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Erfolgsformel Hitzetraining: Triathlon-Coach Roy Hinnen behauptet Hitzeanpassung ist nicht gleich Hitzeanpassung

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Das Thema der Hitzeanpassung beschäftigt die Triathleten seit den Anfangsjahren des Ironman Hawaii. Der heute 58-jährige Roy Hinnen, dessen Triathlon-Karriere Mitte der 80er Jahre in den USA begann, erinnert sich an gemeinsame Trainings mit Dave Scott zurück, als sie in Davis mit absolut dichten Regenjacken bei größter Hitze ihr Training absolvierten und von den Beobachtern verständlicherweise als komplett durchgeknallt angesehen wurden.

Künstlich heiß laufen: Mit Training in der Sauna und dick eingepackt im Wintermantel

Das Ziel hinter dieser Methode: Die Körperkerntemperatur „künstlich“ nach oben zu treiben, damit der Körper lernt die Hitze besser zu tolerieren. Diese Methode wird auch aktuell von vielen Profiathletinnen und -athleten in ähnlicher Form praktiziert. Training dick eingepackt auf der Rolle oder dem Laufband, in Kombination mit einem Saunagang.

Aber was passiert genau im Körper, mit dieser Art des Trainings: Grundsätzlich geht im Motor Mensch ein Großteil der Gesamtleistung als thermische Energie verloren. Um 300 Watt auf das Pedal zu bringen sind 1200 Watt an Gesamtleistung nötig. Der Wirkungsgrad liegt nur bei ca. 25 % – der Rest geht als Wärme verloren.

Bei 40,5 ° C wird es richtig kritisch

Wie sich das Training bei Hitze auf den Körper auswirkt, kann mit einem Core-Sensor gemessen werden, der die Körperkerntemperatur erfasst. Diese liegt normalerweise bei 36,5 – 37,5 ° C. Durch Schwitzen und den dabei auf der Haut entstehenden Kühlungseffekt versucht der Körper einen Anstieg der Körperkerntemperatur zu begrenzen. Bis ca. 38,5 ° C sind die Leistungseinbußen tolerierbar, danach geht es mit der Leistung deutlich nach unten, bevor man ab 40,5 ° C in einen lebensbedrohlichen Zustand kommt (Hitzekollaps).

Roy Hinnen „Core-Temperatur ist nicht gleich Core-Temperatur“

Deshalb wird z.B. bei einer hochintensiven Pässefahrt und niedriger Außentemperatur die Core-Temperatur deutlich in die Höhe getrieben. Der Anstieg der Core-Temperatur kommt hier aber fast ausschließlich durch die hohe Wattleistung die dabei entstehende thermische Energie zustande. Ein hoher Core-Wert kann auch mit ruhiger Belastung (GA1 Training) und geringerer thermischer Energie erzielt werden, wenn die Umgebungstemperatur entsprechend hoch ist. Deshalb gibt die reine Höhe der Core-Temperatur noch keinen Aufschluss darüber, ob ein Hitzetrainingsreiz vorliegt. Dies ist nur mit der höheren Umgebungstemperatur der Fall.

Wer besser schwitzt ist länger vorne

Die vielfach zu hörende Redewendung „der schwitzt ja wie ein Schwein“ und die damit einhergehende Deutung eines unzureichenden Trainingszustandes, ist daher falsch. Eine erhöhte Schweißrate kann unter Hitze der Schlüssel zum Erfolg sein, da so die körpereigene Kühlung die „Core-Temperatur“ konstant hält. Problematisch wird es nur, wenn die Flüssigkeitsverluste und Verluste an Mineralien nicht mehr adäquat durch die Flüssigkeitsaufnahme ausgeglichen werden können und so eine Dehydrierung droht.   

Wird der Körper regelmäßig einem Hitzereiz ausgesetzt, dann reagiert dieser mit einer Vermehrung des Blutplasmas, das im Blutkreislauf für den Transport von Stoffwechselprodukten verantwortlich ist, und somit auch für einen Anstieg des gesamten Blutvolumens sorgt.

Hinnens Hitze-Pain-Cave: 40 ° C Lufttemperatur und 45 ° C warme Badewanne

Wobei Hinnen bei seiner Testreihe auf das Intervalle bolzen in der luftdichten Regenjacke bzw. einem hitzestauenden Core-Anzug verzichtete, da diese Form des Trainings vor allem die Körperkerntemperatur in die Höhe schnellen lässt. Der Schweizer ging einen anderen Weg – über eine möglichst hohe Umgebungstemperatur. Mit einem umgebauten Heizlüfter wurde die Luft in der Pain-Cave auf 40 ° C erhitzt und das Training auf dem Ergometer fand bei eher moderaten 150 – 200 Watt (Zone 1 bis Zone 2) über 50 – 60 min statt, mit dem Ergebnis, dass ein gefühlter Hitzereiz deutlich spürbar war, die Core-Temperatur aber nicht wesentlich über 37,5 ° C anstieg. Anschließend ging es jeweils noch für 10 min in eine mit 45 ° C warmen Wasser gefüllte Badewanne. 30 min vor dem Training werden möglichste schnell 1 Liter Wasser mit 6 g Himalaya- Salz (3 g Natrium) getrunken, währen der Trainingssession nach Gefühl, nach der Badewanne wieder 1 L Wasser mit 6 g Himalaya-Salz.

Dieses Training führte Hinnen über 2 Trainingsblöcke a 3 Wochen (mit einer Woche Entlastung) und jeweils 5 Trainingseinheiten die Woche (50-60 min) durch. Dabei anzumerken ist, dass die Hitze-Sessions noch neben dem eigentlichen Training stattfinden.

Fast 7 % mehr Hämoglobinmasse

Um die Wirkung schwarz auf weiß zu dokumentieren, unterzog sich Hinnen zum Beginn und am Ende einer Blutvolumenmessung am Spital in Zürich. Als Verfahren kam dabei die  Kohlenmonoxid (CO)-Rückatmungsmethode zum Einsatz.

Hinnens Hitzetrainingsblöcke hatten dabei deutliche Auswirkungen auf das Blutvolumen. Dies stieg von 7995 ml auf 8723 ml (108.8 ml/kg), das Plasmavolumen von 4758 ml auf 5254 ml und die für den Sauerstofftransport verantwortliche Hämoglobinmasse von 1055 ml auf 1127 (14.1 g/kg), was einem Zuwachs von 6,8 % entsprach.

Aus seiner Hitzeanpassungs-Testreihe hat Roy Hinnen ein Trainingsprogramm entwickelt, in dies auch noch ein Höhentrainingsblock integriert werden kann, und von einem Teil seiner betreuten Athletinnen und Athleten so auch schon erfolgreich absolviert wurde. Das Ziel des Höhentrainingsaufenthalt ist es dabei, die durch das Hitzetraining angeregte Erhöhung des Blutplasmas in eine Erhöhung der Hämoglobinmasse (HBmass) umzuwandeln, und so die Sauerstofftransportfähigkeit zu erhöhen.

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Im TriCamp in Gran Canaria, im Januar und Februar 2025, geht Roy Hinnen jeweils in seinen Vorträgen auf Hitze-Höhentraining ein, und zeigt noch weitere, aber wichtige Details auf.

Mehr Infos unter: www.triathloncoach-royhinnen.ch/angebote/triathlon-camp-roy-hinnen/

  
Das Trainingsprogramm:

  • Hitzetraining – 3 Wochen a 5 Trainingseinheiten über 50 – 60 min
  • Höhentraining (mind. 23 Tage in der natürlichen Höhe oder ca. 300 Stunden im Höhenzelt (ca. 10-12 Stunden pro Tag ihm Höhenzelt inkl. 3x 60min / Woche Training mit der Maske bis 80% Sauerstoffsättigung mit speziellen Intervallen). Wobei es vor allem um den Aufenthalt in der Höhe geht, weniger um die Trainingsbelastung.
  • Hitzetraining – 3 Wochen a 5 Trainingseinheiten über 50 – 60 min 

Für welche Athletinnen und Athleten kommt diese Art des Trainings in Frage?

Roy Hinnens Komplett-Programm aus Hitzeadaption und Höhentraining erstreckt sich über ca. 3 Monate, wobei deutliche Leistungsvorteile bereits auch ohne den Höhenblock erzielt werden können. Als Voraussetzung ist ein über die Jahre stabiles Trainingsniveau von im Schnitt 12 Stunden Umfang pro Woche und vor allem die Motivation Neues auszuprobieren. Neben der benötigten Zeit ist auch etwas „Kleingeld“ nötig. Laut Hinnen, der interessierten Athletinnen und Athleten ein betreutes Hitzeadaptionstraining anbietet, belaufen sich die Kosten für den Umbau der Pain-Cave und zwei Blutvolumenmessungen in etwa im Bereich eines guten Aerolaufradsatzes eines Premium-Herstellers (2.500 – 3000.- EUR).

Alle, denen dieser Zeit-, Material- und finanzielle Aufwand zu hoch ist, können zumindest folgendes Learning mitnehmen. Leichte bis mittlere Belastung in einer möglichst hohen (natürlichen) Umgebungstemperatur führt zu einer wirksamen Hitzeanpassung. Allerdings ist eine bestimmte Reizdauer – und -dichte nötig. Von daher ist es bei einem anstehenden Hitzerennen vor allem wichtig sich im direkten Vorfeld möglichst lange in einer hohen Umgebungstemperatur aufzuhalten. Die Höhe der Trainingsintensität scheint dabei nicht die entscheidende Rolle zu spielen.

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