Faris Al-Sultan im Interview: "Ich möchte endgültig in die Weltspitze"

H. Eggebrecht für tri2b.com | 03.06.2004 um 20:53
Der Münchner Faris Al-Sultan gehört seit seinem überraschenden siebten Platz beim IRONMAN Hawaii 2003 endgültig zur erweiterten Weltspitze im Langtriathlon. In Roth will der 26-Jährige in diesem Jahr mit um den Sieg kämpfen. tri2b.com hat Faris Al-Sultan nach seinem Auftritt beim Bundesliga Auftakt im heimischen Münchner Olympiapark gesprochen.

tri2b.com: Faris, du startest in diesem Jahr zum dritten Mal in Roth. Diesmal zählst du allerdings zum Kreis der Topfavoriten und stehst dementsprechend mehr im Mittelpunkt des Medieninteresses. Wie gehst du damit um? 
Faris Al-Sultan (F.A-S.): Klar ist das eine andere Situation. Im Jahr 2000 bin ich in Roth ausgestiegen, 2001 bin ich zwar ganz vorne aus dem Wasser gekommen. Auf dem Rad lief aber dann nicht viel zusammen, so dass ich am Ende auf Rang 16 gelandet bin. In diesem Jahr kann ich auf eine körperliche Verfassung bauen, mit der man Roth gewinnen kann. Aber diese Konstitution haben auch 20 andere Athleten. Letztendlich wird die Tagesform und der Kopf über Sieg und Niederlage entscheiden. Druck verspüre ich allerdings keinen. 

tri2b.com: In erster Linie werden natürlich die Namen Lothar Leder und Chris McCormack genannt, wenn es um den Roth Sieger 2004 geht. Wobei Lothar Leder nach seiner Fußverletzung immer noch nicht wieder im Vollbesitz seiner Kräfte scheint. Eigentlich die Chance für die sogenannten „jungen Wilden“ Timo Bracht und Faris Al-Sultan, im Frankenland für die Schlagzeilen zu sorgen. 
F.A-S.: Ja klar, trotzdem ist es schade, dass Lothar immer noch an seiner Verletzung laboriert. Doch wenn er in den nächsten zwei bis drei Wochen auch noch im Laufen in Schwung kommt, dann glaube ich persönlich, dass er auch in diesem Jahr um den Sieg mitkämpfen wird. Mir ist es mehr wert, hinter einem fitten Lothar Leder Zweiter zu werden, als in einem Rennen ohne Leder zu gewinnen. 

tri2b.com: Sportlich bist du mittlerweile in der Lage, mit den ganz Großen mitzuhalten. Rang sieben auf Hawaii, mit einer medienwirksamen Soloflucht und der Sieg in St. Croix beim Karibik-Klassiker stehen neu auf deiner Visitenkarte. Kannst du diese Erfolge auch bei den Sponsoren vermarkten? 
F.A-S.: Das ist nicht so einfach. Ich bin jetzt in die Klasse der weltbesten Langtriathleten aufgerückt. Die absolute Weltspitze ist aber noch etwas entfernt. Dort wird dann richtig Geld verdient. In meinem Bereich kann man davon leben, wenn man im Jahr dreimal auf das Podest bei einem Ironman kommt. Klappt das nicht, dann fehlen das Preisgeld und die Prämien der Sponsoren. 

tri2b.com: Sieht du eine Chance, diesen letzten Sprung auch noch zu schaffen? 
F.A-S.: Auf jeden Fall, bis zum diesjährigen Ironman Hawaii werde ich alles versuchen, um noch weiter nach vorne zu kommen. Danach wird dann bilanziert. Ich bin jetzt 26 Jahre alt und muss mich entscheiden. Ich will auf keinen Fall von der Hand in den Mund leben, wie es viele sogenannte Weltklasseathleten machen. 

tri2b.com: Das hört sich alles sehr rational denkend an. Wir können uns noch an den Faris Al-Sultan erinnern, der 1996 als Schwimmspezialist beim Karlsfelder Triathlon in München in seinem ersten Triathlon gestartet ist. Im selben Jahr wurde dein jetziger Teamkollege Thomas Hellriegel in einem legendären Rennen hinter Luc van Lierde Zweiter auf Hawaii. Jetzt hast du Thomas bei seinem Lieblingsrennen in Kona sogar geschlagen. Eigentlich eine aufregende Story. 
F.A-S.: Ja, dieser Weg nach oben war wirklich sehr aufregend. Ich habe von Anfang an gewusst, dass ich genauso schnell schwimmen und laufen kann wie die an der Spitze. Beim Radfahren sind sie mir anfangs aber noch gehörig um die Ohren gefahren. Als ich nach meinem Sieg beim damaligen Ironmönch in Kulmbach (Int. Deutsche Meisterschaft über die Langdistanz) zum Corpus Team nach Hilpoltstein wechselte und plötzlich mit Hellriegel, Stefan Holzner und Markus Forster in einer Mannschaft war, dachte ich, auf Wolke sieben zu schweben. Im Training habe ich wahnsinnig von deren Erfahrungen profitiert. Dass ich Thomas gerade auf Hawaii erstmals in einem Rennen schlagen konnte, war im ersten Moment fast so was wie eine Majestätsbeleidigung. 

tri2b.com: Zurück zum aktuellen Tagesgeschäft. Wie planst du die letzten Wochen bis Roth? 
F.A-S.: Ich werde jetzt noch einen Ausdauerblock einlegen, um noch einmal meine Grundlagen zu stabilisieren. Der Speed scheint ja zu passen, wie die Rennen in Buschhütten und auf den Virgin Islands gezeigt haben. 

tri2b.com: Fast die komplette Langdistanzelite startet im Juni beim Kohler Haardman in Oer-Erkenschwick. Dich sucht man dort vergebens auf der Startliste. Welche Rennen wirst du noch vor Roth bestreiten. 
F.A-S.: Für mich hat die Bundesliga Vorrang. Bis Roth werde ich bei allen DTL-Rennen dem ASICS Team Witten-Halle zur Verfügung stehen. Ganz besonders freue ich mich auf das Rennen am Schliersee. Letztes Jahr war ich dort Dritter und als Münchner gibt es eigentlich nichts schöneres, als einen Ausflug in die Hausberge zu machen. 

tri2b.com: Schliersee ist aber ein echter Hammerkurs und das Rennen ist nur eine Woche vor Roth angesetzt. Wiederspricht das nicht einer seriösen Roth-Vorbereitung? 
F.A-S.: Es ist mir bewusst, dass es nicht ungedingt die trainingsmethodisch beste Vorbereitung ist. Allerdings ist vieles Kopfsache. Von einem guten Rennen in Schliersee kann ich mental den richtigen Kick für Roth bekommen.