Sebastian Kienle: Ich hab das Ziel, der Beste zu sein

M. Rauschendorfer für tri2b.com | 13.05.2011 um 16:45
Der Saisoneinstand ist Sebastian Kienle gelungen. Im April siegte er beim Ironman 70.3 New Orleans, im Mai beim prestigeträchtigen Rennen in Buschhütten. Im Siegerland feierte er inzwischen seinen vierten Sieg in Folge. Im Interview mit tri2b.com blickt er schon auf die nächsten Rennen. Nach Heilbronn warten die Herausforderungen bei den Challenge-Rennen im Kraichgau und in Roth – und die Raelert-Brüder.

tri2b.com: Du startest in diesem Jahr wieder in Roth. Spürst Du diesmal mehr Druck, zumal Du nun auch kein Rookie auf der Langdistanz bist? 
Sebastian Kienle (S.K.): Das ist jetzt die Frage, wie man Druck definiert. Eine Erwartungshaltung ist mit Sicherheit da, aber die war auch schon im letzten Jahr da. Druck würde ich nicht sagen, Druck ist für mich ein negatives Wort – außer ich hab’s im Oberschenkel beim Radfahren. Deswegen würde ich sagen, es ist eine Erwartungshaltung da. Aber die habe ich mir auch selber aufgebaut mit der Leistung im letzten Jahr. Deshalb ist es eigentlich eher was Positives und ich gefalle mir ganz gut mit der Erwartungshaltung. 

tri2b.com: Es wird ja viel von einem Duell mit Andreas Raelert gesprochen. Gefällt Dir das, auch im Bezug auf andere große Triathlon-Duelle, die es früher schon gab? 
S.K.: Wenn es denn zu einem Duell kommt, dass sich zwei Leute um den Sieg streiten! Dazu gehört eben die Leistung von zwei Leuten. Wenn ich jetzt dafür sorgen könnte, dass es wirklich zu einem Duell kommt, also, wenn ich die Pace vom Andi mitgehen könnte, das würde mir schon unheimlich gut gefallen. Es wird natürlich von den Medien probiert, das als Duell aufzubauen. Wobei man die Leute, die sonst noch dabei sind, nicht unbedingt vergessen darf. Beispielsweise den James Cunnama; der hat eine unheimlich gute Entwicklung in den zwei Jahren gehabt und hat schon ein Ironman-Rennen gewonnen. So jemand darf man nie vergessen. Deswegen würde ich schon sagen, es wäre äußerst positiv für mich, wenn es zu der Duell-Situation kommt, weil ich dann schon mal eins meiner größten Ziele in dem Rennen erreicht hätte. Aber ich denke, man soll die anderen da nicht hinten runter fallen lassen. Ich werde es zumindest nicht tun. 

tri2b.com:Man spricht ja inzwischen von Weltbestzeit. Du auch? 
S.K.: Ich hab das Wort ja auch schon in den Mund genommen. Ich bin der Meinung, man muss bei top Bedingungen in die Nähe der Weltbestzeit kommen oder die sogar brechen, wenn man das Rennen gewinnen will. Dafür sorgt der Andi mit seiner Leistung, und damit ist nicht gemeint, dass ich diese Leistung auch bringen kann. Ich würde das Rennen aber gerne gewinnen und muss da wohl relativ nahe hin an die Zeit. Im letzten Jahr hab ich das auch nicht im Kopf gehabt, dass ich das vielleicht unter acht Stunden schaffen kann beim ersten Mal. Das war vielleicht auch ein bisschen das Problem in dem Rennen, dass ich zufrieden war mit der Situation – mit dem zweiten Platz und der Chance, das noch unter acht Stunden zu machen. Und vielleicht haben da zum ersten Mal meine Ziele meiner sportlichen Leistung hinterher gehinkt. Die Ziele sollten höher sein, als das, was man im Rennen tatsächlich leisten kann. Das sorgt natürlich auch dafür, dass man unter Umständen enttäuscht sein kann. Aber anders geht’s in dem Hochleistungsbereich nicht, da muss man sich aggressiv hohe Ziele setzen. Und die habe ich mit Sicherheit. Aber ich werde ganz sicher nicht sagen, dass ich in dem Rennen die Weltbestzeit breche. Das wäre sicher schön, auch für die Medien. Für mich ist aber wichtig, das Rennen zu gewinnen. Die Bedingungen können auch dafür sorgen, dass man das Rennen mit 8:05 oder 8:10 Stunden gewinnt und eben nicht mit der Weltbestzeit, und dann war das aber trotzdem eine Weltklasseleistung. Ich will für ein spannendes Rennen sorgen, und dafür, dass mich der Andi zumindest einmal sieht in diesem Rennen. 

tri2b.com: Was wären denn ideale Bedingungen für eine Weltbestzeit? 
S.K.: Ich komme eigentlich mit allen Bedingungen zurecht. Für eine möglichst schnelle Zeit sollten es aber angenehme Temperaturen sein, nicht zu heiß, im tiefen 20-Grad-Bereich. Das ist für den Körper das Beste, um auch die beste Leistung abzuliefern. Wenn es aber Hunde und Katzen regnet und die Weltbestzeit in weite Ferne rückt, ist mir das auch schnurz. Das Ergebnis verliert für mich nicht an Bedeutung, wenn die Zeit langsamer wird. Ich hab nichts gegen extrem schlechte Bedingungen, weil ich weiß, dass ich da relativ gut bin. Der Andi hätte damit wahrscheinlich eher zu kämpfen… Ich hab das Ziel, der Beste zu sein, da muss ich bei jeden Bedingungen gut sein. 

Das werden wir denen nach und nach beibringen… 

tri2b.com: Wie hat sich die mediale Aufmerksamkeit seit Deinem Langdistanzdebüt verändert? 
S.K.: Es ist schon so, dass ich eine gute Aufmerksamkeit habe. Ich glaube, da stehe ich schon relativ weit oben, obwohl ich erst eine Langdistanz gemacht habe. Die habe ich noch nicht mal gewonnen, habe aber ein sehr gutes Standing. Das ist schon positiv für mich. International hat es aber noch nicht so viel Aufmerksamkeit gefunden. Das ist mit Sicherheit auch dem Grund geschuldet, dass es kein WTC-Rennen war und in den USA zum Beispiel nicht so drüber berichtet wurde. So waren wohl auch einige Amerikaner erstaunt, wer ich denn bin. Das werden wir denen jetzt nach und nach beibringen (lacht)

tri2b.com: Das Rennen, das die größte Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist das auf Hawaii. Wann wirst Du das erste Mal dort starten? 
S.K.: Geplant ist das fest für 2012. Ich will in diesem Jahr bei der 70.3-WM in Las Vegas starten, das ist auch mein wichtigstes Rennen für diese Saison neben Roth. Dann werde ich probieren, noch eine zweite Langdistanz zu machen, Florida oder Arizona. Darauf wird es wohl hinauslaufen, mit dem Ziel, 2012 ohne weitere Langdistanz Hawaii zu machen. 

tri2b.com: Also um ausreichend Punkte zu sammeln, ohne weitere Langdistanz… 
S.K.: …das wäre natürlich perfekt und das ist der Plan, ja. Man muss aber sehen, ob das von den Punkten dann langt. Las Vegas bringt zum Beispiel viele Punkte für ein 70.3-Rennen, und dafür müsste ich auch ein sehr gutes Ergebnis in Florida oder Arizone abliefern. Was sicher auch nicht einfach wird, weil die Saison dann schon relativ lang ist. Deswegen will ich mich auch nicht zu arg darauf versteifen. Wenn ich noch ein Jahr warten muss, dann warte ich eben noch. Wenn man sich mal die Top Ten anschaut und das Durchschnittsalter, das dürfte so bei 34 Jahren liegen; da hab fast noch zehn Jahre. Ich werde deshalb nichts übers Knie brechen. Es hat am Ende derjenige Erfolg, der geduldig ist mit sich selbst. Das gilt für das Rennen selber als auch für die Vorbereitung daraufhin. Das war bis jetzt nicht immer meine Stärke, aber die will ich in dieser Hinsicht ausbauen. 

Hoffentlich gegen die Raelerts 

tri2b.com: Die 70.3-Rennen hast Du erstmal beendet, wie geht’s jetzt weiter? 
S.K.: Nach Buschhütten werde ich für das Tri Team Heuchelberg ein Landesliga-Rennen machen, dann werde ich in Heilbronn starten gegen Michael Raelert. Eine Woche später bei der Challenge Kraichgau gegen seinen Bruder Andreas. Und dann natürlich dieChallenge Roth wieder gegen Andi Raelert, danach Wiesbaden und noch die 70.3-WM – beide Rennen hoffentlich auch gegen Michael Raelert. Das sind die groben Eckpfeiler. 

tri2b.com: Wie ist denn das Verhältnis zu den Beiden? 
S.K.: Sehr gut, würde ich sagen. Das müsste man natürlich auch die Beiden fragen, aber von meiner Seite aus ist das Verhältnis sehr sehr gut. Für mich gibt’s fast nichts besseres, als im Rennen gegen die Zwei anzutreten, weil sie im Moment ganz klar die Weltspitze markieren: Wo die sind, ist vorne! Deswegen ist es einfach das Beste, was einem passieren kann. Wir sind zum Beispiel im Trainingslager zusammen gelaufen oder Rad gefahren und ich würde schon sagen, dass das Freunde von mir sind. Der Andi feuert mich zum Beispiel in Wiesbaden wirklich ehrlich an, wo ich grad dabei bin, den Rückstand zu seinem Bruder aufzuholen. Das ist das, was mir auch Spaß macht in dem Sport.