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Frank Smith: Es gab weder Räder noch Ersatzteile auf Hawaii, wir waren Exoten

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In Mitten des Pazifiks, im Herzen Polynesiens, hat ein leidenschaftlicher Rennradfahrer vor über dreißig Jahren eine Mission: er möchte den Radsport und die junge Sportart Triathlon auf Hawaii weiter entwickeln und für die Athleten mit dem bestmöglichen Material und Service stets zu Diensten zu sein. Im April 1984 öffnet Frank Smith erstmals die Türen von IT&B, „Island Triathlon and Bike“ und damit den ersten Triathlonstore auf Hawaii; möglicherweise den Ersten weltweit. Triathlon steckte damals noch in den Kinderschuhen, erst als Dave Scott und Mark Allen allmählich mehr Aufmerksamkeit für ihre Schlachten beim Ironman Hawaii in Kailua-Kona erhielten, lockte die ultimative sportliche Herausforderung immer mehr Ausdauerathleten aus aller Welt. IT&B entwickelte sich zu einer unschätzbaren Quelle für ehrgeizige Athleten vor Ort und aller Ambitionierten, die auf der Durchreise waren. Von jenen Tagen der Rahmenschaltung, bis zu aerodynamischen Kohlefaserverbundwerkstoffen und der elektronischen Schaltung, hat Frank Smith die gesamte technische Entwicklung des Sports durchlebt.

Aloha,!“, empfing mich Frank gut gelaunt, „Willkommen auf Hawaii! Lass uns rein gehen.“ „Aloha, Frank. Schön, dass Du etwas Zeit hast?“

Wir gehen quer durch einen bestens sortierten Bike- und Triathlonstore, hinauf in den ersten Stock und vorbei an der Radwerkstatt. Nur Matt, der Chef Mechaniker von IT&B schraubt schon an einer Zeitfahrmaschine. Wir setzen uns in die Küche, die schon einige Jahre auf dem Buckel haben dürfte. Frank macht frischen Kona Coffee und hat dazu selbst gebackene Papaya Muffins mitgebracht.

tri2b.com: Der Küchentisch scheint schon sehr alt zu sein, Frank?
Frank Smith (F.S.): Das stimmt. In diesem Haus war über zwanzig Jahre lang ein asiatisches Restaurant und im ersten Stock wurde gekocht. Wir haben die Küche erhalten und komplett renoviert, der Tisch dürfte aus den Sechzigern sein.
tri2b.com: Auch das Viertel hier wirkt älter, zumindest unterscheidet er sich erheblich vom Rest der Stadt?
F.S.: Dieser Teil Honolulus blieb von den Angriffen auf Pearl Harbor weitest gehend verschont. Das Viertel ist sehr authentisch und gefiel mir am besten, als wir nach Oahu kamen. Einige Häuser wurden vor 1940 erbaut, wie auch das hier. Es hat viel erlebt und ist wie eine kleine Zeitreise in dem Store.

tri2b.com: Du bist nicht auf Hawaii geboren, seit wann lebst Du auf Oahu?
F.S.: Nein, nein. Als ich drei war, mein Vater war bei der Navy, sind wir nach Hawaii gezogen. Nach der ersten Klasse wurde er nach Japan versetzt und wir mussten wieder weg. Ich wurde in Virginia geboren und war später auch dort auf der Universität. Anschließend ging ich zur Navy, nicht so lange wie mein Vater, aber immerhin kam ich dadurch 1969 auf einem U-Boot wieder nach Hawaii.

tri2b.com: Bist Du dann gleich auf Hawaii geblieben?
F.S.:Leider nicht, ich war bereits verheiratet … Frank schmunzelt aber ich hatte eine Entscheidung getroffen. Als ich wieder zurück in Virginia bei meiner Frau war, habe ich die Navy verlassen und eine Stelle bei der Regierung angenommen. Ich liebe das Meer, aber fester Boden unter den Füssen war mir lieber.

tri2b.com: Bist Du damals schon Rad gefahren?
F.S.: Ja, ich habe oft Touren gemacht. Es gab längst noch keine so gute Rahmen und Komponenten, wie dann später. Die ersten Mountainbikes haben zwar einiges ausgehalten, waren aber auch ziemlich schwer. 1975 habe ich mich für eine interne Stelle auf Hawaii beworben und wurde prompt genommen. Zusammen mit meiner Frau bin ich dann nach Oahu gezogen, diesmal für immer. Auf Hawaii fuhr ich fast täglich mit dem Rad, anfangs noch mit dem Mountainbike und später habe ich gelegentlich das Rennrad eines Freundes geliehen. Wir haben gemeinsam mit einer kleinen Rennradgruppe trainiert und so wuchs meine Begeisterung. Es haben sich auch sehr gute Freundschaften daraus entwickelt und wir hatten schließlich alle das Ziel unsere Leidenschaft für Räder weiter auf Hawaii auszubauen.

tri2b.com: Nun ist ja Oahu keine sehr große Insel, wo trainierst Du denn hier?
F.S.: Ja, es wird schnell langweilig … Frank lacht Nein, eher selten. Gleich hier die Strasse hinauf, vorbei an der Universität kommt der Tantalus Drive. Eine Panoramastraße mit vielen Serpentinen und einem langen Anstieg über einige Hügel. Das sind natürlich nicht die Alpen, aber ein gutes Bergtraining und ein herrlicher Kurs mit einer großartigen Aussicht auf’s Meer. Mit dem Rennrad kann man oben durch den Tunnel, hinüber zur Ostküste fahren und eine schöne Schleife auf der anderen Seite machen. Es geht natürlich auch weiter nach Norden, das ist eine durchaus anspruchsvolle Strecke, besonders der Weg von Haleiwa über den „Three Hanky Hill“. Mit dem Mountainbike dagegen sind die Möglichkeiten großartig und das Naturerlebnis noch um einiges spektakulärer. Es gibt eine Vielzahl von Trials in beinahe jedes Tal der alten Vulkankette und während der Osten Oahus wie ein Dschungel etwas kühler und vor allem feucht ist, erlebt man an der Westküste das Gegenteil mit Hitze und Trockenheit.

tri2b.com: Sind denn die vielen Autos und der Verkehr auf den kleinen Straßen nicht gefährlich?
F.S.: Ja, schon. Man muss schon sehr aufpassen und immer konzentriert sein, um am Ende nicht im Straßengraben zu landen oder an einem der scharfen Lavafelsen zu kleben. Man muss auch wissen, dass die wenigsten Hawaiianer gute Autofahrer sind. Woher auch, sie kommen ja nicht weit und fahren stets die selben Straßen. Mit dem Rennrad unterwegs auf den Straßen Hawaiis ist meine Spezialität. Ich biete sogar Kurse an, wie man sich am sichersten durch den Verkehr auf der Insel bewegt. Man muss wissen, dass Ende der Siebziger auf Hawaii noch kaum jemand mit dem Fahrrad unterwegs war, jeder fuhr Auto, sogar zum Bäcker um die Ecke. Regelmäßig gab es ein Verkehrschaos in Honolulu. Es gab allerdings auch keine vernünftigen Räder, Rennräder oder Mounties, und Ersatzteile zu kaufen, wir waren Exoten. Wir wollten das ändern.

tri2b.com: Wie habt ihr dann euere Räder in Stand gehalten?
F.S.: Wir haben die Räder selbst repariert und uns gegenseitig geholfen. Ersatzteile haben uns Freunde vom Festland geschickt. Es hat allerdings eine Weile gedauert, bis die Teile geliefert wurden. 1978 fand auf Oahu schließlich der erste Ironman statt, gleich hier, die Straße runter am Strand von Waikiki. 12 Triathleten haben damals teilgenommen und es gab kaum Zuschauer, aber das Interesse der Radhersteller wurde geweckt. Bei der dritten Auflage, 1980, waren es über 100 Teilnehmer und zwei Frauen. Das Wetter war seit Tagen schlecht, so dass sie das Rennen um einen Tag verschoben haben und wegen zu hoher Wellen schließlich im Ala Moana Channel geschwommen wurde. 1981 ist der Ironman nach Kailua-Kona umgezogen, der Verkehr in Honolulu war einfach zu groß und es war zu wenig Platz. Aber der Ironman hat einen Boom auf Hawaii ausgelöst und immer mehr Menschen wollten vernünftige Räder oder brauchten Ersatzteile.
ri2b.com: Hast Du denn auch am Ironman teilgenommen?
F.S.: Nein, nie. Aber ein guter Freund, John Collins, war beim ersten Ironman dabei und wurde immerhin Neunter. Auf Oahu gab es dann auch den Tinman Triathlon. Der Tinman sollte für Jedermann sein, bei dem vor allem der Spaß im Vordergrund stand. Ich hatte keine Zweifel das Radfahren zu überstehen und schwimmen konnte ich seit der Navy auch einigermaßen gut, aber Laufen. John meinte, dass ich die 10 Kilometer locker schaffen würde, also nahm ich 1982 am Tinman teil. John war eher ein Läufer, aber er war auch daran interessiert, den Radsport auf Hawaii voranzubringen. Wir kannten uns von der Trainingsgruppe. Der Tinman war mein aller erster Triathlon und ich erinnere mich heute noch gut daran, wie schmerzhaft das war, aber er hat auch meine Leidenschaft geweckt.

tri2b.com: Machst Du denn immer noch Triathlon?
F.S.: Oh ja, seit meinem ersten Tinman mache ich jedes Jahr ungefähr fünf bis sieben Wettkämpfe. Fast jeden Monat findet hier irgendwo auf der Insel ein Triathlon statt. Nächste Woche ist an der North Shore der Haleiwa Triathlon.

tri2b.com: Wie kam es dann zu der Idee mit IT&B, denn wegen einer Handvoll radbegeisterter Freaks eröffnet man ja noch kein Fahrradgeschäft?
F.S.: Ja genau. 1982 organisierte ich erstmals ein 100 Meilen Radrennen auf Oahu, den „Honolulu Century Ride“ bei dem damals 500 Teilnehmer starteten. Im nächsten Jahr berichtete eine Zeitung im Vorfeld über die Veranstaltung und es kamen über 1000 Radsportler. Im Jahr darauf verdoppelte sich die Anzahl der Starter noch einmal und auch die Nachfrage an guten Rädern stieg. Als ich immer mehr Zeit für den Radsport und Triathlon investierte, beschlossen wir 1984 uns voll und ganz unserer Leidenschaft zu widmen. Ich kündigte meinen Job und machte mich zusammen mit meiner Frau selbständig. Während zwei unserer Freunde begannen Radtouren anzubieten, eröffneten wir den ersten Triathlon und Bikestore auf Hawaii. Ich habe dann Kontakte zu Herstellern am Festland aufgenommen und rannte offene Türen ein, zumindest bis es um den Versand nach Hawaii ging. Wie es der Zufall so wollte, drängte Cannondale auf den Markt und war von unserem Vorhaben begeistert. „Wow“, dachte ich, „wir bekommen exklusiv Cannondale Bikes“. Es gab einige gute Hersteller, alle bauten mittlerweile Rahmen aus Aluminium, wie z.B. Vitus, Alan, aber auch Klein. Klein war sehr innovativ und hatte ausgefeilte Details, die Rahmen waren steif und leicht, allerdings auch kaum bezahlbar. Cannondale brachte ein Bike heraus, das ziemlich ähnlich und gut verarbeitet war, aber nur die Hälfte kostete.
tri2b.com: Und Cannondale hat euch die Rahmen nach Hawaii geliefert?
F.S.: Richtig, das ließ sich natürlich nicht weiterhin in unserer Garage realisieren. Eines Abends laufe ich dann die Kapahulu Avenue zum Strand hinunter und sehe dieses Haus, das zu mieten war. Am nächsten Morgen haben wir es angeschaut und sofort unterschrieben. Es lief vom ersten Tag an super und der Store war ein voller Erfolg. Die Idee unserer Freunde und den Radtouren kam dagegen nicht so gut an. Für Cannondale haben wir damals gute Arbeit gemacht. So gut, dass sie eines Tages selbst einen Laden, nicht weit von hier, eröffnet haben. Wir sind auf Trek Räder umgestiegen, aber die haben es nach einigen Jahren ähnlich gemacht. Das hat uns aber nicht weiter gestört, denn es lief großartig und wir wollten uns stets von typischen Bikestores unterscheiden. So blieben wir weiter innovativ und haben mit dem Radsport auch Triathlon weiter ausgebaut. Es gab zwar bisher wenige spezielle Triathlonartikel, aber wir hatten Laufschuhe, Schwimmzubehör und Bekleidung im Angebot. Mit Laufschuhen konnten wir jedoch nicht viel Geld verdienen, so haben wir mit Running Room, die nur wenige Meter von hier die Straße hinauf sind, einen Spezialisten und seit 1991 eine gute Kooperation.

tri2b.com: Mit ging es dann schließlich weiter mit Triathlon und Radsport?
F.S.: Nachdem wir bei IT&B mit Mountainbikes begonnen hatten und lange beides im Store anboten, haben wir uns Ende der Neunziger ganz auf Triathlon- und Rennräder spezialisiert. Anfangs haben uns Cannondale und Trek zwar super unterstützt, wir haben für beide aber auch hervorragende Pionierarbeit auf Hawaii geleistet. Durch den Triathlon ergab sich schließlich auch eine Zusammenarbeit mit Scott. Wir hatten einige Hersteller im Laufe der Jahre und versuchen heute nach wie vor mit innovativen und neuen Herstellern zusammenzuarbeiten, die eine gute Qualität zu fairen Preisen anbieten.

tri2b.com: Im Grunde hast Du die gesamte Entwicklung des Sports miterlebt, was war für Dich die größte technische Innovation in dieser Zeit?
F.S.: Das war natürlich der Aerolenker, Mitte der Achtziger, von ihm ging die Veränderung der gesamten Radgeometrie aus. Die größte Innovation war jedoch die Einführung von Kohlefaserverbundwerkstoffen. Sie ermöglichten leichtere Rahmen und Anbauteile, vor allem aber wurden dadurch erst richtige aerodynamische Konstruktionsformen möglich.

tri2b.com: Welche Technik, denkst Du, wird die nächsten Jahre besonders prägen?
F.S.: Ich denke, dass elektronischen Bauteile zunehmen werden, die Möglichkeiten sind heute noch gar nicht vorstellbar. Shimano hat mit der Di2 Baureihe erst den Anfang gemacht und andere wie Campagnolo oder Sram werden nachlegen. Das Potential ist riesig. Die Versorgung der Komponenten mit Strom könnte außerdem durch den Sportler übernommen werden, immerhin erzeugt er sehr viel Energie im Laufe seines Trainings oder eines Ironmans, die man sinnvoll nutzen kann.

tri2b.com: Welches Rad und welche Komponenten fährst Du momentan?
F.S.: Ich habe erst vor kurzem ein neues Triathlonbike zusammengestellt, ein Cervélo S3 mit Dura Ace Di2 und 404 Laufrädern von Zipp. Ich hätte gerne eine Zeitfahrmaschine, wie das P3 gehabt, aber ich fahre mittlerweile lieber etwas aufrechter und bin schließlich nicht mehr der Jüngste.

tri2b.com: Den Eindruck habe ich ganz und gar nicht, Frank. Herzlichen Dank für das spannende Interview und den guten Kaffee.

Am 31. Juli 2011 hat Frank erneut am Tinman Triathlon teilgenommen und wurde Zweiter seiner Altersklasse in 2:48:24 Stunden. Von 600 Startern erreichte er gesamt den 358. Platz und fuhr die 40 km in 1:12 Stunden.67971

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