Trainingslager-Business: Wir wollen Triathleten die Wertschätzung entgegenbringen, die sie verdienen

von tri2b.com | 03.01.2018 um 09:44
Die drei Triathlon-Disziplinen Schwimmen, Radfahren und Laufen gekonnt in ein gutes Wochenprogramm zu packen ist durchaus komplex. Sehr viele Dinge sind dabei zu beachten. Insbesondere wenn das Ganze im Rahmen eines Trainingscamps stattfindet, wenn motiviert von der wärmenden Frühlingssonne die Erwartungshaltung der Teilnehmer entsprechend hoch ist. Wir haben dazu mit Friedrich Dietz, Ideengeber und Kopf hinter Triathlon Holidays, der das Triathlon-Angebot eines der grössten Radreiseveranstalters Europas, dem Schweizer Anbieter Huerzeler Bicycle Holidays, mit Leben füllt.

tri2b.com.: Ihr bietet jetzt in der dritten Saison Triathlon-Camps auf Mallorca und Lanzarote an. Wie sieht Eure Bestandsaufnahme der Triathlon-Reiseindustrie nach den ersten Jahren aus?
Triathlon Holidays: Die Reiseindustrie ist kontinuierlich im Umbruch und wir sind – so wie alle anderen auch – gezwungen, uns an die Veränderungen der Rahmenbedingungen anzupassen. Offensichtliche Beispiele sind die erhöhte Nachfrage nach Urlaub auf den Balearen und Kanaren aufgrund geopolitischer Unsicherheiten in vielen typischen Feriendestinationen (Ägypten, Türkei, Tunesien) oder in diesem Jahr die unklare Situation rund um die AirBerlin- und Niki-Insolvenzen. Wir ziehen aber ganz grundsätzlich ein positives Zwischenfazit. Wir haben klein angefangen, konnten unser Angebot aber inzwischen sukzessive auf 18 Trainingswochen von Dezember bis Anfang Mai ausbauen. Mit Mallorca und Lanzarote setzen wir dabei auf bewährte Destinationen, die wir kennen und bei denen wir eine eigene Radstation vor Ort haben. Das ist ein wichtiger Teil unserer Strategie.

 

tri2b.com: Du sprichst von Strategie. Das klingt eher nach einem Geschäftsmann als nach einem Triathleten. Wie passt das zusammen?
Triathlon Holidays: Ich denke es braucht beides. Ich bin selbst seit vielen Jahren begeisterter Triathlet auf der Lang- und Mitteldistanz und weiss um viele Wünsche und Ängste der Sportler. Ohne diese Kenntnis wäre es schwierig. Darüber hinaus bin ich aber seit 20 Jahren in anderen Bereichen der Wirtschaft tätig und habe viele unterschiedliche Geschäftsmodelle, erfolgreiche wie erfolglose, gesehen. Eine Strategie alleine macht nicht erfolgreich, aber ohne einen Plan sind die Erfolgsaussichten wesentlich schlechter.

Wir haben uns am Anfang die Triathlon-Industrie genau angesehen und festgestellt, dass sich der Sport auf fast allen Ebenen unter Wert verkauft. Ein paar hundert Euro für einen Top-3 Platz bei einer Langdistanz? 150 oder 200 Euro für eine Trainingswoche mit einem Profi? Gleichzeitig steigen die Startgelder und vielerorts kommen neue Rennen hinzu.

Unsere Analyse hat aber auch gezeigt, dass es Platz für etwas neben dem allseits bekannten «Mainstream» gibt. Dazu braucht es eine bestehende Plattform, auf der man ein Angebot aufbauen kann. Nur so lässt sich nämlich ein individuelleres Angebot, d.h. ein Camp mit wesentlich weniger Teilnehmern, auch wirtschaftlich langfristig erfolgreich abbilden.

 

tri2b.com: Wie sieht denn Eure Strategie konkret aus?
Triathlon Holidays: Wir möchten unseren Triathleten eine möglichst persönliche und professionelle Betreuung bieten. Natürlich kann in einem Camp keine 1zu1 Betreuung stattfinden. Es gibt aber durchaus Möglichkeiten, stärker auf die einzelnen Teilnehmer einzugehen und nicht alle in einen Topf zu werfen. Beispiele sind hier unser Fragebogen, den jeder Teilnehmer vorab erhält, unser 4 min. Leistungstest, der für viele neu ist und so einen hohen Mehrwert bringt, oder auch die Wattmesser, die es seit diesem Jahr in den Camps zu mieten gibt und die einen sehr hohen Zuspruch erfahren. Solche Dinge bedingen jedoch, dass nur eine überschaubare Anzahl Teilnehmer im Camp dabei ist; und diese kleinere Teilnehmerzahl hat natürlich wiederum einen direkten Einfluss auf den Preis der erbrachten Dienstleistung. Wir veranstalten bewusst keine Massencamps und arbeiten nur mit erfahrenen Guides.

Individuelle Betreuung ist der Schlüssel für ein erfolgreiches Trainingscamp - © Rico Scheller Photography

Wir verfolgen ganz bewusst eine Differenzierungsstrategie. Bei uns kann man aus verschiedenen Trainingsphilosophien wählen. Mit Nicole und Lothar Leder bieten wir ein eher klassisches Angebot, das durch ihre umfassende Profi-Erfahrung kombiniert mit sehr hoher sozialer und sportlicher Kompetenz und Zusatzangeboten (z.B. Mallorca 312-Tage oder Performance-Gruppen) ergänzt wird.

Mit der «Triathlon Total» Philosophie gehen wir inhaltlich einen ganz neuen Weg. Leistungstest zu Beginn für alle, Definition individueller Trainingsbereiche, spezifische Trainingssets und gemeinsame Auswertung der aufgezeichneten Leistungsdaten, sind nur ein paar Beispiele dieser innovativen Herangehensweise.

Unser Ziel ist, unterschiedliche Trainingsphilosophien weiter auszubauen und uns von den anderen Anbietern noch stärker abzugrenzen. Eine Neuerung in diesem Sinn sind unsere beiden 3tägigen Triathlon-Rennvorbereitungsevents im Juni und Juli 2018 in der Biathlon-Arena in Lenzerheide.

Natürlich muss das Angebot immer preislich wettbewerbsfähig sein, was uns bis anhin sehr gut gelingt.

 

tri2b.com: Welche Entwicklungen erwartet und wünscht Ihr Euch in den nächsten Jahren?
Triathlon Holidays: Wir erwarten weiteres Wachstum analog dem Läuferboom seit den 90ern, vor allem im Hobbybereich auf der Kurz- und olympischen Distanz. Außerdem sind wir gespannt, ob sich hochpreisige 5-Sterne-Angebote oder Camp-Kombinationen - wie unser Yoga-Triathlon-Camp auf Mallorca - am Markt etablieren können. Trotz der kurzfristigen Probleme mit Flügen nach Mallorca durch AirBerlin und Niki denken wir nicht, dass die Attraktivität Mallorcas als Trainingsdestination mittel- bis langfristig leiden wird.

Mallorca wird auch langfristig eine der Topdestinationen für Triathleten bleiben - ©rauschendorfer.de

Unser größter Wunsch ist, dass die Angebotsunterschiede in den Camps von den Sportlern bewusster wahrgenommen werden. Ein Triathlon-Camp kann heute wesentlich mehr bieten als das, das wir alle seit vielen Jahren aus eigener Erfahrung kennen. Eine solche Entwicklung würde dem Triathlon auch insgesamt helfen, sich weiterzuentwickeln und endlich die Wertschätzung zu erfahren, die dieser Sport und seine Athleten in Wirklichkeit verdient haben.

Außerhalb der Camps können wir uns zudem vorstellen, selektiv mit einzelnen Profi-Sportlern zusammenzuarbeiten und diese in ihrem Sportmanagement zu unterstützen. Ein Bedürfnis nach professionellem Management während und nach der Sportlerkarriere lässt sich aus Gesprächen mit aktuellen und ehemaligen Profi-Athleten diverser Sportarten eindeutig ableiten.

 

 Zur Person: Friedrich Dietz ist seit 20 Jahren in der Finanzindustrie tätig und kann auf viele interessante Projekte zurückblicken. Ein Highlight war dabei der Börsengang des Formel 1 Teams von Sir Frank Williams. Der studierte Betriebswirtschaftler mit Weiterbildung in Sportmanagement und Familienvater von 3 Kindern ist selbst leidenschaftlicher Triathlet. So hat er es inzwischen auf zwei Qualifikationen zur Ironman® 70.3 WM gebracht.