Mehr Druck durch richtiges Indoor Cycling

von Stefan Drexl für tri2b.com | 15.01.2013 um 11:51
Wenn schlechte Witterungsverhältnisse ein winterliches Radtraining nicht zulassen und die Motivation wieder einmal alleine auf der Rolle zu trainieren gering ist, dann ist Indoor Cycling, auch Spinning genannt, eine gute Alternative. Das gemeinsame Training in der Gruppe mit einem Trainer und lauter Musik ist motivierend und vielseitig. Neben diesen Vorteilen ist der große Unterschied besonders in den intensiven und langen Anstiegen die im Stehen gefahren werden. Das sind Techniken die auf einem Rollentrainer nicht möglich sind. Er ist nicht stabil genug und für den Rahmen aus Alu oder Karbon sind die stehenden Fahrtechniken aufgrund der fixierten Hinterradachse ungünstig.

Indoor Cycling ermöglicht sowohl Grundlagenausdauertraining als auch intensiveres Training und das Strampeln auf der Stelle ist ein perfektes Training für Körper und Geist, dass fast einem einzigen langen Tanz gleicht. Die Beine treten beinahe wie von selbst und der Rhythmus der Musik fährt durch den gesamten Körper. Ein ständiges Wechselspiel, mal ruhig und entspannt, dann wieder kräftig und intensiv. Der Widerstand variiert ständig zwischen schwer und leicht. Die Trittfrequenz passt sich dem Rhythmus (BPM) an, von 55 bis 110 Umdrehungen ist je nach Takt und Technik alles dabei. Es geht hoch und runter, schnell und langsam, wie auf einer imaginären Tour über Straßen und Hügel.

Intensive Phasen und Entspannung verschmelzen zu einem effektiven Training, bei dem zwar jeder selbst entscheidet, wie hoch die Belastung mit jedem Pedaltritt während des Indoor Cyclings ist. Dennoch ist dieses Training sehr motivierend und meist lässt man sich von Trainer und Gruppe dazu hinreißen, mehr zu geben als auf dem eigenen Plan steht. Indoor Cycling wird mittlerweile in nahezu allen Sportstudios angeboten oft unter verschiedenen Bezeichnungen.

Die richtige Mischung

Damit Spinning nicht nur Spaß macht, sondern auch effizient die Form über den Winter rettet und wenn möglich auch verbessert, muss das eigene Leistungsvermögen richtig eingeschätzt werden. Nur wer sich trotz zusätzlicher Motivation an seine individuelle Trainingsbereiche hält wird seine Grundlagen richtig trainieren, die Muskulatur stärken und den Fettstoffwechsel verbessern. Aber genau darin liegt größte Herausforderung des Indoor Cyclings. Der schwierige Grad zwischen einem optimalem Ausdauertraining und einem sinnlosen Auspowern während des kollektiven Strampelns ist sehr schmal und
oftmals wird in den Kursen mit viel zu viel Druck in die Pedale getreten. Werden die empfohlenen Werte für Herzfrequenz (HR) und Belastungsintensität (Watt) deutlich überschritten ist das Training für die langfristige Leistungsentwicklung ineffektiv.

Die optimale Belastung


Ein gutes Sportstudio bietet verschiedene Indoor Cycling Kurse mit verschiedenen Belastungsintensitäten an. Oft wird zwischen Einsteigern und Fortgeschrittenen unterschieden oder es werden Themen angeboten, wie Recovery (Erholung), Low End und High End Endurance (Ausdauer), Intervall und Hill (Kraftausdauer). Über die Jahre haben sich Intervallprogramme mit vielen, auch stehenden Anstiegen etabliert, so dass immer seltener ein Kurs gesondert gekennzeichnet ist. Entscheidet man sich, Indoor Cycling in die Trainingsplanung aufzunehmen, dann ist es wichtig sich besonders in der VP1 innerhalb der individuellen Herzfrequenzen und bis höchstens 85 Prozent des Maximalwerts zu belasten. Während der Erholungsphasen sollte die Herzfrequenz wieder deutlich absinken. Neuere Indoor Cycling Bikes verfügen bereits über Konsolen, die neben der HR und Cadence auch die Leistung in Watt anzeigen. Das ermöglicht eine umfassende Trainings- und Belastungskontrolle innerhalb dieses Systems. Doch vorsicht: Die Werte lassen sich nicht mit denen anderer Powermeter vergleichen, die in oder an Rennrädern verbaut werden. Ist auch immer möglich seinen eigenen Plan zu fahren und sich von der Musik motivieren zu lassen. Am besten den Trainer kurz bescheid geben und auch jederzeit um um Rat zu fragen – dafür ist er schließlich da. In der Grafik ist ein Beispiel eines entsprechenden Belastungsprofils, wie es in Indoor Cycling Kursen gefahren wird..

Auch der Bauch entscheidet

Indoor Cycling Bikes haben keinen Freilauf, wie gängige Rennräder oder Hillbikes, sie verfügen über ein sogenanntes Schwungrad mit einer starren Nabe, ähnlich eines Fixies. Die Kraftübertragung ist so wesentlich besser und ein runder Bewegungsablauf vorprogrammiert, dafür muss man aber auch unentwegt mittreten. Rollphasen zur Erholung, die immerhin 15 Prozent eines Straßentrainings ausmachen können, fallen somit weg. Der Aktivitätsumfang ist folglich größer. Neben der Kontrolle von Herzfrequenz und Watt ist es daher auch entscheidend, sich selbst gelgentlich auch subjektiv einzuschätzen und entgegen des Trainingsplans und der Motivation in der Gruppe im Zweifel auch mal die Intensität herauszunehmen. Das Ideale am Indoor Cycling ist, dass der Widerstand jederzeit individuell reguliert werden kann ohne dabei den Anschluss an den Kurs zu verlieren. Jeder in der Gruppe tritt im Rhythmus zur Musik, ob im Sattel oder stehend, fährt Intervalle oder Berge. Während sich der Eine mit einem hohen Widerstand belasten will, kann der Andere, je nach Trainingslevel, etwas leichter treten. Für Indoor Cycling muss man ohne Zeit- und Leistungsdruck, nach und nach eine gewisse Sensibilität entwickeln, da es sich vom herkömmlichen Training auf der Straße oder Rolle unterscheidet. Der besondere Vorteil wird deutlich bei Anstiegen im Stehen. Man kann ohne Hemmungen an einem Indoor Cycling Bike ziehen, je selbst bei Sprints verharrt es fest und stabil am Boden. Es lassen sich stehend freihändige Manöver fahren, bei denen sogar die Rumpfbewegung auf ein Minimum reduziert werden kann. Das nennt man „Freeze“, eine Technik, die weder auf der Rolle, noch im Freien trainiert werden kann und ideal für die Stabilisation des Rumpfes ist. Auch „Combos“, einer Kombinationstechnik zur Verbesserung der muskulären Koordination, bei der nach einer festgelgeten Zahl an Pedalumdrehungen (4, 8 oder 16) mehrmals stehend und sitzend gefahren wird, sind sehr effektiv. Diese Technik entspricht im Straßenradsport dem Wechsel zwischen leichteren und steileren Bergpassagen. Ergänzend lassen sich flache Sprints (Sprinting Flat) und Sprints am Berg (Sprinting Hill) integrieren, die nicht länger als 10 Sekunden dauern sollten. Die technischen Besonderheiten des stationären Bikes können hier umfänglich genutzt werden und dennoch ist Indoor Cycling mit der nötigen Lockerheit längst nicht so anstrengend ist, wie es vielleicht manchmal wirkt. Widersteht man dem Phänomen Gruppenzwang und zu hoher Intensität, so sind die Vorurteil mancher Athleten vor Hardcoretraining ohne Plan und Ziel im Nachhinein meist unbegründet. Entscheidet man sich erstmals für ein Indoor Cycling, sollte man wenigstens einige Minuten vor Kursbeginn erscheinen um zusammen mit dem Trainer die stationäre Rennmaschine und die richtige Sitzposition einzustellen. Bevor die Radschuhe in die Pedal einrasten, macht man sich mit den Besonderheiten eines Indoor Cycling Bikes, wie der Armhaltung, das Einstellen des Widerstands, das Bremsen und lässt sich den notwendigen runden Tritt bei starren Nabe erklären.


 Ein Handtuch, denn man wird wegen des fehlenden Windes unweigerlich viel schwitzen, ausreichend zu Trinken und los geht’s!