Radtraining im Frühjahr: Trainingslager oder Heimtraining?

von tri2b.com | 15.02.2012 um 00:00
Für viele Radfahrer und Triathleten hat es Tradition und an den Sportlerstammtischen wird gerne mit den Zahlen geprahlt: Der Tachostand auf dem Rad. Zum Jahresstart wird der Kilometerzähler „genullt“ und von nun an werden fleißig Kilometer gezählt; umso mehr, wenn erstmals in der anstehenden Saison ein Ironman geplant ist. Eines vorweg: Der Kilometerstand allein sagt wenig über die tatsächliche Radform aus. Trotzdem sollte ein Rookie auf der Triathlon-Langdistanz verständlicherweise seinen Trainingsumfang für die Raddisziplin ausweiten. Wir stellen vier Varianten für den Radblock im Frühjahr mit ihren Vor- und Nachteilen vor.

Als erstes stellt sich die Frage, ob für das Frühjahr ein Trainingsaufenthalt im Süden mit einem Trainingsschwerpunkt im Radfahren geplant ist, oder ob das Training komplett in unseren Breitengraden stattfinden soll. Beim Trainingslager im Süden ist zudem zu unterscheiden, ob ein früher Trainingsaufenthalt im Süden (Februar bis Mitte März) bzw. ein späterer Termin (Mitte März bis Ende April) geplant ist.

Variante 1: Trainingslager (1-2 Wochen) von Mitte März bis Ende April (klassische Variante)

Pro:
-Möglichkeit den Trainingsaufenthalt daheim langfristig vorzubereiten, um dann den hohen Trainingsumfang auch gut zu verkraften.
-Training auf höherem Ausgangsniveau möglich, da zuvor eine längere allgemeine Trainingsphase absolviert werden konnte.
-Das Radfahren fällt leichter (z.B. weniger Sitzbeschwerden), da schon im Heimtraining mehr Radkilometer gesammelt werden konnten.
-Nach der Rückkehr und der nötigen Regenerationsphase ist für den nächsten Belastungssprung im Radtraining tendenziell mit schon besseren Witterungsbedingungen fürs Radfahren zu rechnen (ebenso längeres Tageslicht).

Contra:
- Meist teurer von Unterkunft und Flug (Osterferien bzw. Hauptsaison der Veranstalter).
- Fällt evtl. schon sehr nah an geplante Vorbereitungsrennen, dadurch besteht die Gefahr, sich in der eigentlich besonders wichtigen Regenerationsphase zu stark zu belasten.


Variante 2: Frühes Trainingslager (1-2 Wochen) bis Mitte März (die Profi-Variante)

Pro:
- Sehr empfehlenswert, wenn ein früher Ironman, wie z.B. Lanzarote (Mai) geplant ist.
- Für „Winterhasser“, die dem Training bei Eis- und Schnee daheim nichts abgewinnen können.
- Für Athleten, die über viel Zeit fürs Training verfügen und auch vom Niveau her in der Lage sind, im Anschluss an das Trainingslager (April, Mai) nochmals im Training etwas „darauf zu packen“ (vor allem die Option für erfahrene und leistungsstarke Triathleten).

Contra:
- Wegen Winterwetter kann evtl. keine optimale Vorbereitung daheim für den Trainingsaufenthalt möglich sein. Gefahr der Überforderung durch zu große Umfänge/hohe Intensität im Trainingslager.
- Nach der Rückkehr evtl. noch sehr schlechte Witterungsverhältnisse im Heimtraining (Motivation, Erkrankungsgefahr!).
- Schon sehr früh in der Saison wird ein hohes Leistungsniveau erreicht, eine weitere Niveauanhebung bis zum Hauptwettkampf ist aufgrund eingeschränkter Trainingszeit bzw. Ausreizung nicht mehr möglich.


Variante 3: Heimtraining mit Vorort-Trainingslager (z.B. Kurzurlaub mit Brückentagen um Ostern)

Pro:
- Sehr preiswert.
- Familiäre Pflichten können weiter wahrgenommen werden.
- Evtl. auch sehr kurzfristig planbar.

Contra:
- Keine optimale Konzentration auf das Training möglich (Ablenkung durch den Alltag).
- Das Wetter ist tendenziell unbeständiger und deutlich kühler als an den südlichen Trainingsstandorten (Erkrankungsgefahr!)
- Weniger Motivation, da Anreize durch neue Trainingsstrecken, andere Natureindrücke usw. fehlen.


Variante 4: Heimtraining ohne Trainingsurlaub

Pro:
- Bei spätem Wettkampftermin (ab Ende Juli/August und später) geeignet. Ein früher Radschwerpunkt ist nicht unbedingt nötig. Radkilometer können gut in den Monaten Mai bis Juli mit den langen Tagen gesammelt werden.
- Für Triathleten, die ihre Trainingszeit im Alltag sehr variabel an die Witterungsbedingungen anpassen können.
- Bei Standort in klimatisch sehr milden Regionen (z.B. Oberrhein-Ebene, Kraichgau) eine mögliche Option.

Contra:
- Der Trainingsaufbau wird zu gleichmäßig und eintönig, es fehlen die Belastungs- und Umfangspitzen.
- Motivationslöcher, da Highlights wie Trainingslager fehlen
- Deutlich stärker vom Wetter abhängig.


Die Vorbereitung aufs Rad-Trainingslager

Bei mildem Winterwetter (trocken, Temperaturen im Plusbereich) ist es auch für Hobbytriathleten mit Job und Familie meist möglich, an den Wochenenden regelmäßig Radkilometer auf dem Straßenrad oder MTB zu sammeln. Schwieriger wird es bei strengem Winterwetter, wie wir es aktuell erleben durften. Optimal wäre in den letzten drei bis vier Wochen vor dem geplanten Trainingslager mit zwei Einheiten auf dem Rad (Zeitdauer 1,5 bis 3 Std.) eine Grundlage zu schaffen. Alternativ können Einheiten auch auf die Rolle, Ergometer/oder Spinning-Bike verlegt werden. Die Intensität sollte dabei nicht im ganz ruhigen Ausdauerbereich liegen, da ansonsten bei dem insgesamt noch niedrigen Umfang der Trainingsreiz zu gering ausfällt. Es bietet sich zudem an, Sequenzen mit kurzen Kraftausdauer-Elementen (z.B. dicker Gang für 3-5 min. mit niedriger Trittfrequenz (75-85 Umdrehungen/Minute) gegen den Wind, 4-5 Wiederholungen) einzubauen. Ansonsten ist zum Saisonstart auf eine möglichst hohe Trittfrequenz zu achten (>95 Umdrehungen/Minute).

Wenn wegen der Witterung vermehrt auf Indoor-Radtraining ausgewichen wird, dann bietet sich an, dort kürzere Rollenprogramme 45-60 min. zu fahren (Inhalt: Kraftausdauer und Frequenzspiele). Um die Ausdauerkomponente zu beachten, kann vor dem Rollenprogramm noch ein Lauf über ca. 60 min. absolviert werden. (Wichtig!: Erst den Lauf Outdoor, dann Rolle-Indoor, so ist die Erkältungsgefahr minimiert).

Fazit:

Je nach persönlicher Ambition, Trainingsstand, den Rahmenbedingungen (Familie/Beruf) und Wettkampfzeitpunkt kann die eine oder andere Variante der Königsweg sein. Ein umfangreicher Radtrainingsblock zum Saisonstart - wozu die Trainingslagervariante im meist wetterbegünstigten Süden wohl die erste Wahl ist - ist Pflicht, wenn ein Langdistanz-Triathlon im späten Frühjahr oder Frühsommer geplant ist. Mit den entsprechenden Basiskilometern in den Beinen können dann im weiteren Trainingsverlauf gezielt an den Wochenenden sogenannte „Langdistanz-Kerneinheiten“ (sehr lange Radausfahrten, evtl. mit Intensitätswechseln und anschließenden Koppelläufen) absolviert werden.