Andreas Böcherer: "Je länger und härter die Wettkämpfe, desto besser"

tri2b.com - Redaktion für tri2b.com | 10.08.2005 um 20:31
Andreas Böcherer ist als amtierender XTERRA-Meister der momentan beste Cross-Triathlet Deutschlands. Mit erst 22 Jahren hat er aber auch auf den klassischen Strecken bereits auf sich aufmerksam gemacht - besonders durch seine offensive Renntaktik. Wo Andreas Böcherer startet, steigt er meist als Erster vom Rad. Diese bittere Erfahrung mussten schon die Weltmeister Chris McCormack und Olivier Marceau oder auch Timo Bracht machen.

Der 22 Jahre alte Mathematikstudent startet für das EJOT Team Buschhütten, lebt aber in Freiburg im Breisgau. Vor vier Jahren hat er hier erste Triathlonluft geschnuppert, damals noch notgedrungen als Brustschwimmer. Seitdem ging es steil bergauf: Heute steigt er, wie dieses Jahr in Buschhütten, mit Jan Sibbersen aus dem Wasser - seines Zeichens Weltrekordhalter auf der IRONMAN-Schwimmstrecke. 

Nach einem bereits starken Frühjahr mit Platz fünf in Buschhütten drehte Andreas Böcherer im Juli richtig auf: Einem zweiten Platz bei der XTERRA European Tour folgte ein überlegener Start-Ziel Sieg mit neun Minuten Vorsprung auf den australischen Triathlon-Profi Nick Marland bei der Mitteldistanz im französischen Belfort. Eine Woche später dann vorerst der Höhepunkt der Saison: In einem Trainingsrennen verbesserte er beim internationalen Schluchsee-Triathlon den Streckenrekord von Normann Stadler um 24 Sekunden und ist Nachfolger in der Siegerliste von Namen wie Leder, Hellriegel und Liebetrau. 

tri2b.com: Gratulation Andreas, zu deinem neuen Streckenrekord am Schluchsee. Was bedeutet diese Bestzeit für dich? 
Andreas Böcherer (A.B.): Der Rekord bedeutet mir nicht so viel, aber die Zeit zeigt mir, dass ich mich jedes Jahr kontinuierlich gesteigert habe. Vor drei Jahren habe ich dort meine erste Olympische Distanz gemacht. Ein Jahr später bin ich beim Laufen hoch gegangen und letztes Jahr ging auf dem Rad nichts. Dieses Mal hat einfach alles gepasst. 

tri2b.com: Hast du während des Rennens geahnt, dass du richtig Druck hast? Immerhin bist du im Schwarzwaldcup in einer separaten Gruppe von den Cracks der 1. BaWü-Liga gestartet und hast ein einsames Rennen gemacht. 
A.B.: Ja, ich hatte mich optimal von der Mitteldistanz erholt und fühlte mich vor dem Rennen schon sehr gut. Beim Rennen habe ich dann alles gegeben, da ich meine eigene Zeit verbessern und meine Form überprüfen wollte. 

tri2b.com: Momentan liegt deine Leidenschaft beim Cross Triathlon. Wirst du dich weiter auf den XTERRA konzentrieren oder hast du andere langfristigen Ziele? 
A.B.: Nächste Saison möchte ich nochmal in der Xterra-European-Serie angreifen und bei ein oder zwei großen deutschen Mitteldistanzrennen starten. In zwei, drei Jahren werde ich meinen ersten IRONMAN machen und die Crosstriathlons weiterhin als Trainingsrennen nutzen, da sie mir einfach riesigen Spaß machen. 

tri2b.com: Seit Anfang des Jahres trägst du das Trikot des EJOT Team Buschhütten. Wieso hast du dann mit der MTG Mannheim das beste Langdistanzteam der Welt verlassen? 
A.B.: Leider hat sich das Team um Winni Traub aus verständlichen Gründen dazu entschlossen, sich aus der Bundesliga zurückzuziehen. Außerdem war ich dort eher ein kleines Licht im Schatten der großen Stars. In Buschhütten habe ich die Möglichkeit, richtig was zu bewegen und das Team wieder in die 1. Deutsche Triathlonliga zu führen. 

tri2b.com: Ein gewisses Erbe bringst du dennoch aus der Quadratestadt mit. Denkst du, du kannst es Stadler, Taubert und Bracht nachmachen und bald auch auf Hawaii im Kreis der Grossen mitspielen? 
A.B.: Auf Hawaii sind vollmundige Prognosen immer schwierig, siehe Chris McCormack. Dort gelten eigene Gesetze und das extreme Klima liegt nicht jedem. Ich hoffe natürlich, dass ich damit zurecht kommen werde. Je länger und härter (z.B. beim XTERRA) die Wettkämpfe sind, desto besser bin ich. Das stimmt mich optimistisch. 

tri2b.com: Was fehlt dir noch? Deine Schwimm- und Radstärke hat sich schnell herumgesprochen, dafür giltst du als laufschwach... 
A.B.: Daran habe ich vor allem im Winter hart gearbeitet ohne die anderen beiden Disziplinen zu vernachlässigen. Zusammen mit Trainerlegende Rolf Luxemburger, der schon einen Geher zum Olympiasieger gemacht hat, habe ich meine Zeit über zehn Kilometer um etwa zwei Minuten auf 32:30 verbessert. Da kann man eigentlich nicht mehr von Schwäche sprechen, ich werde aber weiterhin alles daran setzen, mich weiter zu steigern, um mehr taktische Möglichkeiten zu haben. 

tri2b.com: Neben deinem Laufcoach wirst du außerdem noch von Dr. Lothar Heinrich, Teamarzt des T-Mobile Teams betreut. Wie bist du an diesen Kontakt gekommen ? 
A.B.: Nachdem ich das erste Mal in der Uniklinik in Freiburg eine komplexe Leistungsdiagnostik auf dem Rad gefahren bin, waren danach meine guten Werte Thema in der Sportmedizin. Die haben auch Dr. Heinrich so beeindruckt, dass er mich daraufhin betreuen wollte. Seitdem konnte ich viel von seinen Erfahrungen aus dem Profi-Radsport profitieren. 

tri2b.com: Außerdem arbeitest du mit Philipp Gut von finisherconcepts an deiner Wettkampfplanung und Vermarktung. Für einen jungen Athleten von 22 Jahren bist du also bereits sehr zielstrebig. 
A.B.: Klar, ich trainiere hart, dann möchte ich auch maximalen Erfolg haben. Sei es im sportlichen Bereich oder im Hinblick auf Sponsoren. Jeder ambitionierte Sportler träumt davon, einmal Profi zu werden. Die letzten Ergebnisse haben gezeigt, dass ich mir diesen Traum erfüllen kann. Das motiviert unheimlich. 

tri2b.com: Das Umfeld stimmt also, die Motivation auch. Wie geht es weiter dieses Jahr? Wirst du versuchen deinen XTERRA Titel zu verteidigen? 
A.B.: Zunächst werde ich in Malterdingen beim Internationalen Breisgau Triathlon versuchen, Faris Al- Sultan ein hartes Training für seinen Hawaiisieg im Oktober zu bereiten. (schmunzelt dabei) 
Eine Woche später möchte ich das EJOT Team TV Buschhütten in Viernheim unbedingt zum Aufstieg führen. Danach werde ich mich zwei Wochen lang intensiv auf den XTERRA Germany vorbereiten. Dafür werde ich wahrscheinlich am Wochenende vorher noch ein Cross Country-Rennen auf dem Mountainbike fahren und im Downhillpark in Todtnau an meinen Abfahrtskünsten feilen. Wenn nichts schlimmeres dazwischen kommt, bin ich optimistisch, dass die Titelverteidigung gelingt und ich auch bei der internationalen Konkurrenz ein Wörtchen mitreden kann. 

tri2b.com: Andreas, vielen Dank für das informative Gespräch und viel Erfolg weiterhin!