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Boris Stein: Ich erwarte auf dem Rad ein superschnelles Rennen

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Vor acht Jahren stand Boris Stein erstmals an der Startlinie einer Ironman Weltmeisterschaft. Der Eitelborner wurde damals 20. am Alii Drive. Es folgten drei Kona Top Ten-Platzierungen, bevor die letzten Jahre von Verletzungen und sportlichen Rückschlägen geprägt waren. In St. George will der 37-Jährige, der in seiner Profikarriere insgesamt drei Ironman-Rennen gewinnen konnte, endlich wieder im Konzert der Großen ein Wörtchen mitreden. Wir haben mit Boris Stein zum Start in die Race-Week über die Bedingungen vor Ort, die Zielsetzung für den Raceday, die Wertigkeit der WM und seiner Zukunft als Triathlon-Profi gesprochen.

tri2b.com: Du bist schon knapp zwei Wochen vor dem Raceday nach St. George angereist. Was waren deine Beweggründe?
Boris Stein (B.S.): Die frühe Anreise war ein Learning aus früheren Starts in den USA, da ich gemerkt habe, dass mich das veränderte Klima und die Zeitumstellung doch etwas länger beschäftigt. Bei einem so wichtigen Rennen wie die WM schadet es daher nicht etwas früher vor Ort zu sein. Außerdem ist das auch dem Trainingsprozess geschuldet. Zuhause nimmt man so schon etwas früher raus und macht dann vor Ort unter rennähnlichen Bedingungen noch zwei, drei richtige Trainingseinheiten mit höheren Intensitäten bis über die Renngeschwindigkeit hinaus. Das fand in der ersten Woche hier in St. George statt, jetzt ist das Training abgeschlossen.
tri2b.com: Wie empfindest du die Bedingungen vor Ort?
B.S.: Es ist eine absolut WM-würdige Strecke. Beim Schwimmen ist vor allem die Wassertemperatur die Herausforderung. Gestern waren es nur so 14 Grad, das ist echt frisch. Schwimmen im langsamen Trainingstempo ist unangenehm, aber im Wettkampftempo wird es einem dann schon einigermaßen warm werden. Beim Radfahren spürt man die vielen Höhenmeter durchaus, vor allem die längeren Anstiege im zweiten Teil. Ich denke es wird trotzdem ein sehr schnelles Rennen auf dem Rad werden. Es sind amerikanische Straßen wie man sie sich vorstellt, geradeaus mit wenig Kurven. Man muss eigentlich nie bremsen und könnte die Bremsen getrost abmontieren. Die Laufstrecke ist für St. George-Verhältnisse, im Vergleich zu den dort sonst ausgetragenen 70.3-Rennen, fast schon als flach zu bezeichnen. Trotzdem geht es entweder hoch oder runter.
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Boris Stein: "Auf dem Rad wird die Post abgehen, der Kurs ist trotz der Höhenmeter richtig schnell – © Boris Stein
tri2b.com: Du giltst als ganz starker Radfahrer, bist auf Hawaii in der Vergangenheit schon die Radbestzeit gefahren und auch jetzt beim Vorbereitungsrennen auf Lanzarote. Sehen wir am Samstag endlich wieder einen Boris Stein in Topform?
B.S.: Ich muss sagen, dass ich grundsätzlich in einer guten Form bin. Ich konnte sechs Monate am Stück ohne Probleme durchtrainieren. Das ist mir seit 2018 nicht mehr gelungen und deshalb gibt es diesmal keine Ausreden. Trotzdem beginnt es am Raceday wieer bei null.
tri2b.com: Wenn du also schon auf die Bremsen verzichtest. Was wird ansonsten noch an deiner Rennmaschine dran sein? Bei dem erwarteten schnellen Rennen zählt jedes eingesparte Watt. Welchen Einfluss haben die Windbedingungen auf dein Race-Setup?
B.S.: Es war letzte Woche sehr unterschiedlich. Es waren windige Tage dabei und auch Tage ohne Wind. Durch den sehr frühen Start um 6:15 Uhr Ortszeit sitzen wir um kurz nach 7 Uhr schon auf dem Rad und sind kurz nach 11 Uhr mit dem Radfahren fertig. In dieser Zeit wird wohl noch nicht so viel Wind aufkommen, der gegen ein vollständiges Aero-Setup spricht. Es wird die schnellstmögliche Kombination mit DT Swiss ARC 1100 DICUT Disc Scheibe und vorne einem 80er ARC 1100 DICUT DB Laufrad, sowie Schwalbe Tubeless-Reifen mit 23 mm vorne und 28 mm hinten werden.
tri2b.com: Gerade die Laufstrecke, mit den unangenehmen Downhills könnte der Scharfrichter werden. Du zählst zu den großen Athleten und bringst dadurch auch etwas mehr Gewicht mit. Ist hoch oder runter laufen für dich problematischer?
B.S.: Die Streckenführung ist schon lange bekannt und ich habe deshalb ins Training spezielle Einheiten eingebaut, wo es sowohl bergauf und auch bergab in der zu erwartenden Renngeschwindigkeit zur Sache ging, um die Muskulatur optimal vorzubereiten. Bergauf ist mehr Gewicht nie ein Vorteil, allerdings geht es eben auch wieder bergab, und da kann ich mit meiner Schrittlänge auch wieder was gutmachen.
tri2b.com: Hat das Streckenprofil bei dir einen Einfluss auf die Laufschuhwahl?
B.S.: Ich unterscheide da nicht zwischen flachen und bergigen Laufstrecken. Ich laufe generell mit dem Carbon X3 von Hoka. Speziell für diesen Kurs hier hat das Modell den Vorteil, dass die durchgehende etwas breitere und nicht zu weiche Laufsohle bei den Downhills auch im ermüdeten Zustand noch für ordentlich Stabilität und Komfort sorgt.
tri2b.com: Deine beste Hawaii-Platzierung war der sechste Platz 2016, außerdem warst du zweimal Zehnter (2015/2017). Wo soll es am Samstag hingehen, damit du zufrieden bist?
B.S.: Ich bin in die Saison mit der Zielsetzung einer Top Ten-Platzierung reingegangen. Dieses Ziel hat sich nicht verändert. Ich weiß, dass ich dort schon einmal war und deshalb wäre ein anderes Ziel für mich auch nicht motivierend. Es geht mir darum nach den drei Jahren zu zeigen, in denen ich immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen wurde, dass ich noch zur Weltspitze auf der Langdistanz zähle. Außerdem ist der finanzielle Aspekt gegeben. St. George ist für mich als zweifacher Familienvater kein Urlaubstrip. Wenn ich nachhause komme, will ich nicht draufgelegt haben.
tri2b.com: Nach den beiden finanziell schweren Corona-Jahren hast du Ende letzten Jahres zwei Hauptsponsoren verloren und wurdest daraufhin zitiert, dass du dich aktuell als Hobbytriathlet siehst. Und auch ein Fragezeichen dahintersteht, wie es nach St. George mit dir weitergeht. Wie ist der aktuelle Stand.
B.S.: Es gibt eine Planung bis zum Ende der Saison 2022. Ich hatte irgendwo gelesen, dass 2022 meine letzte Saison als Triathlonprofi ist. Das stimmt so nicht. Über 2022 hinaus wird es so aussehen:  Entweder ich kann Triathlon als Profi weiterbetreiben oder eben nicht. Wenn ich Triathlon voll betreibe, dann will ich die daneben noch verfügbare Zeit mit meiner Familie verbringen und nicht noch ein zweites Standbein aufbauen müssen. Deshalb muss die finanzielle Basis stimmen, wofür ich schon seit November kämpfe und das wird auch am Samstag hier so sein. Das große Ziel ist, dass das Projekt Triathlon-Profi Boris Stein weiter eine Zukunft hat.
tri2b.com: Wenn du dein Top Ten-Ziel erreichst, dann wirst du bei den acht zur Verfügung stehenden Kona-Slots auch die Hawaii-Quali für den Oktober sicher haben. Sehen wir dich dann am Alii Drive?
B.S.: Die Entscheidung wird von der eigenen sportlichen Leistungsfähigkeit und den finanziellen Rahmenbedingungen abhängen. Der Supergau wäre, wenn ich hier mit Rang 16, wo es kein Preisgeld mehr gibt, noch die Kona-Quali schaffe. Wenn man nicht auf dem Podium steht, dann ist Hawaii kurzfristig gesehen immer ein Zuschussgeschäft. Deshalb ist noch offen, ob ich eine Hawaii-Quali auch wirklich wahrnehmen werde.
tri2b.com: Hawaii wird auch jenseits der Fachmedien deutlich wahrgenommen. Wie ist die Wahrnehmung von St. George, nachdem viele Topathleten wie Jan Frodeno und Patrick Lange absagen mussten?
B.S.: Es ist grundsätzlich nicht gut für den Sport, wenn die zwei besten Deutschen fehlen. Das nimmt die Aufmerksamkeit weg, auch für die anderen Athleten, die dort starten. Es wird keinen Vorbericht in der Bildzeitung geben, wenn Jan und Patrick fehlen. Für mich persönlich zählt der nationale Blickwinkel, der für die Medien natürlich wichtig ist, nicht. Mir geht es vor allem um die eigene Performance und um ein würdiges WM-Rennen. Die Wertigkeit von St. George zeigt sich auch daran, dass mit Jan Frodeno und Lucy Charles-Barclay zwei Topstars aufgrund von Überlastungsverletzungen fehlen. Für ein bedeutungsloses Rennen trainiert sich niemand in eine Verletzung hinein. Da ist es individuell im Anschluss verständlich zu sagen, jetzt blicke ich auf Kona, weil das sowieso über allem steht. Diese Aussagen entsprechen aber nicht dem, wie die Athleten in Vorfeld bis zur Verletzung trainiert haben. Da wurde alles gegeben, um topfit in St. George an der Startlinie zu stehen. Von daher finde ich es schwach zu sagen, Kona ist wichtiger. Am Samstag gibt es die einmalige Chance außerhalb von Hawaii Ironman-Weltmeister zu werden. Wenn einer der Norweger hier in St. George und im Oktober auf Big Island gewinnt, dann ist er vielleicht der Größte und nicht der, der dreimal hintereinander am Alli Drive gewonnen hat.

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