Triathlon-Wintertraining: Skilangläufer, das Multitalent unter den Ausdauersportlern

von Mathias Flunger für tri2b.com | 29.11.2017 um 16:32
"Du hast als Triathlet das richtige Cross-Training gefunden, wenn du von November bis Februar bei Freistil nicht mehr ans Kraulschwimmen denkst;-)." Die Wettkampfsaison und die ruhige Übergangsphase ist zu Ende. Damit beginnt die Planung und auch das Training für die kommende Triathlon-Saison. Wir Athleten neigen dazu gleich wieder in die Vollen zu gehen. Das heißt, das Rad und die Laufschuhe werden wieder fix heraus geholt und es geht rein in die gewohnten Bewegungsmuster der vergangenen Monate. Schnell fühlt sich wieder alles vertraut an. Ehe wir uns versehen, haben wir annähernd die Trainingsbelastung, welcher wir am Ende der Saison für einige Monate entfliehen wollten.

Überbelastung durch einseitiges Training, zu schneller Formaufbau und frühzeitige körperliche, wie auch geistige Ermüdung, aufgrund der immer wiederkehrenden Routine sind nicht unwahrscheinlich. 

Unsere eigene Motivation nächstes Jahr besser zu sein, ist  häufig die Ursache dafür zu früh im Jahr zu viel zu wollen. Die Folge ist oft schon zu Beginn der Sommersaison die Nase von den Triathlon-Wettkampfdisziplinen voll zu haben, erschöpft zu sein und die "alten" Verletzungen nicht vollständig auskuriert zu haben.
Dabei ist es wichtig sich bewusst zu machen, dass Verletzungen, Abnützungen und allgemeine Müdigkeit der Vorsaison ausreichend Zeit zur Erholung benötigen, anstatt mit noch mehr Kampf sich weiterem Stress auszusetzen. 

Alternativ-, oder Cross-Training ist sicher keine neue Erfindung aber es ist wichtig sich an dieses Thema zum richtigen Zeitpunkt zu erinnern. Am Anfang des Trainingsaufbaus kann das richtige Konzept den entscheidenden Fortschritt bringen. 

 

Auswahl des richtigen Cross-Trainings

 

Es gibt ein paar grundlegende Punkte welches Cross Training für deinen Trainingsplan, bzw. Sportart interessant ist.

  1. Welche körperlichen und physischen Fähigkeiten benötige ich für meine Sportart?
  2. Was benötige ich um besser zu werden?
  3. Wo benötige ich viel oder wenig Kraft?
  4. Benötige ich eine gute Grundlagenausdauer oder reicht mir die anaerobe Energiebereitstellung? 

So bald du die für dich wichtigen Schwerpunkte herausgestellt hast, schaust du dir andere Sportarten an, die möglichst viele Gemeinsamkeiten aufweisen. Wir wollen das Training nicht 1 zu 1 kopieren, aber es sollte ähnliche Fähigkeiten ansprechen.

 

Die kleinen Unterschiede sind entscheidend!

 

Die neue Bewegungsform, das Material, das Umfeld, all das bringt unserem Körper und Geist Abwechslung und dadurch andere Reize. Diese helfen uns sich besser zu erholen und neue Kraft für die anstehende Saison zu schöpfen.
Viele sehr erfolgreiche Profi- und Amateurtriathleten nutzen die Übergangs-bzw. erste Vorbereitungsphase, um sich von anderen Sportarten inspirieren zu lassen. 

Versuchen wir Wintersportarten mit dem Anforderungsprofil für Triathleten zu finden kommt uns das Skilanglaufen sehr nahe. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass diese Sportart mir in allen drei Disziplinen eine starke Basis für das spezifische Training im Frühjahr gibt. 

Folgend möchte ich die Vorteile explizit für das Radfahren, übertragen vom  Skilanglauftraining, aufzeigen

 

Gemeinsamkeiten zum Radfahren

 

Beginnen wir mit den Eigenschaften, die einen sehr guten Radfahrer ausmachen. 

Kraft : Ein Radfahrer benötigt Oberschenkelkraft und sollte ein möglichst hohes Kraftniveau über einen längeren Zeitraum aufrecht erhalten können. Um hohe Wattzahlen treten zu können benötigen wir spezifische Kraft,  Ausdauer und relativ wenig Körpergewicht. 

Stabilität: Die Rumpfmuskulatur überträgt deine Power auf die Beine und das Pedal. Gibt es eine "undichte" Stelle, es ist bspw. die Hüftmuskulatur unzureichend ausgeprägt, so ist die Kraftübertragung aus dem Rumpf über die Beine zu den Pedalen nicht so effizient, wie es sein könnte/sollte. Ein starker Rumpf, Hüftbeuger und die Gesäßmuskulatur helfen bei der Kraftübertragung ungemein. 

Psyche: Lange und oft einsame Ausfahrten bei Wind und Wetter erfordern die Fähigkeit sich mit sich selbst beschäftigen zu können und die Situation so anzunehmen, wie sie im Moment ist.

=> Die Schnittmenge zwischen Skilangläufer und Triathlet/Radfahrer ist groß.

Beide benötigen eine starke Bein-, Hüft- und Rumpfmuskulatur, starke Kraftwerte - relativ zum Körpergewicht und die mentale Fähigkeit mit wechselnden Witterung-, Straßen-, Schnee- und Loipenbedingungen umgehen zu können.

Skilanglauf erfordert außerdem Oberkörperkraft, welche wir Triathleten beim Schwimmen ebenso benötigen.

 

Gewichtige Unterschiede zum Radfahren.

 

Nach einer einfachen Analyse sehen wir, dass es viele Gemeinsamkeiten gibt. Jedoch machen einige Details den feinen Unterschied und lassen uns Triathleten deutlich vom Skilanglaufen profitieren.

Ein einfaches aber sehr wichtiges Argument ist etwas zu tun, was anders ist. Die Ausrichtung für das große Ziel im Sommer ist bereits bekannt, aber der Weg dorthin noch lange. Daher wollen wir durch unspezifisches Training bereits beste Voraussetzungen für spezifische Einheiten legen. Hier schlägt das Skilanglauftraining in die richtige Kerbe. Anstatt sich nur auf der Rolle Indoor zu Vergnügen, geht raus an die frische Luft und in den Schnee.

Gänzlich auf das Radfahren muss nicht verzichtet werden. Das Skilanglauftraining kann sehr gut ergänzt werden. Z.B. schließen wir Skilanglauftrainings (Dauer bis ca. 5 Std.) kurzen Einheiten auf der Rolle an. So wird ein unspezifischer Reiz mit dem spezifischen gekoppelt.

Ein weiterer Pluspunkt ist, dass Skilanglauf dieselben Muskelgruppen wie beim Radfahren anspricht (Glutaeus, Oberschenkel Vorder- und Rückseite, Waden, Rücken - und Bauchmuskulatur etc.), jedoch in anderer Weise. Dadurch werden Ausdauer und Kraft in diesen Arealen verbessert. Durch die veränderte Arbeitsweise der Muskulatur wird eine Kräftigung in vernachlässigten Zonen begünstigt, was wiederum Überlastungen vermeiden und Regenerationsprozesse beschleunigen kann. Die differente Arbeitsweise der selben Muskelgruppen kann die durch die vergangene Wettkampfsaison verloren gegangene Kraft zurück bringen.
Dies gilt insbesondere für die Rumpf und Hüftmuskulatur, welche entscheidend für die Verletzungsprophylaxe ist. 

Sofern du dir während der Saison eine Verletzung/Überlastung eingefangen hast, spreche mit deinem Physiotherapeuten oder Arzt das Skilanglauftraining in deinen Reha-Plan aufzunehmen. Das kann ein sehr guter Ansatz für einen sanften Übergang in das Lauftraining sein. Die Bewegung auf Skiern bringt weniger bis gar keine Stoßbelastung auf Knie und Hüften und durch die Stockbewegung wird die Beweglichkeit und Kraft im Schultergürtel gesteigert. 

 

Weniger Mathematik, mehr Körpergefühl

 

"Weg von Wattwerten hin zur Herzfrequenz und einem besseren Körpergefühl". Das ist ein großer Unterschied zum klassischen Radtraining. Der Langläufer kann seine Kraftwerte nicht exakt messen. Er ist mit andauernd mit ändernden Schneebedingungen und unterschiedlichen Techniken konfrontiert und auf seine Herzfrequenz/Laktatschwelle als Ratgeber für die richtige Intensität angewiesen. Der Schritt zurück, mit weniger technischen Hilfsmittel, das Training zu gestalten, fördert die Fähigkeit der Körperwahrnehmung.

So bald du die komplexe Technik des Skilanglaufs, das Zusammenspiel von Arm- und Beinbewegung gelernt hast, wirst du feststellen, dass du die Herzfrequenz besser kontrollieren kannst. Ist die Technik erlernt, kann ein großartiges Grundlagenausdauertraining auf Skiern durchgeführt werden. Du erfährst Gleitphasen die dir Entspannung geben, vergleichbar mit der Gleitphase im Wasser.

 

Race-Action ohne Leistungs- und Zeitdruck

 

Zu guter Letzt gibt dir der Skilanglaufsport die Möglichkeit ohne Druck wieder in den Rennmodus zurück zu kommen, obwohl die Triathlon-Saison noch weit entfernt ist. Eine super Möglichkeit bieten hierbei die Volksskiläufe, wo Athleten aller Alters- und Leistungsklassen teilnehmen können. Am besten du knüpfst Anschluss im örtlichen Ski-Club oder bei Skilanglauf-Teams.  Man lernt neue Leute kennen, die die Leidenschaft für Sport teilen und bei Technik- und Materialfragen aushelfen. 

 

Egal welche Argumente dich überzeugen, ich ermutige jeden die Sportart Skilanglauf dieses Jahr auszuprobieren. Deine nächste Saison wird damit besser. 


Du bist erfahrener Skilangläufer oder Einsteiger und neugierig auf diese Sportart? Wir unterstützen dich gerne und bringen dich auf das nächste Level. 

Schreibe uns eine e-mail: info@ausdauernetzwerk.de