tri2b.com: Du bist als bisher einzige Triathletin zum vierten Mal für die Olympischen Spiele qualifiziert. Wie gelingt es dir, solange so konstante Leistungen auf diesem Niveau zu erbringen?
Anja Dittmer (A.D.): Ein bisschen triathlonverrückt muss man dafür schon sein. Wichtig ist aber auch, immer voll am Ball zu bleiben. Ich habe die ganzen Jahre über dem Sport alles andere untergeordnet und war immer fleißig am Trainieren. Dennoch habe ich neben all dem harten Training nie den Spaß am Sport verloren. Außerdem muss man sich immer weiterentwickeln. Das bedeutet beispielsweise, neue Trainingsreize zu setzen. Auch habe ich jedes Jahr ein leicht verändertes Athletikprogramm. Wichtig ist mir, neue Wege zu gehen. Als ich in Neuseeland war, habe ich völlig andere Trainingsmethoden kennengelernt. Das ein oder andere schaut man sich ab und baut es in seinen eigenen Plan ein. Außerdem darf man nie die Freude verlieren, ständig an sich arbeiten zu wollen. Denn im Grunde lernt man nie aus. Ich sehe ja, wo ich mich noch verbessern kann. Sobald ich mich auf eine Sache konzentriere, entwickele ich mich in dem Bereich auch weiter, was auf diesem hohen Niveau natürlich nicht ganz so einfach ist.
tri2b.com: Wie sieht denn dein Trainingspensum aus?
A.D.: Eigentlich ist es das ganze Jahr über sehr konstant bei 25 bis 30 Wochenstunden. Nach Wettkämpfen kann es natürlich auch schon mal etwas ruhiger zugehen. Und im Winter, wenn ich überwiegend Grundlagentraining absolviere, sind es schon mal mehr als 30 Stunden. In den letzten Wochen vor der Olympia trainiere ich viel nach Gefühl, steigere zum Schluss die Intensitäten und fahre die Umfänge natürlich runter.
tri2b.com: Was bedeutet dir die Teilnahme an den Olympischen Spielen im Vergleich zum Sieg beim ITU Weltcup 2004? Spielen hier andere Kriterien eine Rolle?
A.D.: Die Olympischen Spiele sind immer etwas ganz Besonderes. Schließlich schaut fast die ganze Welt zu. Dadurch ist der Druck natürlich viel höher. Und es ist viel schwieriger hier zu gewinnen. Olympia hat seine eigenen Gesetze, da liegt viel mehr Spannung in der Luft. Sie sind für mich das größte sportliche Ereignis und finden auch nur alle vier Jahre statt. Es haben nur wenige Sportler die Chance, hier teilzunehmen. Deshalb versuche ich neben der Anspannung auch, das Ganze möglichst intensiv zu erleben.
tri2b.com: Welche Ziele hast du am 4. August in London?
A.D.: Natürlich ist es schon ein Ziel, überhaupt dabei zu sein. Und ich möchte gesund und topfit an der Startlinie stehen und dann wird der Rest schon. Man weiß nie, was bei so einem Wettkampf passiert. Die Leistungsdichte ist so eng, dass alles möglich ist.
Aber natürlich will ich das Beste aus mir rausholen und versuchen, auf den vorderen Plätzen mit dabei zu sein.
tri2b.com: Fühlt sich die Qualifikation für die vierte Teilnahme anders an als die erste?
A.D.: Es fühlt sich sicherlich etwas anders an, aber ich habe mir bei jeder Quali einen Traum erfüllt und manchmal kann ich es selbst kaum glauben, das ich nun schon zum vierten Mal zur Olympia fahren darf. Ich habe oft gesehen, wie eng Freud und Leid beieinander liegen.
tri2b.com: Inwiefern?
A.D.: Letztendlich gibt es eben nur eine bestimmte Anzahl an Plätzen. Und oft sind die Qualifikationsrennen sehr knapp. 2008 beispielsweise habe ich bei einem Rennen 800 Meter vor dem Ziel noch meine Kollegin Joelle Franzmann überholt und mir damit das Ticket für die Olympischen Spiele gesichert. Sonst hätte sie sich qualifiziert.
tri2b.com: Wenn du die letzten drei Olympiaden miteinander vergleichst, hat sich der Triathlonsport verändert, speziell bei den Frauen?
A.D.: Der Sport hat sich verändert, er ist immer etwas schneller und noch taktischer geworden. Deshalb muss man immer aufpassen und die anderen Athleten beobachten. Oft kennt man ja die Stärken und Schwächen der anderen Athleten. Dennoch kann man sich nie sicher sein, ob eine Attacke gefahren wird. Dieses Taktieren kommt sicher auch daher, weil die Leistungsdichte bei den Frauen viel höher ist als früher.
tri2b.com: Wie viel Unterstützung bekommst du von deinem Umfeld?
A.D.: Sehr viel. Dafür möchte ich gerne den Personen in meinem Umfeld danken, die mir auf meinem Weg nach London helfen. Und auch meinen Sponsoren und Förderern, ohne die der Sport auf diesem Niveau nicht möglich wäre. Das gilt der DTU, der Sporthilfe, der Bundeswehr, dem SC Neubrandenburg/ Mecklenburg-Vorpommern, Bromelain-Pos, asics, Rose Fahrräder und Ultra-Sports.
tri2b.com: Gibt es schon Pläne für die Zeit nach London?
A.D.: Ganz konkrete Pläne gibt es noch nicht. Aber London wird wohl meine letzte Teilnahme an einer Olympiade sein, Ich kann mir gut vorstellen, noch ein zwei Jahre auf der olympischen Distanz aktiv zu sein. Über eine Langdistanz habe ich auch nachgedacht, das würde ich schon gerne mal ausprobieren nach all den vielen Trainingsjahren. Eine Entscheidung werde ich aber erst nach den Olympischen Spielen treffen. Im Moment konzentriere ich mich voll auf London.
tri2b.com: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg in London.