Höhentraining: Können leistungsstarke Agegrouper davon profitieren?

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 30.05.2014 um 00:00
Fast ein halbes Jahrhundert ist es her, dass sich die Sportwissenschaft erstmals mit dem Thema Höhentraining befasste. Der Grund waren die Olympischen Spiele 1968 in Mexiko City auf 2.200 Meter Höhenlage. Wie muss trainiert werden, um auch in der Höhe beste Ausdauerleistungen erbringen zu können, war die damalige Fragestellung. Bis heute hat sich das Wissen und die Möglichkeiten zum Thema Höhentraining sukzessive weiterentwickelt. Im Triathlon und auch in vielen anderen Ausdauersportarten sind Höhenaufenthalte heutzutage Usus im Trainingsaufbau, um für Wettkämpfe auf Flachlandniveau ein höheres aerobes Leistungsniveau zu erreichen. Allerdings blieb dieses I-Tüpfelchen der Formausprägung den Profiathleten vorbehalten, da Höhentraining in der klassischen Form einen immensen finanziellen und zeitlichen Aufwand bedeutet. Wir sind der Frage auf den Grund gegangen, unter welchen Bedingungen Höhentraining auch für leistungsstarke und sehr erfahrende Amateurtriathleten mit einem hohen Ausdauerniveau sinnvoll sein kann.

Zu allererst stellt sich die Frage, welche Höhentrainingsmethode angewandt werden soll? - klassisches Höhentraining: Training und Aufenthalt (Schlafen) auf über 1.600 m (viele der klassischen Aufenthaltsorte für das Höhentraining liegen auf einer Höhenlage um die 2.000 m) - Sleep-High, Train-Low (klassisch): Es wird in der Höhe geschlafen, das Training findet auf niedrigerem Höhenniveau statt - Sleep-High, Train-Low (simuliert mittels Höhenzelt): Es wird in einem Höhenzelt mit simulierter Höhenanpassung geschlafen, das Training findet auf dem bekannten Höhenniveau statt. - Höhenkammer : Nur Aufenthalt zum Training in einer simulierten Höhe Die klassischen Varianten sind wegen der benötigen Höhenlage und der damit verbundenen Reisetätigkeit sehr zeit- und kostenintensiv, da für einen echten Höhenreiz ein Aufenthalt von 3 bis 4 Wochen eingeplant werden muss. "Ab dem 23. Tag kickt das Hämoglobin merklich hoch, 4 Wochen sind ideal", erklärt der Schweizer Triathlon-Coach Roy Hinnen.

 

Welcher Athletentyp profitiert vom Höhentraining?

 

"Grundsätzlich bringt Höhentraining mehr bei Athleten mit tieferen VO2max-Werten", erklärt Hinnen. Allerdings "macht Übung den Meister", so der Schweizer. "Es gibt so viele Stellschrauben, die man beachten muss: Intensität, Ruhedauer, Wasserhaushalt, Schlafrhythmus, Ernährung, Säure-Basen-Haushalt, Hormonhaushalt und auch den emotionaler Faktor." Diese Komplexität führt dazu, dass oft mehrere Höhenaufenthalte nötig sind, bis die individuelle Wirkweise der Höhenbelastung bekannt ist. Ist dies eingespielt, dann ist eine Verbesserung der aeroben Leistungsfähigkeit um 1 bis 3 Prozent möglich. Als zeitlicher Abstand zum geplanten Hauptwettkampf haben sich 3 Tage (direkt im Anschluss) oder 3 Wochen am besten bewährt. Zudem ist Höhentraining bzw. eine Höhenanpassung immer dann angesagt, wenn der geplante Hauptwettkampf in der Höhe stattfindet (z.B. der Ironman Lake Tahoe in Kalifornien/USA auf 1.800 m Meereshöhe). Der geringere Sauerstoffpartialdruck in der Höhenluft führt dazu, dass die Trainingsbelastung intensiver wahrgenommen wird. Deshalb gelten beim Training in der Höhe andere Intensitätsregeln. "Meine Athleten trainieren mit einem tieferen Puls und machen längere Trainings, kombiniert mit ganz kurzen VO2max-Reizen. Wir konzentrieren uns auf zwei Disziplinen und machen diese gut, die dritte Disziplin wird nur kurz gepflegt. Es gibt sicher keine intensiven Dauerleistungsreize wie 12x 1000m auf der Bahn. Hier liegt aber die größte Fehlerquelle: "Es wird zu intensiv trainiert, es werden zu kurze Pausen eingelegt, bei Triathleten wird oft der Fehler gemacht, dass sie alle drei Sportarten pushen, Hormonell ist das der Horror, ohne Hormone werden keine neuen roten Blutkörperchen gebildet. Viele Athleten kennen ihre Ferritinwerte nicht", betont Hinnen, der deshalb seinen Athleten in fast allen Fällen eine Eisen-Supplementation empfiehlt.

 


Roy Hinnen
Der frühere schweizerischen Triathlonprofi Roy Hinnen blickt auf 28 Jahre Erfahrung im Ausdauersport und Triathlon zurück. Heute bietet der fünfmalige Schweizer Meister seinen Kunden ein individuelles, umfangreiches Triathlon-Coaching an. So gehören neben der Trainingsplanung auch mehrmalige gemeinsame Trainings, Meetings und Wettkampfbegleitung zum Angebot, inklusive spezieller Ernährungsplanung und Computeranalysen zur Verbesserung der Lauf- und Radtechnik. Hinnen bietet zudem auch Höhenzelte für den Verleih an. www.triathloncoach-royhinnen.ch

In der Höhe zelten

 

Aus dem klassischen Höhentraining hat sich über die Jahre die "Sleep-High, Train-Low-Variante" entwickelt. Hier wird in der Höhe (Bergstation, z.B. Pico de Teide/Teneriffa) gewohnt und geschlafen. Das Training selbst findet aber auf niedrigerem Niveau statt. Ein Abwandlung davon ist der Einsatz eines sogenannten Höhenzeltes, dass in den eigenen vier Wänden zum Einsatz kommen kann. Das Zelt, in dem eine bestimmte Höhenlage simuliert wird, wird zum Schlafaufenthalt verwendet. Eine Variante, die im Vergleich zur klassischen Höhentrainingsvariante große Vorteile bietet. Eine Empfehlung für Athleten, die vom Höhentraining profitieren wollen, ohne die aktuelle Trainingsplanung ändern zu müssen. Durch den simulierten Schlaf in der Höhe wird vor allem die Blutneubildung und die Atemtätigkeit angeregt. Nach circa 3-4 Wochen (1.800-2.750 Metern über Meer) wird auch hier der Sauerstofftransport optimiert und die Regenerationsfähigkeit nimmt zu. -unverändertes soziales Umfeld -unangetasteter Berufsalltag, dadurch gewonnene Zeit gegenüber herkömmlichem Höhentraining -enorme Kostenersparnis im Vergleich zu wochenlangem Training in der Höhe -das Training kann auf den bekannten Strecken stattfinden Hinnen empfiehlt den Einsatz eines Höhenzeltes in der Vorbereitungsperiode über 2 x 4 Wochen, mit vier Wochen Pause. Zusätzlich kann direkt vor dem großen Wettkampfziel dann nochmals ein Peak gesetzt werden, indem auf mittlerer Höhenlage (1.600 m) trainiert wird, und im Zelt (simulierte Höhenlage ca. 2.700m) geschlafen wird. <iframe src="http://www.tri2b.com/typo3///www.youtube.com/embed/hHPfQtrn7iQ?list=PLE5d_Kcws_SpWcVInaAYUF6R-GDIrHS8f" frameborder="0" height="259" width="460"></iframe> Eine weitere Variante ist die Höhenkammer. Hier wird nur das Training selbst unter simulierten Höhenbedingungen durchgeführt. Diese Variante bietet sich vor allem an, wenn eine schnellere Anpassung an bestimmte Höhenlagen gewünscht ist (Höhenbergsteigen, Wettkampf in der Höhe). Eine generelle Verbesserung der Leistungsfähigkeit ist hier aber umstritten.

 

Die richtige Umsetzung entscheidet über den Erfolg

 

Was übrigens auch für den Gesamtkomplex Höhentraining durchaus gilt. Zu individuell scheinen die Athleten-Typen zu sein, um klare, wissenschaftliche belegbare, Aussagen zum positiven Einfluss eines Höhentrainings auf die Leistungsfähigkeit geben zu können, die für die breite Masse ihre Gültigkeit haben. Hinnen ist aber trotzdem vom Höhentraining und seinen Effekten überzeugt. "Die Höhentrainings werden einfach falsch umgesetzt, dann spricht der Körper auch nicht an. Das Hämoglobin mag am Ende höher sein, aber die Form kaputt. Dann war aber nicht die Höhe schuld, sondern das Wissen um die richtige Trainingsdurchführung in der Höhe." Seiner Ansicht nach kann bei 90 Prozent der für ein Höhentraining in Frage kommenden Athleten auch ein positiver Effekt möglich sein, auch wenn es am Ende nur eine kleine Körperfettreduktion ist.