Ironman 70.3 Dresden Absage: Nicht nur jammern, sondern handeln – ein Kommentar

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 29.07.2022 um 14:58
Seit heute Mittag sind in ganz Deutschland Schulferien und spätestens morgen Vormittag wird der Verkehrsfunk landauf landab wieder von kilometerlangen Staus berichten. Dann wird gejammert, geflucht, geweint und anschließend geschworen, es im nächsten Jahr anders zu machen … trotzdem wird’s auch 2023 einen großen Ferienstau geben.

Es gibt hier durchaus Ähnlichkeiten zum aktuellen Ironman-Dilemma. Zwei Anmerkungen dazu vorweg:

1. Die Kommunikation der Ironman Veranstalter gegenüber den Teilnehmerinnen und Teilnehmern war einfach nur unterirdisch und im Falle des Ironman 70.3 Dresden gewissermaßen der traurige Endpunkt einer schon seit geraumer Zeit andauernden Entwicklung.
2. Wenn vier Tage vor einer Veranstaltung, die von einer professionellen Veranstaltungsagentur organisiert wird und, die laut Vereinbarung, auf die Unterstützung der Stadt Dresden und des Landes Sachsen hoffen darf, abgesagt werden muss, dann liegt wohl eindeutig multiples Organversagen auf beiden Seiten vor.

Jeder der schon einmal in die Organisation einer Triathlon Veranstaltung involviert war, und sei es nur der vielfach zitierte Wald- und Wiesen-Triathlon gewesen, der weiß, dass Triathlon nicht nur als Sportart extrem komplex ist. Wird das Ganze dann in einer Großstadt ausgetragen, dann steigt der Organisationsaufwand und die möglichen Problemfelder exponentiell an.

In Dresden haben über 2000 Athletinnen und Athleten darauf vertraut, dass Ironman das kann. Sie haben es in der Vergangenheit des Öfteren bewiesen und waren mit dem Ironman Frankfurt der Vorreiter in Sachen Triathlon inmitten einer Großstadt. Allerdings zog da unter der Federführung von Kurt Denk ein vor Ort ansässiger Veranstalter die Fäden.

Das aktuelle Ironman-Modell, die Rennen dezentral zu organisieren und wie ein Wanderzirkus von Stadt zu Stadt zu ziehen, kommt da an seine Grenzen. Selbst wenn örtliche Eventdienstleister mit der finalen Umsetzung betraut sind. Am Ende ist es nicht das rote M-Dot Logo, dass den Weg bereitet, sondern Menschen, die entweder Miteinander können oder eben nicht. Und wer es nicht weiß oder schon vergessen hat. Auch andere professionelle Veranstalter haben sich am Projekt City-Triathlon schon die Zähne ausgebissen und sind letztendlich gescheitert.

Dass es bei Ironman-Veranstaltungen zunehmend eine Schieflage zwischen dem aufgerufenen Preis und erhaltener Leistung gibt, ist nichts Neues. Seit Jahren wird hier lamentiert, aber am Ende sind die Startfelder doch wieder voll. So wie jetzt in Dresden, wo sich über 2000 Athletinnen und Athleten aus aller Welt mal einfach so zu einer Premierenveranstaltung anmelden (ein Teil auch notgedrungen, um den Corona-Gutschein einzulösen). Aber selbst, wenn es mit der Radstrecke irgendwie noch geklappt hätte, wäre wohl ganz sicher nicht alles glatt gelaufen. Das bringen Premieren nun mal mit sich.

Auf der anderen Seite kämpfen gerade viele der arrivierten kleinen und mittelgroßen Veranstalter, von der ehrenamtlichen Vereinsveranstaltung bis hin zur regional aufgestellten Eventagentur, um jede Starterin und jeden Starter, sowie um jede helfende Hand, damit sie über die Runden kommen bzw. am Ende zumindest eine schwarze Null in der Vereinskasse steht.

Ich würde mir nichts sehnlicher wünschen, dass der Dresdner „Triathlon-Super-Gau“ hier endlich ein Umdenken in Gang setzt, gefolgt von wirklichem Handeln – auf beiden Seiten. Sonst stehen wir beim nächsten Mal wieder im eingangs beschriebenen Stau und jeder schimpft auf den anderen.

Athletenseite: Startet wieder öfters bei einer kleinen Veranstaltung vor der eigenen Haustür, oder bietet euch dort als Helfer an. Das sichert die Vielfalt in der Triathlon-Landschaft und würde auch dem Nachhaltigkeitsaspekt gerecht werden.

Ironman: Stellt die Athletin und den Athleten wieder in den Mittelpunkt und sorgt vor allem auch intern für mehr Kontinuität und Teambuilding. Wenn, wie in unserem Fall, im Pressebereich gefühlt jede Saison die Ansprechpartner wechseln, dann spricht das Bände. Und springt vor allem im aktuellen Fall „Ironman 70.3 Dresden“ über euren monetär geprägten Schatten und bietet eine wirklich athletenfreundliche Kompensationslösung an. Der Ironman-Mythos hält viel aus, aber nicht alles.

Harald Eggebrecht