Faris Al-Sultan: Jeder Grobmotoriker kann Triathlon

Tobias Schuhwerk für tri2b.com | 20.08.2014 um 21:50
Er bezeichnet sich selbst als "Triathlon-Dino". Doch dafür ist Faris Al-Sultan noch immer viel zu schnell: Der 36-Jährige Hawaii-Sieger von 2005 zählt weiterhin zu den besten Ironman-Athleten der Welt. In Immenstadt tritt der Sohn eines Irakers und einer Münchnerin zum zweiten Mal in seiner langen Karriere an: 2002 holte er sich dort erstmals den deutschen Meistertitel über die Mitteldistanz. Der gebürtige Münchner ist nicht nur ein Garant für Top-Zeiten, sondern auch für klare Worte. Genau deshalb genießt der Athlet vom österreichischen "pewag racing team" hohe Sympathiewerte bei Fans und Sportlern.

tri2b.com: Faris, Du wurdest 2002 in Immenstadt deutscher Meister. Was verbindet Dich mit dem Allgäu-Triathlon? 
Faris Al-Sultan (F. A.-S.): Sagen wir so: Meine Empfindungen sind zweigeteilt. Einerseits ist der Allgäu-Triathlon einer der Klassiker, vielleicht sogar der Klassiker in Deutschland. Die älteste Veranstaltung, bei der - teils vor meiner Zeit - wirklich alle da waren. Ich habe vor allem noch die anspruchsvolle Radstrecke und das tolle Publikum in Erinnerung. Andererseits hat die Veranstaltung einfach einen neuen Anstrich gebraucht. Und genau dafür steht das neue Team um Hannes Blaschke - und darüber freue ich mich. Ich glaube, die werden das Ding so richtig ins 21. Jahrhundert schießen. Durch die Verlegung auf einen späteren Termin passt der Allgäu-Triathlon für mich sehr gut in die Wettkampfvorbereitung auf Hawaii. 

tri2b.com: Gibt man zwei Monate vor dem Ironman Hawaii noch Vollgas oder ist das eher wie eine Trainingseinheit? 
F. A.-S.: Natürlich gebe ich Vollgas. Selbst für mich, der zu den Dinosauriern der Branche zählt, ist jeder Wettkampf etwas besonderes - auch wenn ich ihn aus dem Training heraus bestreite. Am Start bin ich noch immer aufgeregt. Das Feuer brennt. Klar ist aber auch: In einer kritischen Kurve werde ich nicht alles riskieren... 

tri2b.com: Was braucht man, um in Immenstadt zu gewinnen? 
F. A.-S.: Ich denke, dass der Lauf nach der knackigen Radeinheit entscheidet. 2002 bin ich damals knapp vom Australier Jarrod Brauer geschlagen geworden. Mal sehen, wie es diesmal läuft.... 

tri2b.com: Du bist mittlerweile Vater eines kleinen Sohnes. Wie wirken sich die Vaterfreuden auf den Sport aus? 
F. A.-S.: Das ist kein Problem. Unser Kleiner ist sehr pflegeleicht. Wir werden wohl gemeinsam im Wohnmobil anreisen... 

tri2b.com: Großes Thema bei allen Ausdauersportlern ist ja immer das richtige Essen. Was gibt's bei Familie Al-Sultan und Ina Reinders vor dem Allgäu-Triathlon? 
F. A.-S.: Ich denke - ganz klassisch - ein Nudelgericht. Auch wenn die einen auf Eiweiß oder Shakes schwören und andere auf linksgedrehten Milchsäure-Joghurt: Wir lassen uns da nicht verrückt machen. Solange man keine Allergien hat, was wirklich ein Problem ist, empfehle ich die Devise: Locker bleiben und auf den eigenen Körper hören. 

tri2b.com: Und was empfiehlt ein Weltklasse-Athlet einem Otto-Normalverbraucher, der mit dem Triathlon anfangen möchte? 
F. A.-S.: Ich denke, dass der Weg über die kurzen Distanzen führt. Die Staffeln sind eine super Sache, um Hobby-Athleten an den Triathlon heranzuführen. Sie können sich ideal herantasten: an die Stimmung, an die Wettkampfsituation. Wer Feuer gefangen hat, kann sich auf die Sprint- oder die olympische Distanz wagen. 

tri2b.com: Welche Vorrausetzungen braucht man als Triathlet? 
F. A.-S.:: Im Grunde kann jeder Grobmotoriker Triathlet werden! Das ist ja das Schöne. Setz einen Schimpansen aufs Fahrrad, er wird es irgendwie schaffen (lacht). Ich warne aber vor einer Spezialisierung in jungen Jahren durch überambitionierten Eltern. Das ist Schwachsinnn. Der Spaß an der Bewegung zählt. Egal ob beim Schwimmen, Kickboxen oder in einer Ballsportart. Später kann man immer noch auf Triathlon umsatteln. 

tri2b.com: Du hast den ersten Ironman mit 19 Jahren bestritten... 
F. A.-S.:: (lacht): Solche Typen wie mich gibt es eigentlich nicht mehr. Die guten jungen kommen alle über die Kurzdistanz. Mein zweiter Wettkampf war gleich ein Ironman. Aber ich war gut vorbereitet: Zwischen 15 und 19 Jahren habe ich vor allem als Schwimmer sehr viel trainiert. Klar ist aber auch: Das hätte schief gehen können. Ich hatte Glück und gute Gene. Außerdem habe ich mich nie über Umfänge zerstört. 

tri2b.com: Der Allgäu-Triathlon hat sich in all den Jahren seine Eigenständigkeit bewahrt und gehört weder der Ironman- noch der Challenge-Serie an... 
F. A.-S.:: Das sehe ich positiv. Wichtiger als der Markenname ist das Produkt: dass Du einen geilen Wettkampf erlebst - ich denke, das ist in Immenstadt der Fall. 

tri2b.com: Und was wünscht Du dem Allgäu-Triathlon der Zukunft? 
F. A.-S.:: Ich denke, eine Kontinuität in der Streckenwahl wäre wünschenswert. Immenstadt muss sich nicht immer neu erfinden. Es kann sich mit all seiner Tradition selbstbewusst festlegen. So wie jetzt: Auf Half-Ironman und olympische Distanz. 

Das Interview wurde von Tobias Schuhwerk geführt. Auf seinem Blog www.allgaeu-ausdauer.de gibt es tagesaktuelle News aus der Allgäuer-Ausdauersportszene. Vom Allgäu Triathlon berichtet allgaeu-ausdauer.de am Sonntag mit einem Liveticker.