmdistanz im Lago Maggiore nochmals Wettkampfluft. Außerdem standen im Herbst noch zwei 10 Kilometerläufe auf dem Programm.

 

Anderen Mut machen - der Weg aus der Depression kann gelingen

 

Den Weg aus der Depression, hin zum leidenschaftlichen Triathleten hat Urs auch auf seiner Facebook-Fanseite "Highfish - Motivaton Triathlon" festgehalten.  Mut machen will er damit und anderen zeigen, wie mit Sport der Weg aus der Depression gelingen kann.  Sein Projekt stellt er zudem ab sofort auch auf einer eigenen Website vor.

Doch auch die eigene Triathlonkarriere soll 2017 neue Kapitel schreiben. Bis Ende November hat Urs  nach einem Trainingsplan von Patrick Niklaus von Performance & Joy gearbeitet. Jeweils 4 bis 5  Trainingseinheiten pro Woche, sprich Schwimmen (2,5 -3, 5 km je Einheit), Radfahren (1 Std. je Einheit) und Laufen (5-10 km je Einheit) und Intervalltraining. Auf dem Plan standen auch Koppeltraining, wie Schwimmen und Laufen oder Schwimmen und Rad.

 

Eine Meniskus-OP bremst den Trainingseifer nur kurz

 

Dann der Rückschlag: Ende November zerfetzte sich Urs den Meniskus, eine Operation kurz vor Weihnachten war unausweichlich. Vor zwei Wochen fand dann das langersehnte Trainingscomeback statt. Fast täglich steht für Urs aktuell im Fitnessstudio ein Zirkeltraining und eine Stunde Indoor-Radfahren auf dem Programm, um die Muskulatur wieder aufzubauen und das Gewicht zu reduzieren. Und um die großen Ziele für 2017 nicht aus den Augen zu verlieren.

 Ein Start vor der Haustüre  in Wallisellen sowieso, außerdem soll es diesmal auch mit der Olympischen Distanz in Zürich klappen. "Auch der Triathlon in Locarno ist ein Thema. Ich freue mich", sagt Urs.  Eine Begleiterscheinung sollte außerdem eine weitere Gewichtsreduktion sein. "So zwölf Kilo könnten schon noch runter."  Wohlwissend, dass jeden Tag auch weiterhin der Kampf mit dem inneren Schweinehund ansteht.