tri2b.com: Orca hat im vergangenen Jahr eine komplett neue Triathlon-Wetsuit-Kollektion auf den Markt gebracht und sich gleichzeitig von den in der Szene etablierten Modellnamen Predator, Alpha, 3.8 und Sonar verabschiedet. Warum gab es diese komplette Neuausrichtung?
Ander Lopez (A.L.): Es war eine schwierige Entscheidung, da die Namen Predator, Alpha, 3.8 und der Rest der Orca-Triathlonanzüge auf dem Markt sehr bekannt waren. Wir haben jedoch eine tiefgreifende Analyse durchgeführt und sind zu dem Punkt gekommen, dass wir unsere Kunden mit der bestehenden Matrix so sehr einschränken. Je nach Schwimmtechnik konnte man sich nur auf zwei verschiedene Anzugmodelle beschränken, die beide sehr ähnliche Eigenschaften hatten. Es wurde zum Beispiel nicht richtig berücksichtigt, dass es unterschiedlich lange Rennen gibt. Selbst wenn jemand eine gute Schwimmtechnik und Wasserlage hat, hätte er nach der alten Produkteinteilung bei einem Rennen über die volle Ironman-Distanz nicht den Predator oder den Sonar bevorzugt, obwohl die beiden Modelle für die Leistung mit dem moderaten Auftrieb wohl besser gewesen wäre.
Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, die Matrix und die gesamte Orca Triathlon-Wetsuit-Serie zu ändern. Um unseren Kunden die Möglichkeit zu geben, innerhalb unserer gesamten Produktpalette zu wählen, und um die Auswahl zu vereinfachen. Wir dachten, dass es einfach sein würde, die Hauptmerkmale jedes Modells zu identifizieren. Flex für die flexibelsten Neoprenanzüge, Float für die mit dem größten Auftrieb und Flow für diejenigen, die Flexibilität und Auftrieb kombinieren. Alle diese Optionen sind in zwei Familien unterteilt, die Apex (High End Performance) und die Athlex (erschwingliche Performance).
tri2b.com: Wie lange hat die Entwicklung der neuen Neoprenkollektion gedauert und was waren die größten Probleme, die es zu lösen galt?
A.L.: Um ehrlich zu sein, war es unser größtes Problem, darüber nachzudenken, wie wir die bestehenden Neoprenanzüge verbessern können. Wir hatten einige klare Ideen, aber das war nicht genug. Wir wollten einen großen Schritt nach vorne machen. Das war unsere erste und wichtigste Frage vor zwei Jahren, während der Corona-Pandemie. Nach und nach haben wir mit der Entwicklung begonnen. Es kam erschwerend hinzu, nicht zu unseren Produktionsstätte reisen zu können und den Kollegen unsere Ziele, Änderungswünsche und Verbesserungsvorschläge direkt zu erklären. Die ersten Prototypen waren weit von unserem gewünschten Neoprenanzug entfernt, aber nach und nach kamen wir ihm näher. Wir konnten die Neoprenanzüge selbst testen, einige Änderungen vornehmen und schließlich die Qualität durch Tests mit unseren Profi-Athleten bestätigen.
Orca-Produktmanager Ander Lopez (recht) beim Test eines Prototypen-Wetsuits, zusammen mit dem dreimaligen Xterra Weltmeister Ruben Ruzafa – © Orca
tri2b.com: Wie muss man sich den Weg von der Konzeption zum marktreifen Produkt vorstellen?
A.L.: Unsere Neoprenanzüge sind seit vielen Jahren auf dem Markt, und unser Team kennt das Verhalten der Materialien und die Herstellungsprozesse sehr gut. Sobald wir wussten, wie das Sortiment umstrukturiert werden sollte, um eine Komplettlösung für die Bedürfnisse von Triathleten zu bieten, war die Erstellung der technischen Spezifikationen sehr einfach.
Da wir jedes Jahr Tausende von Neoprenanzügen verkaufen und eine große Anzahl von Athleten und Athletinnen sponsern, war der Zugang zu Daten, die unsere Entscheidungen unterstützten, ebenfalls sehr einfach. Es ging nur darum, die richtigen Fragen zu stellen, die uns bei der Weiterentwicklung halfen.
tri2b.com: Orca wurde 1995 gegründet und stellt seit fast 30 Jahren Neoprenanzüge für den Triathlon her. Wie haben sich die Anforderungen der Triathleten im Laufe der Zeit verändert? Wirkt sich zum Beispiel aus, dass durch den Klimawandel immer mehr Triathlon-Wettbewerbe am Rande des Neoprenanzugverbots stattfinden?
A.L.: Leider ist dies eine Realität, die berücksichtigt werden muss. Etwa 40 % der Ironman-Rennen finden an der Grenze zum Wetsuit-Verbot statt, so dass die Zahl der Athleten, die mit Neoprenanzügen antreten, davon betroffen sein könnte.
Am bemerkenswertesten ist vielleicht die Entwicklung der Art der Wettkämpfe und des Schwimmniveaus der Athleten und Athletinnen. Vor Jahren musste der Neoprenanzug praktisch ein Surfbrett sein, bei dem man die Beine nicht benutzen musste. Heute hat sich das durchschnittliche technische Niveau stark verbessert, und die Neoprenanzüge haben sich angepasst, um die bestmögliche Position zu erreichen.
Ein weiterer wichtiger Faktor sind die neuen Technologien, die die Neoprenanzüge immer leichter und elastischer machen. Was sich nicht geändert hat, ist, dass das Schwimmen nach wie vor die Triathlon-Disziplin ist, vor dem die meisten die Athleten und Athletinnen am meisten Angst haben …
tri2b.com: Die Triathlon-Regelwerke enthalten genaue Vorgaben zur Materialstärke. Wäre es ohne diese Einschränkungen möglich, einen noch schnelleren Neoprenanzug zu entwickeln?
A.L.: Jede Regel ist für sich gesehen eine Einschränkung. In diesem Sinne denke ich, dass Neoprenanzüge ohne beschränkende Regeln vielleicht noch schnellere Schwimmzeiten ermöglichen könnten. Aber das ist meiner Meinung nicht die richtige Art dieses Thema zu sehen. Das Ziel der Beschränkungen ist es ja nicht das Schwimmen langsamer zu machen, sondern einen fairen Wettkampf zu ermöglichen und die Gesundheit der Athleten und Athletinnen zu schützen.
Das Orca-Erfolgrezept – die Liebe zur Detailarbeit – © Orca
tri2b.com: In den fast drei Jahrzehnten seit der Orca-Gründung haben sich so einige Marken im Triathlon-Neopren-Geschäft versucht und sind bald wieder verschwunden oder sind nur regional erfolgreich. Was ist das Erfolgsrezept von Orca?
A.L.: Absolute Leidenschaft für den Triathlon, harte Arbeit, effektive Zusammenarbeit mit Lieferanten und aktives Zuhören bei unseren Kunden. Es ist kein Geheimnis, dass wir unsere Arbeit und den Ozean lieben.
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Orca steht seit fast drei Jahrzehnten wie keine andere Marke für Triathlon-Wetsuits auf allerhöchstem Niveau. Orca, 1994 im fernen Neuseeland gegründet, wird heute von Mallabia in der nordspanischen Provinz Bizkaia aus gelenkt. Im baskischen Orca Hauptsitz findet auch die komplette Entwicklungsarbeit statt. Durch die Nähe zum Golf von Biskaya kann das komplette Wassersportsortiment jederzeit vor Ort auf Herz und Nieren getestet werden. Und auch die baskische Triathlon-Hochburg Vitoria-Gasteiz liegt keine Autostunde entfernt. Verantwortlich für die Orca Wetsuit-Kollektion ist Produktmanager Ander Lopez. Der 34-jährige Industrie-Ingenieur ist direkt an er Atlantikküste aufgewachsen und der Wassersport ist seit der Kindheit seine Passion. Sportlich war er deshalb auch schon als Freiwasser-Schwimmer, Triathlet und Surfer unterwegs. Den Orca R&D-Bereich verantwortet Ander Lopez seit gut einem Jahr. Wir haben mit dem Basken über die im Vorjahr durchgeführte komplette Neuausrichtung der Orca Triathlon-Neopren-Kollektion, die Veränderung der Kundenansprüche und die Regelwerkbeschränkungen gesprochen.
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