Garmin Forerunner 955 Solar im Praxistest – die GPS-Alleskönner-Uhr, die wirklich alles kann

von Sven Weidner & Harald Eggebrecht für tri2b.com | 20.12.2022 um 12:39
Im Sommer 2022 hat Garmin die neue Forerunner 955 vorgestellt. Die Premium GPS-Sportuhr bietet laut Hersteller alle nur erdenklichen Funktionen für den Lauf- und Multisport und ist somit das ideale Gerät, mit dem Triathletinnen und Triathleten ihr Training aufzeichnen und steuern können. Wir haben die „Solar-Ausführung“, die mit Sonnenlicht die Akkulaufzeit nochmals verlängern kann, über ein halbes Jahr im Dauertest unter die Lupe genommen. Beim Schwimmen, Radfahren, Laufen, im Triathlon, bei Bergtouren und beim Skilanglaufen war die Uhr im Einsatz. Dabei sind wir zu einer klaren Kaufempfehlung gekommen. Garmin ist es einmal mehr gelungen, seinen Performance-Sport-Alleskönner auf eine neue Stufe zu heben.

Rein optisch lässt sich das Update des Forerunner-Topmodells kaum von seinen Vorgängern unterscheiden. Der Durchmesser der Uhr ist minimal geschrumpft, während die Höhe um nicht ganz einen Millimeter zugelegt hat. Beim Gewicht sind 3g (52g Gesamtgewicht) hinzugekommen. Am Display hat das Garmin-Entwicklerteam 20 Pixel hinzugefügt, um die Lesbarkeit zu verbessern. An der Hand fallen diese Änderungen aber nicht wirklich auf. Beim allgemeinen Design der Uhr ist ebenfalls alles beim Alten geblieben, sodass sich bisherige Nutzer des Garmin Ökosystems auf die gewohnten Tastenpositionen einstellen können. Wer dennoch etwas Abwechselung möchte, kann von der sehr dezent wirkenden schwarzen Ausführung auf die steinweiße Variante der Uhr wechseln.

Einfache intuitive Menüführung - erleichterte Bedienung durch Touch-Steuerung

Garmin macht den Umstieg von einer älteren Version aus der 900er- oder einer anderen Serie auf die neue Forerunner 955 zu einer einfachen Angelegenheit, wie das tägliche Wechseln der Unterwäsche. Jede Sportlerin und jeder Sportler, der schon einmal eine Garmin der letzten Jahre am Handgelenk hatte, wird sich innerhalb weniger Workout-Sessions in den Menüs wiederfinden. Der Start einer neuen Aktivität ist dabei komplett unverändert, sodass dieser wie im Schlaf von statten geht. Start drücken, Sportart auswählen, GPS-Signal abwarten und los geht´s! Im allgemeinen Dropdown-Menü sind lediglich neue Metriken sowie die Musiksteuerung und Bezahlmethoden hinzugekommen. Dieses lässt sich nun allerdings nicht mehr nur durch Klicken auf die down-Taste ansteuern, sondern auch durch einfaches Wischen erreichen. In der Praxis funktioniert das erstaunlich gut und fehlerfrei. Während unseres Tests über mehrere Monate kam es nur äußerst selten vor, dass unbeabsichtigt die Touch-Steuerung bedient wurde.

 

Die Forerunner 955 Solar in Action

Wie schon zuvor erwähnt, sind die Aktivitäten für an das System gewöhnte Sportler innerhalb von Sekunden gestartet. Aber auch für Neulinge sollte die Bedienung eigentlich intuitiv sein, sodass auch sie die Forerunner innerhalb kurzer Zeit im Schlaf bedienen können. Nach der Wahl der Aktivität heißt es dann fix sein. Denn die 955 benötigt nicht lange, um die Satelliten zu finden. Äußerst selten hat es in unseren Tests mehr als 15-20 Sekunden (auch neben hohen Gebäuden oder an neuen Standorten) gedauert, bis die Uhr ein stabiles Signal gefunden hatte. Hier sind wir z.B. von der 935 noch ganz andere Zeiten gewöhnt. Ist man dann unterwegs muss man sich in der Regel auch keine Sorgen über Lücken in der Aufzeichnung machen. Der Multi-Band-Modus sorgt auch im Hochgebirge dafür, dass jeder Trailrun in engeren Schluchten sicher auf Garmin Connect landet. Besonders erfreulich war für uns die Akkuleistung. Die Solar-Linse tut ihr Übriges dazu. Bei entsprechendem Einsatz bei hellem Tageslicht und Sonnenschein verlängert sich die Akkuleistung spürbar. Beim Einsatz im normalen Uhr-Modus vergisst man so fast, dass die Forerunner 955 Solar mit Akku betrieben wird.  

Testlauf für die Garmin 955 Solar auf dem Alii Drive: In der Sonne Konas funktionierte die Solar-Ladefunktion besonders gut - © PetkoBeier.de

Aber auch im GPS-Modus muss man selbst extreme Herausforderungen wie den UTMB nicht fürchten, da diese mit 42 Stunden im reinen GPS-Modus angegeben ist. So lange haben wir die Uhr nicht am Stück getestet. Beim Einsatz auf der Triathlon-Langdistanz ist die Aufzeichnung eines ganz langen Tages jenseits des Daylight-Finish definitiv kein Problem. Wir haben alle 1 bis 2 Wochen das Ladegerät herausholen müssen (bei im Schnitt 10 Stunden Aktivität/Woche). Überraschend gut hat uns das Musikfeature gefallen. Die gängigen Musikdienste lassen sich so einfach mit einem Paar Bluetooth Kopfhörer einbinden. Sobald die Musik einmal gestartet ist, läuft sie dann auch stabil, bis der Lauf abgehakt ist.

 

Die wichtigen Neuerungen im Detail

 

Die für uns wohl beste Neuerung ist die Kartennavigation. Endlich heißt es auf neuen Laufrouten im Wald nicht mehr fragend auf die Wurmnavigation zu starren und dabei zu hoffen die richtige Abzweigung zu wählen. In der Praxis war es super einfach mit Garmin Connect oder anderen gängigen Apps eine Route zu erstellen und diese dann auf die Uhr zu laden. Das Display ist groß und hell genug, dass man ähnlich sicher wie mit einem Edge-Gerät den richtigen Weg findet.

Tolle Erweiterung: Die Kartennavigation der Garmin Forerunner 955 - © tri2b.com

Eine weitere Interessante Neuerung ist die am Handgelenk integrierte Leistungsmessung. Über kluge Algorithmen kann die Forerunner 955 die erbrachte Leistung abschätzen. Bei unseren Testläufen hat sich die Leistung schnell an die Topografie der Laufrunde angepasst. Dieser Wert wird wie bei der Herzfrequenz mit der Farbe der entsprechenden Leistungszone hinterlegt, um die Interpretation des Werts unter Belastung zu erleichtern.

Deutlich besser als bei der Vorgängerversion 945 funktionierte bei uns auch die Herzfrequenz-Messung am Handgelenk. Bei sommerlichen Temperaturen sogar einwandfrei. Bei Kälte kann es allerdings zu Aussetzern kommen. Ebenso, wenn das Handgelenk stark in Bewegung ist, wie z.B. beim Skilanglaufen. Die Lösung ist dann ein HF-Brustgurt. Unsere Empfehlung ist hier ein HRM Pro Plus bzw. HRM Pro Herzfrequenz-Brustgurt, mit dem auch die Lauf-Effizienzwerte, wie Schrittlänge, Schrittfrequenz und Bodenkontaktzeit sicher aufgezeichnet werden.

Wohin geht´s im Training? Die Leistungs- und Erholungswerte geben exakten Aufschluss  - © tri2b.com

Eine neue Funktion stellt auch die Angabe des Stamina-Wertes da. Der Stamina-Wert vermittelt in Echtzeit die noch zur Verfügung stehenden Leistungsreserven. Für noch eher unerfahrene Athletinnen und Athleten kann dieser Wert durchaus hilfreich sein.

Ungewohnt war im ersten Moment der Morning Report. Direkt nach dem Aufstehen begrüßte die Forerunner uns mit einem netten Bild. Nachdem man dieses weggeklickt hat, lieferte uns die Uhr eine Vielzahl von interessanten Daten, wie Schlafdauer und -qualität. Darüber hinaus wurden wir über unseren Belastungs- beziehungsweise Erholungszustand informiert. Die Beobachtung der Herzfrequenzvariabilität (HFV-Status) hat dabei entscheidende Bedeutung. Abgerundet werden diese Metriken mit einer Trainingsempfehlung für den anstehenden Tag. Auch hier lässt sich festhalten, dass die gezeigten Daten auch mit dem subjektiven Gefühl sehr gut übereingestimmt haben. Die Trainingsempfehlungen waren aus sportwissenschaftlicher Sicht nachvollziehbar und sollten gerade Anfängern ohne Trainer eine gute Richtlinie für den Start in den Triathlon geben. Wichtig: Die Daten zum Regenerations-Status sind nur dann valide, wenn die Uhr regelmäßig beim Schlafen getragen wird. Hier muss jeder selbst ausprobieren, ob die Uhr als störend empfunden wird. Wir hatten bei unserem Test auf jeden Fall auch mit der Forerunner 955 am Handgelenk durchaus süße Träume.

Mach mal Pause: Die täglichen Trainingsempfehlungen der Garmin Forerunner 955 sollten mit dem eigenen Körpergefühl abgeglichen werden - erstaunlich oft gibt´s hier Übereinstimmungen - © tri2b.com

 

Unser Test-Fazit über den GPS-Uhr-Alleskönner

 

Die Garmin Forerunner 955 Solar hat uns auf ganzer Linie überzeugt. Die Menüs haben einen klaren Aufbau, welcher für eine einfache Bedienung sorgt. Der Satellitenempfang ist superschnell und absolut stabil. Die neue Navigation mit richtigen Karten hebt sich von der Konkurrenz ab und macht die 955 zu einem super Begleiter in fremden Gefilden. Sehr gut gefallen haben uns auch die zahlreichen Funktionen, die das Belastungsniveau und den Regenerationsbedarf darstellen, da gerade hier bei ambitionierten Hobbyathletinnen und -athleten oft viele Fehler begangen werden. Wobei wir ehrlich gesagt manchmal schon etwas schmunzeln mussten, wenn uns die Uhr am Tag 1 eines harten Trainingsblocks gleich mal für 2 bis 3 Tage auf die Regenerations-Couch geschickt hätte.

Wirkliche Schwächen konnten wir nicht ausmachen, allerdings verbunden mit dem Hinweis, dass die Möglichkeit wirklich alles messen zu können nicht immer ein Segen ist. Hier hat die Forerunner 955 gefühlt unendliche Freiheitsgrade und jede Athletin und jeder Athlet muss die für sich wichtigsten herausziehen. Denn wer sich in der Datenflut verliert, wird nicht zwangsläufig neue persönliche Bestleistungen aufstellen.

Das Funktionsfeuerwerk und der absolut hochwertige Aufbau der Forerunner 955 schlägt sich natürlich auch im Preis nieder. In der Solar-Ausführung werden 649 EUR aufgerufen, die „normale“ Ausführung liegt bei 549 EUR UVP. Dafür gibt´s aber auch eine GPS-Sportuhr, die absolut keine Wünsche offen lässt.

Technische Details

Hersteller Garmin
Modell 955 Solar
empf. VK Preis in Euro 649,99 (549,99 ohne Solar-Ladelinse)
Gewicht 52 g
Display farbig mit Touchscreen
Lieferumfang Uhr, Ladekabel und Beschreibung
Datenübertragung ANT+/Bluetooth/WLAN
Akkulaufzeit lt. Hersteller ca. 42 Stunden im normalen GPS-Modus (bis zu 15 Tage im Smartwatch-Modus)
Karten-Navigation Ja
Höhenmessung barometrisch
Software Garmin Connect
Speicher32 GB
HF-Messungüber Handgelenkssensor, optional mit HF-Brustgurt
Leistungsmessung Rad kompatibel mit Garmin Vector bzw. über ANT+ mit diversen Leistungsmessern
Website www.garmin.com/de

Fotoserie: Garmin Forerunner 955 Solar