Kommentar: Fahren wir nach Frankfurt oder Roth?

von Harald Eggebrecht für tri2b.com | 23.06.2016 um 07:53
Jetzt müssen wir uns also wieder entscheiden. Fahren wir am 9. Juli 2017 lieber in die Schlossallee (Ironman Frankfurt) oder in die Poststraße (Challenge Roth). Nachdem Termindesaster zwischen den beiden Veranstaltungen im Jahr 2012 steht uns die Neuauflage im Jahr 2017 im Haus. Deutschlands Triathlons mit der größten nationalen und internationalen Medienwahrnehmung finden wieder an einem Tag statt.

Kasse machen, in Form von ausgebuchten Starterfeldern, werden beide Veranstalter in den nächsten Wochen wieder in Minutenschnelle. Egal, ob die Rennen am gleichen Tag, mit einer oder zwei Wochen Abstand ausgetragen werden. Die Rother haben ihren 2017er Termin (traditionell der zweite Juli-Sonntag, zuletzt ist man im Zwei-Jahresrythmus auf den dritten Juli-Sonntag ausgewichen, wegen dem Endspielwochenende bei Fußball-WM bzw. EM) im Februar offiziell in einer Pressemeldung bekannt gegeben. Zu gleicher Zeit kursierten rund um den Ironman Frankfurt Gerüchte, das Rennen könnte nach Hamburg umziehen. Ein neuer Dreijahresvertrag mit der Stadt Frankfurt stand da noch in der Schwebe. Ironman entkräftete das Rother-Facebook-Posting (Kernaussage: man hätte doch miteinander sprechen können) mit dem Hinweis " ... Zudem ist der (Frankfurt)Termin seit über einem Jahr in der Szene bekannt." Welche Szene man in Liederbach im Taunus meint, ist uns leider nicht bekannt. Wir scheinen zumindest nicht dazu zu gehören. 

Sei´s drum,  die Scharmünzel zwischen Frankfurt und Roth gibt´s seit der Premiere in der Mainmetropole im Jahr 2002 und man hätte sich schon fast gewundert, wenn es keine Fortsetzung mehr gibt. Früher war es eine Privatfehde zwischen Kurt Denk und der Familie Walchshöfer. Heute versucht ein Weltkonzern und ein Familienbetrieb um die Gunst der Triathleten zu streiten.

"Ironman ist die Nr 1. (wohnt in der Schlossallee), dann kommt irgendwann Challenge, dann die ITU-Races und dann der Rest", so treffend hat ein Insider mir gegenüber vor wenigen Wochen die Größenverhältnisse im internationalen Triathlon-Event-Business beschrieben.

Ironman versucht nun genau diese Führungsstellung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln auszubauen und in bare Münze umzuwandeln. Unter anderem damit, die über 60 Rennen in Europa so im Terminkalender zu verteilen, dass möglichst viele Teilnehmer "durchgeschleusst" werden können. Das ist aus wirtschaftlicher Sichtweise absolut legitim. Auch in Roth und bei der Challenge Family will man unter dem Strich Geld verdienen.

Noch macht der Triathlet an der Basis mit, irgendwann dürfte er sich dann allerdings wie ein Batterie-Legehuhn vorkommen - möglichst viele Finishes für möglichst viel Startgeld abzuliefern zu müssen.

Die Triathleten dürfen und können am Ende immer noch selbst entscheiden, ob sie lieber nach Frankfurt oder Roth fahren. Beides sind tolle Veranstaltungen, dies kann jeder, der schon mal vor Ort war, sicher bestätigen, und hätten für die Außenwirkung ein eigenes Rennwochenende verdient. Wir und unsere Pressekollegen werden sich auch wieder mal entscheiden müssen - Poststraße oder Schlossallee.

Harald Eggebrecht