tri2b.com: Normalerweise gibt es das erste Resümee nach 100 Tagen im Amt. Es sind jetzt zwar erst genau zwei Monate, in denen sich aber schon einiges ereignet hat. Sind Sie mit den bisher getroffenen Entscheidungen zufrieden?
Claudia Wisser (C.W.): Ich denke schon. Mir fehlt nur etwas die Geduld. Ich hätte gerne, dass es schneller voran geht. Wir sind in vielen Bereichen auf dem richtigen Weg. Aber es sind eben fast zu viele Baustellen, um alles sofort nach vorne zu bringen.
tri2b.com: Worauf liegt das Hauptaugenmerk?
C.W.: Das ist natürlich die Finanzlage des Verbandes, die ja bekanntlich in der Ära Müller-Ott ziemlich in die Schieflage gekommen ist.
tri2b.com: Sicher ein Pulverfass. Die Basis hat immer wieder Transparenz im Bereich der Finanzen angemahnt. Es ging aber bekanntlich genau in die andere Richtung, was in der Absetzung von Herrn Dr. Müller-Ott seinen Höhepunkt fand. Wie schaffen Sie es hier bei den Verbandsmitgliedern wieder Vertrauen zu gewinnen?
C. W. Hier müssen wir ganz klar einen anderen Weg einschlagen. In der Vergangenheit gab es hier keine Transparenz. Es kommen jetzt nach und nach Sachen an das Tageslicht, die uns das alte Präsidium vorenthalten hat. Zum Glück haben wir mit Herrn Dr. Ralf Eckert als Vizepräsident Finanzen jetzt einen Spezialisten im Bereich Steuerrecht und Finanzcontrolling. In Zukunft wird es eine einsehbare Ein- und Ausgabenrechnung geben, dann ist klar erkennbar: woher kommen die Gelder und wohin fließen die Gelder. (Dr. Eckert ist Fachanwalt für Steuerrecht und betreibt in Eching bei München eine Kanzlei für Unternehmensrecht, Anmerk. d. Redaktion)
tri2b.com: Wie viel Geduld bringen die Landesverbände mit ihren Mitglieder und Veranstaltern mit. Können Sie sich deren Rückendeckung sicher sein?
C. W. Das Wahlergebnis hat im November unter den gegebenen Umständen ein am Ende doch klares Votum ergeben. 190 Stimmen entfielen auf mich, 84 auf den noch verbliebenen Gegenkandidaten.
tri2b.com: Gerade die Veranstalter waren in der Vergangenheit alles andere als glücklich. Hohe Abgaben und so gut wie keine Gegenleistung war landauf, landab zu hören. Gibt es für diesen Bereich neue Ansätze?
C. W. Ein langfristiges Ziel ist es, von der starren 10 Prozent-Regel wegzukommen.(Veranstalter im Bereich der DTU müssen 10% der Startgeldeinnahmen an den Landesverband/DTU abführen, Anmerk. d. Redaktion). Die DTU muss hier mehr zum Dienstleister werden und den Veranstaltern auch einen entsprechenden Support bieten. Mit den Veranstaltern im Kraichgau gab es hier schon sehr konstruktive Gespräche.
tri2b.com: Das sind aber Großveranstalter, die ihre Veranstaltung auch nach kommerziellen Gesichtspunkten organisieren. Wird hier auch der kleine Triathlon am Baggersee von den Neuerungen profitieren? Wenn die einen individuellen Vertrag bekommen und die anderen weiterhin starr 10 % zahlen müssen ist das doch unfair?
C. W. Ja, es muss in Richtung einer Einteilung nach Größe gehen, die auch die kleinen Veranstalter berücksichtigt. Wie das Modell genau ausschauen wird, ist derzeit noch unklar.
tri2b.com: Aus dem Bereich des Leistungssports kamen nach unseren Informationen direkt nach der Wahl recht starke Vorbehalte gegen das neu gewählte Präsidium. Konnten Sie sich in ihren Vorstellungen in den ersten Wochen annähern?
C. W. Das stimmt, der Anfang war hier nicht leicht. Das war eine echte Zerreißprobe. Der noch zuständige Sportdirektor Rolf Ebeling hätte hier gerne Dr. Michael Kraus weiter im Amt des Vizepräsidenten Leistungssport gesehen. Nach dem Rückzug von Ute Mückel als Vizepräsidentin haben wir jetzt mit Ramon Gomez-Islinger eine sehr gute Lösung gefunden. Diese Besetzung kam nach einem Vorschlag von Peter Paff, Präsident des Bayerischen Triathlon Verbandes, zustande. Nach diesen ersten Verstimmungen hat sich auch ein konstruktiver Kontakt zum neuen Sportdirektor Wolfgang Thiel und Cheftrainer Roland Knoll ergeben. Ich war vor Weihnachten auch beim Schneelehrgang der Kaderathleten in Sonthofen vor Ort und hatte so auch persönlichen Kontakt zu den Athleten.
tri2b.com: Ein brandaktuelles Thema ist natürlich der Fall Stephan Vuckovic. Wie gehen Sie mit diesem Fall um, der seinen Ursprung ja gerade in den Anfängen ihres Vorgängers Dr. Müller-Ott hat und dessen Offenlegung erst durch das sogenannte Gedächtnisprotokoll des Ehrenpräsidenten Dr. Martin Engelhardt zustande kam.
C. W. Ich kann heute klipp und klar sagen, dass die Deutsche Triathlon Union ein Verfahren gegen Stephan Vuckovic eröffnen wird. Weiter möchte ich mich dazu nicht äußern und bitte den Ausgang dessen abzuwarten.
tri2b.com: Gab es Kontakt zu Stephan Vuckovic?
C. W. Wir haben Stephan Vuckovic gebeten, aktiv an der lückenlosen Aufklärung der Vorwürfe mitzuwirken.
tri2b.com: Sie sind nicht zu beneiden in ihrer Position. Wird man Claudia Wisser im diesem Jahr auch noch als aktive Triathletin sehen? Im letzten Jahr haben sie in Roth in guten 11:14 Stunden gefinisht.
C. W. Mir war mit der Kandidatur klar, dass dieses Amt nur mit einem Herunterfahren des Jobs ordentlich ausführbar sein wird. Der aktive Triathlonsport wird natürlich weniger zum Zug kommen. Die ersten Wochen haben gezeigt, dass hier voller Einsatz gefragt ist, sonst kommt man nicht voran.
tri2b.com: Vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und Durchhaltevermögen für die kommenden Aufgaben.