Die richtige Sitzposition: 20 bis 30 Watt Leistungseinsparung sind realistisch

von tri2b.com | 25.01.2011 um 00:00
Erst die richtige Sitzposition auf der Triathlonmaschine oder dem Rennrad entscheidet, ob die zur Verfügung stehende Kraft des Fahrers auch möglichst effektiv eingesetzt wird. Schwarz auf Weiß bekommt man den Ist-Zustand der Sitzposition bei einer dreidimensionalen Retül-Infrarot-Messung, wie es in den Filialen der TBB Bikeboutique in Bad Tölz und Leutkirch möglich ist.

Auch wenn der Rahmen in der entsprechenden Grundgröße passt, heißt es noch lange nicht, dass auch die Sitzposition schon optimal ist, weiß TBB-Geschäftsführer Joseph Spindler. Der Ostseeman- und Cologne226-Sieger arbeitet mit dem hochmodernen Retül-System. 476 Messungen in der Sekunde sorgen für eine dreidimensionale Erfassung der Sitzposition und Pedalierstellung in Echtzeit.

Die Vorteile einer solchen Messung, gegenüber der sonst üblichen Anpassung in Ruhestellung oder per Videoanalyse, liegen auf der Hand. Veränderungen, beispielsweise an der Sitzhöheneinstellung, werden in Sekundenschnelle umgerechnet und mit allen Auswirkungen auf die verschiedenen Winkel ausgegeben. Besonders interessant ist auch der hier messbare Unterschied zwischen lockerem Fahren (z.B. 150 Watt) und Fahren im Bereich der individuellen anaeroben Schwelle (Wettkampftempo), wenn verstärkt am Lenker gezogen wird und sich auch die Position auf dem Sattel verändert.

In unserem Videointerview erklärt Joseph Spindler den Ablauf der dreidimensionalen Sitzpositionsvermessung und erzählt vom hier schlummernden Leistungspotential.

Übersicht über die gängigsten Anpassungsschritte und Möglichkeiten

Pedalplatten:
Standardeinstellung: Fußballen auf der Pedalachse

Fußballen hinter der Pedalachse: Hohe Trittfrequenzen fahren sich leichter. Wadenmuskulatur wird aber stark gefordert (nicht optimal für die Laufleistung im Triathlon), kann die Achillessehne stark belasten.

Fußballen vor der Pedalachse: Unterstützt niedrigere Trittfrequenzen besser. Entlastet die Wadenmuskulatur (gut für die Laufleistung im Triathlon).

Stellung zur Kurbel: Grundsätzlich die Platten an die Hüftbreite des Fahrers ausrichten.

Drehung der Platten: Die Platten am Radschuh sollten in der Winkelstellung der Fußstellung im Alltag entsprechen. Bei Problemen mit den Knien sollten Pedalplatten mit Bewegungsfreiheit montiert werden.

Vertikale Stellung: Dreht sich das Knie in der Vertialbewegung nach außen weg, dann kann mit angeschrägten Unterlegkeilen unter den Pedalplatten eine Korrektur stattfinden.

Kurbellänge: Eine mögliche Formel zur Berechnung ist - Kurbellänge = (1,25 * Schrittlänge in cm) + 65 - (die Messung der Schrittlänge erfolgt mit einem Buchrücken im Schritt. Der oberste Punkt wird dann an einer Wand markiert). Wie der Formel zu entnehmen ist, sollten Langbeiner (mit langem Hebel) längere Kurbeln fahren. Standardmäßig sind viele Räder mit 172,5 mm Kurbeln ausgestattet.

Sattelstellung: Standardmäßig wird der Sattel in der Horizontalen gerade ausgerichtet. Teilweise neigt sich bei manchen Fahrern der Sattel zur Spitze auch leicht nach unten. (Entlastung des Sitzbeines in der Aeroposition)

Sitzhöhe: Die Sitzhöhe sollte so gewählt werden, dass der Oberschenkel-Unterschenkel-Winkel in der Streckung (Pedalstellung am unteren Umkehrpunkt) zwischen 38 bis 42 Grad liegt (oft wird auch hier der Gegenwinkel angegeben = 180 – (38 bis 42 Grad).

Sitzlänge: Die Sitzlänge kann als Abstand von der Sattelspitze bis zum vorderen Ende der Lenkergriffe beschrieben werden. Anpassungsmöglichkeiten ergeben sich über eine horizontale Verschiebung des Sattels. (für eine günstige Triathlon-Aeroposition wird der Sattel oft nach vorne geschoben, um einen etwas offeneren Hüftwinkel zu erreichen, entlastend für die Oberschenkelmuskulatur, wichtig für die anschließende Laufleistung), sowie über die Vorbaulänge. Für eine entspannte Aeroposition auf dem Triathlonlenker sollte der Ellenbogen-Winkel 90 bis 100 Grad betragen. Der Winkel von Rücken zu Oberarm sollte zwischen 70 bis 80 Grad beschreiben.

Sattelüberhöhung: Ist der vertikale Versatz von Sattelhöhe zu Lenkerhöhe. Während im reinen Zeitfahrbereich der Radprofis teils extreme Überhöhungen gefahren werden, hat sich für den Triathlonbereich hier eine gemäßigte Überhöhung durchgesetzt. Für eine sehr tiefe Position spricht klar die Aerodynamik. Allerdings kann dies zu Lasten der Atmung, der Rücken- und Nackenmuskulatur gehen. Wo das Optimum der Leistungsentfaltung (mit Einbezug der Laufleistung) liegt, ist sehr individuell.

Quellennachweis:
Allgemeine Empfehlung der Retül-Sitzpositionsvermessung
Lynda Wallenfels (2007). Radtraining für Triathleten. Betzenstein: Sportwelt Verlag