tri2b.com: Kannst du dich noch erinnern, wann wir das erste gemeinsame Interview geführt haben?
Daniel Unger (D.U.): War das nach meinem DM-Sieg in Schliersee im letzten Jahr?
tri2b.com: Da haben wir auch eines geführt. Das erste Mal haben wir uns nach deinem ersten offiziellen Wettkampftest nach deiner langwierigen Erkrankung mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber unterhalten. Das war im Februar 2005 bei der Wintertriathlon-DM in Oberstaufen.
D.U.: Stimmt, jetzt kann ich mich wieder erinnern. Das war damals der erste Schritt zurück.
tri2b.com: Du hattest vor der WM gesagt, Hamburg soll das Rennen deines Lebens werden. Und dann hat es wirklich geklappt. Glück, Zufall oder Können oder alles zusammen?
D.U.: An dem Tag selber braucht man schon das Quäntchen Glück. Und das Glück, in der Vorbereitung ohne große Verletzungen und Ausfälle durchzukommen. Exakt planbar ist es deshalb so nicht. Ich wollte topfit an der Startlinie stehen. Ich wusste, dass es ums Olympiaticket geht. Top Ten war mein Ziel. Ich hatte ganz ehrlich nie damit gerechnet, dass ich das Rennen auch gewinnen könnte. Die Form ging schon über das Jahr gesehen nach oben und man merkt das auch im Training, dass man langsam wirklich Feuer in den Beinen hat, dass es rollt. Aber dass es letztendlich so ausgeht, ist nicht planbar. Das ist aber auch das Schöne am Sport. Man weiß nie vorher, was man hinterher bekommt.
tri2b.com: Weißt du jetzt wie es geht und kannst du so ein Rennen noch mal wiederholen?
D.U.: Es ist perfekt gelaufen und das werde ich immer in Erinnerung behalten. Jetzt werde ich halt versuchen, auch Peking von der Vorbereitung auch sehr fokussiert, sehr konzentriert, wenige Rennen, wirklich alles diesem Ziel, diesem einen Rennen unterzuordnen. Wenn ich wieder topfit an der Startlinie stehen kann, ist alles möglich. Das hat man ja in Hamburg gesehen.
tri2b.com: Im Sommer hast du ja vor der WM die DM in München absagen müssen. Hat dich das zu dieser Zeit nervös gemacht?
D.U.: Ich war zu diesem Zeitpunkt schon in richtig guter Form. Das war ja direkt nach der EM, die für mich mit der Bronzemedaille auch richtig gut verlaufen ist. Da wusste ich schon, dass die Form da ist und ich bin bei der Deutschen einfach auf Nummer sicher gegangen. Ich war erkältet, hatte Halsweh, aber kein Fieber. Wenn es absolut notwendig gewesen wäre, dann hätte ich es vielleicht sogar versucht. Mit der WM im Hinterkopf war aber klar: Kein Risiko, besser dem Körper ein paar Tage Ruhe gönnen. Ich hatte dann noch genau sieben Wochen zum trainieren und das hat optimal gepasst.
tri2b.com: Du hast in einem früheren Interview gesagt, mit einem deutschen Weltmeister kann die Kurzstrecke ähnlich viel Aufmerksamkeit erhalten wie die Ironman-Distanz. Jetzt ist es soweit. Du hast nun einen Medienmarathon hinter dir und kennst auch Thomas Hellriegel sehr gut. Habt ihr euch da ausgetauscht – Vergleich Hellriegels Hawaii Sieg und dein Weltmeistertitel?
D.U.: Ironman ist schon unheimlich spektakulär. Wenn man das hier auf Hawaii sieht, dann kann man das auch nachvollziehen. Dieses Flair, die Bedeutung von diesem Rennen. Aber mit Hamburg haben wir wirklich mit der Kurzstrecke in Deutschland einen sehr großen Schritt nach vorne gemacht. Es war von den Medien her perfekt. Alle haben Lobeshymnen gesungen. Ganz egal, ob dass das Fernsehen war, ob Fotografen oder Journalisten. Es war eine super Stimmung, eine super Kulisse und das Rennen war wie gemacht fürs Fernsehen. Als Sportler im Aktuellen Sportstudio zu sitzen, ist was ganz ganz Besonderes. Das ist mir jetzt wiederfahren. Das heißt aber auch, das der Triathlon, der Kurztriathlon, auch im Hinblick auf Peking die Aufmerksamkeit bekommt, die er verdient hat. Ich will nicht sagen, dass er aus dem Schatten der Langstrecke herausgetreten, aber wir sind zumindest wieder einen ganz großen Schritt näher gekommen. Wir machen einen Sport – Schwimmen, Radfahren und Laufen. Das ist ähnlich wie in der Leichtathletik, 5.000 Meter und Marathon. Man muss sich spezialisieren. Wir haben alle vier Jahre Olympia als großes Highlight. Ironman Hawaii ist jedes Jahr das große Ziel für die Langstreckler. Wir müssen gemeinsam versuchen, den Triathlon insgesamt nach vorne zu pushen und können so beide voneinander profitieren.
tri2b.com: Wie stark hat sich das Leben des Daniel Unger seit dem 2. September 2007 verändert?
D.U.: Es war immer was los. Ich hatte erst eine Woche vor Hawaii den ersten Tag, wo ich abends ins Bett ging und für den nächsten Tag kein Termin feststand. Es war sehr schön, aber es war auch einfach grenzwertig von der körperlichen Belastung, weil du jeden Tag irgendwo anders bist. Du musst ja auch immer konzentriert sein. Du bist viel im Auto, viel im Flugzeug unterwegs. Und du darfst ja trotzdem kein wirres Zeug daherreden und immer bei der Sache sein. Und von daher bin ich froh, dass ich hier auch Hawaii auch etwas relaxen und den Akku wieder aufladen kann. Sonst sind es nur positive Veränderungen. Es ist schön und ich genieße diese Zeit jetzt auch. Ich weiß aber, dass irgendwann die Normalität wieder zurückkehren wird. Das ist auch gut so, denn dann muss das Training wieder im Vordergrund stehen. Ich bin eh einer, der die Ruhe bevorzugt. Der Rummel um mich rum ist zwar ab und zu ganz angenehm, aber wenn ich auswählen kann, dann bin ich eher der ruhigere zurückhaltende Typ.
tri2b.com: Faris Al-Sultan hat sich im letzten Jahr eingestanden, dass er sich nach seinem Hawaii-Sieg zu sehr mit den Terminen außerhalb des Trainings verzettelt hat. Baust du dem vor?
D.U.: Mein Vorteil ist, dass ich einige Jungs kenne, die diesen Trubel schon mitgemacht haben. Vucko, Faris und eben auch Thomas. Das Problem ist einfach, dass ich im nächsten Jahr im August wieder topfit sein muss und auch topfit sein will. Ab November geht wieder die Vorbereitung los und dann ist das Training die Nummer Eins. Da muss man dann die Termine sehr speziell auswählen. Da werde ich auch, ich will nicht sagen, etwas egoistisch vorgehen, aber es geht in die Richtung, dass ich nur das mache, was für mich sinnvoll ist und der sportlichen Weiterentwicklung nicht schadet. Unser Sportdirektor Rolf Ebeling hat damit viel Erfahrung und weiß worauf es ankommt und wird mich dabei auch unterstützen.
tri2b.com:Welche Eindrücke nimmst du vom Rennen auf Hawaii mit nachhause?
D.U.: Bisher kannte ich das ja auch nur von den Fernsehbildern. Als Triathlet gehört es einfach dazu, dieses Rennen in sein Programm mit aufzunehmen. Vielleicht wird das bei mir schon 2009 der Fall sein, vielleicht erst 2010. Aber das ich hierher komme und am eigenen Körper erfahren möchte, wie sich Hawaii anfühlt, ist hundertprozentig sicher.
tri2b.com: Nach eine Frage zum Privaten. Gibt es schon einen Termin für die in Hamburg in Aussicht gestellte Hochzeit mit deiner Freundin Tina?
D.U.: Nein, dass noch nicht. Wir machen hier auf Hawaii schon mal eine Honeymoon-Probe für die Flitterwochen danach. Das wird aber erst nach Peking der Fall sein. Das ist eine Sache, die ziemlich spontan war in Hamburg, der Zeitpunkt überraschend, aber wir kennen uns schon so viele Jahre und von daher wirds irgendwo auch Zeit. Das werden wir dann nach Peking angehen. Davor möchte ich volle Konzentration auf die Spiele haben. Wenn du da noch Hochzeit organisieren musst und dann besoffen unter der Festtafel liegst, drei Monate vor Olympia, das ist auch nicht das Wahre. Erst ordentlich Peking machen und dann eine ordentliche Hochzeit und ordentlich feiern.
tri2b.com: Vielen Dank für das sehr offene Gespräch.