Ironman Lanzarote Agegrouper-Story: Nach Aufholjagd gibt´s einen Kona-Slot als Geburtstagsgeschenk

von Petra Paule für tri2b.com | 05.06.2019 um 22:21
Im Jahr 2017 war Petra Paule, Athletin des tri2b.com A|N Triathlonteam, erstmals beim Ironman Hawaii am Start und hatte sich mit dem erfolgreichen Finish am Alii Drive einen lange ersehnten Traum erfüllt. Ihre Story ... . Allerdings war auch gleich das Gefühl "Lust auf mehr" zu spüren. Das Sprichwort "nach Hawaii ist vor Hawaii" sollte mein Leitsatz werden, wobei die Planungen erst einmal ein "Longdistance-Sabbatjahr vorsahen. 2018 waren kürzere Distanzen angesagt und gleichzeitig wurden die Planungen während des Sommers konkretisiert. Meine neunte Langdistanz, und der Versuch mich eine zweites Mal für Kona zu qualifizieren, sollte auf Lanzarote stattfinden. Der wohl weltweit härteste Ironman stand schon seit geraumer Zeit auf meiner "To-do-Liste", mit dem tollen Zufall, dass der Club La Santa Ironman Lanzarote 2019 genau auf meinen Geburtstag fiel. Noch ein Grund mehr endlich beim ältesten existierenden IM-Rennen Europas an den Start zu gehen.

Nachdem ich im Herbst 2018 einen wirklich guten Start in die Trainingsvorbereitung hinlegte, mit einer starken Laufform und Overall-Siegen bei diversen regionalen Rennen, folgte kurz vor Weihnachten auch die endgültige Anmeldung für Lanzarote. Statt eines zusätzlichen Motivationsschubs ging es von nun an leider erst einmal im Rückwärtsgang weiter. Mein so toll erdachtes Triathlonjahr 2019 startete mit einer Keuchhustenerkrankung. Mit der Aussicht auf an die zwei Monate Trainingspause kam ich nach der niederschmetternden Diagnose vom Arzt zurück. Gleichbedeutend mit: Kein Trainingslager im März und kein Ironman Lanzarote im Mai. Entsprechend war mir zum Heulen zumute und es wurden schon mal die Reiserücktritts- und Stornierungsbedingungen studiert.

 

Der erste Eindruck: Windiger Empfang in Arrecife

 

Aber glücklicherweise kam es doch noch anders. Die Therapie schlug extrem gut an und ich kam deutlich schneller wieder auf die Beine. Trotzdem fehlte mir jetzt der ganze Januar als Trainingsmonat und auf ziemlich wackligen Füßen ging es ab Mitte Februar endlich in die ersten ernsthaften Trainings des Jahres 2019. Ein Monat Zeit blieb jetzt noch, um die Substanz für eine ansprechende Lanzarote Trainingscamp-Form aufzubauen.  Es war eine echte Punktlandung und ich konnte bei meinem ersten Aufenthalt auf Lanzarote zwei Wochen lang im Camp von Daniel Kezeles "Triathlonschule" wirklich perfekt trainieren. Und auch die Besonderheiten der Nördlichsten Kanareninsel gleich mehrmals am eigenen Leib erfahren. So musste der Flieger beim Anflug auf Arrecife wegen des starken Windes ein zweites Mal zum Landeanflug ansetzen. Sehr beruhigend. Auf dem Weg zum Hotel erzählte mir der Taxifahrer, dass es hier auf der Insel entweder schön sonnig mit viel Wind ist, oder es regnet und der Wind flacht ab. Die Chance dass es regnet ist bei 60 Liter gesamt Niederschlagsmenge im Jahr sehr gering, aber mir ist die Sonne ja eh lieber. Aber der Wind ...

Beim Training dann der Aha-Effekt. GA1-Training wird überbewertet. Der Wind und die eigentlich immer zu überwindenden Höhenmeter sorgten für einige Highscores hinsichtlich der Trainingsintensität auf der Puls-GPS-Uhr. Aber es ging alles gut, ich tolerierte die Belastung und blieb auch anschließend daheim gesund.

 

Bike-Upgrade: Jetzt unterwegs mit Yvonne van Vlerkens MR.T2

 

Das ehemalige Bike von Yvonne van Vlerken als Material-Joker für Petra Paule - © Ingo Kutsche

Im Anschluss folgte dann noch ein ordentliches Material-Upgrade. Seit Ostern bin ich mit Yvonne van Vlerkens altem Simplon MR.T2 unterwegs. Neben dem tollen Bike gab´s von Yvonne zudem sehr viele brauchbare Tipps die ich perfekt umsetzten konnte! Das finale Training im heimischen Allgäu war dann leider geprägt vom "Pudelmützen-Regenschirmwetter".  Der einzige Testwettkampf fand bei der Bayerischen Duathlonmeisterschaft in Krailling statt. Rang zwei hinter der Duathlonspezialistin Katrin Esefeld zeigte mir, die Form stimmt und entschädigte für die Frostbeulen bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt.  

 

Harte Probe: Stillsitzen im Club La Santa

 

Dann ging es endlich nach Lanzarote. Durch den Aufenthalt im März wusste ich schon ungefähr was mich erwartet. Diesmal ging es aber direkt in den Club La Santa, der bis auf das Rennen selbst, logistischer Dreh- und Angelpunkt des Ironman Lanzarote ist. Die letzten kurzen Einheiten vor Ort waren nur noch als Bewegungstherapie und zum Spannung halten da. Eigentlich schade, dass ich nicht mehr trainieren durfte. Die Anlage lädt förmlich zu jeglicher Art von Workout ein. In den insgesamt drei olympischen 50 m-Pools ist eigentlich immer eine Bahn frei oder man kann prima in der Lagune Freiwasser schwimmen. Rennräder und MTBs können  ausgeliehen werden und Service gibt´s im Bike-Center von einem kompetenten Schrauber-Team.  Laufintervalle und Lauftechnik-Workouts können auf der blauen Tartanbahn im Leichtathletik-Stadion absolviert werden und in den Fitnessräumen gibt´s Kurse von A-Z.

Letzte Workouts im Club La Santa zum finalen Spannungsaufbau - © Ingo Kutsche

Dann war er endlich da. Mein Geburtstag und der Raceday. Vielleicht ein gute Omen, der Mitfavorit und spätere Sieger im Männerrennen, Frederik Van Lierde war auch Raceday-Geburtstagskind. Das war aber anfangs die einzige Gemeinsamkeit mit dem Belgier, der 2013 den Ironman Hawaii gewann. Während Freddy vorne in der Poolposition auf den Startschuss wartete, stellte ich mich relativ weit hinten an. Schwimmen ist ja nicht unbedingt meine Stärke und ich hatte wirklich riesen Respekt davor beim Massenstart nicht überschwommen zu werden.

Petra Paules Schwimmtaktik: Den Durchblick bewahren beim Massenstart - © Ingo Kutsche

 

Das Startprozedere hat dann auch sehr gut geklappt. Das Atlantik war zwar ziemlich unruhig, wobei ich mit den Wellen nicht wirklich Probleme hatte! Die Wassertemperatur war das Problem. Trotz des Neos wurde mit bei den ca. 18 Grad Wassertemperatur richtig kalt und ich konnte deshalb nicht wie  geplant die zweite Runde etwas schneller schwimmen. Mit einer Zeit von 1:25 h ging es in die Wechselzone am Sandstrand von Puerto del Carmen.  Dort hatte ich größere Probleme den feinen Sand von meinen Füßen los zu werden, ohne den halben Strand spazieren fahren zu müssen. Die erste halbe Stunde auf dem Rad war mir trotz des Anstiegs hinauf nach La Geria noch richtig kalt. Zumindest der Wind hatte hier auch sein Vorteile. Mein Bioracer-Trisuit war superschnell trocken gefönt und als ich dann endlich auch selbst wieder auf Betriebstemperatur war, konnte ich Gas geben und die Aufholjagd sollte beginnen.

Ich war sehr froh, dass ich die Strecke schon kannte und mit meinem neuen Rad hab ich die insgesamt 2.500 Höhenmeter richtig gut weggesteckt! Bei den Abfahrten musste man echt aufpassen, denn der Passatwind sollte bei der 28. Auflage des Ironman Lanzarote besonders stramm über die karge Vulkaninsel blasen. Um etwas mehr Kampfgewicht in den dem Wind besonders ausgesetzten Abfahrten vom Mirador del Haria und Mirador del Rio zum haben, bestückte ich mich immer ganz bewusst davor an den Aidstations mit vollen Wasserflaschen. Auf dem Rückweg von der Nordspitze der Insel hatte man den Wind dann endlich auch mal im Rücken und ich konnte durch die gute Renneinteilung hier den Speed richtig gut mitnehmen. Nach 6:42 h auf dem Rad war ich wieder in Puerto del Carmen in der Wechselzone und freute mich richtig aufs Laufen! Von Rang elf nach dem Schwimmen hatte ich mich in meiner Altersklasse, der Agegroup 40-44, schon bis auf Rang vier nach vorne gekämpft. Nach Hawaii wird am Ende allerdings nur eine Athletin dürfen und die Leaderin in meiner Agegroup lag zu diesem Zeitpunkt knapp eine halbe Stunde voraus.

 

Persönliche Marathonbestzeit auf der Avenidas de las Playas

 

Diese Info hatte ich zu diesem Zeitpunkt nicht, aber das gute Gefühl, dass es auch in den Laufschuhen weiter nach vorne geht. Der Start in den Marathon auf der Avenidas de las Playas klappte schon mal und die langen 10 Kilometer hinaus zum ersten Wendepunkt in Playa Honda gingen trotz Gegenwind ordentlich von der Sohle. Zurück war dann Rückenwind angesagt und mit einer guten 5er Pace war ich schon auf  Rang drei nach vorne gelaufen. Nach 22 km kam dann vom Streckenrand die Motivationsmeldung schlecht hin. Daniel Kezele rief mir zu, dass die zweite Frau nur noch fünf Minuten vor mir liegt. Mit diesem Push ging es dann über die letzten beiden kurzen Wendepunktschleifen ohne wirklichen Einbruch und gut fünf Kilometer vor dem Ziel war dann auch die bis dahin Zweitplatzierte eingeholt und überholt.  3:38 h Marathonzeit bedeuteten zudem persönliche Laufbestzeit bei einem Ironman. Mit einer  Gesamtzeit von 11:56 h kam ich als Agegroup-Zweite überglücklich ins Ziel!

 Im Marathon lief Petra Paule zur persönlichen IM-Bestzeit - © Ingo Kutsche

 

Der zweite Kona-Start als Geburtstagsgeschenk

 

Das schönste nachträgliche Geburtstagsgeschenk sollte dann am nächsten Tag im Club La Santa bei der Kona Slotvergabe folgen. Die erstplatzierte Niederländerin nahm ihr Anrecht nicht wahr und so war ich nach einmal Kreditkarte durchziehen für die Ironman WM 2019 am 12. Oktober in Kailua-Kona/Hawaii qualifiziert. Nach der mehr als holprigen Vorgeschichte im Winter war die Quali das absolute Sahnehäubchen. Bei der Siegerehrung haben wir dann erfahren, dass die Bedingungen bei der 28. Auflage des Ironman Lanzarote wohl die mit härtesten in der Geschichte des Triathlon-Klassikers waren. Dies kann ich nur bestätigen und jetzt weiß ich auch was hinter dem Spruch steckt: „Man ist erst ein richtiger Ironman, wenn man Lanzarote gefinished hat.“

Der 29. Club La Santa Ironman Lanzarote findet am 23. Mai 2020 statt. In den Altersklassen werden dann wieder 40 Startplätze für den Ironman Hawaii vergeben.