tri2b.com: Herr Zäck, wie geht es Ihnen?
Jürgen Zäck (J.Z.): Danke der Nachfrage. Es geht mir den Umständen entsprechend ganz gut. Oder sagen wir es so: Es hätte schlimmer kommen können.
tri2b.com: Nun ja, die Diagnose hört sich auch so schon schlimm genug an. Neben Schwellungen am Kiefer, einem vermutlich geplatzten Schleimbeutel am Ellbogen und Schürfwunden wurde ein fünf Zentimeter langer Muskelriss im rechten Oberschenkel festgestellt.
J.Z.: Der Muskelriss hat mich auch erstmal schockiert. Ich kann das Loch im Muskel richtig fühlen, aber ich kann damit Laufen und auch Radfahren. Und die Schmerzen werden bis zum Sonntag auch weniger geworden sein.
tri2b.com: Das heißt, Sie wollen am Sonntag trotz der Verletzungen starten?
J.Z.: Ja. das steht für mich außer Frage. Ich habe im Vorfeld von Frankfurt so viele Hürden überwunden, da will ich jetzt auch starten. Zumal ich mit meinen 39 Jahren nicht mehr so viele Jahre habe, dass ich warten kann. Da muss man jede Gelegenheit beim Schopfe packen.
tri2b.com: Die Verletzungen werden Sie nicht beeinträchtigen?
J.Z.: Ich hoffe nicht. Die Vorbereitung jedenfalls hat es nicht beeinflusst. In der letzten Woche vor dem Wettkampf tapert man ohnehin. Und ich musste mein Training jetzt eh zwangsläufig reduzieren. Im Prinzip hat sich also an der Vorbereitung nichts geändert. Ich bin für Sonntag jedenfalls unvermindert optimistisch und werde alles versuchen.
tri2b.com: Wie kam es zu dem Unfall?
J.Z.: Ich bin am Sonntag mit dem Rad auf einen abbiegenden Wagen geprallt, habe mich überschlagen und bin mit dem Rücken schließlich auf den Asphalt geknallt. Das sah wohl ziemlich schlimm aus, meine Trainingspartner wollten mich jedenfalls sofort ins Krankenhaus bringen. Aber ich gleich gesagt: Nee, lasst mal. Die beste Medizin bei einem Sturz mit dem Rad ist: Weiterfahren.
tri2b.com: Sie sprachen gerade von Hürden, die Sie zu überwinden hatten. Was meinten Sie damit?
J.Z.: Ich habe mir am 9. Mai beim Halbmarathon in Mainz eine Blutblase zugezogen, die sich im Anschluss entzündet hat. Deshalb musste ich mit Antibiotika behandelt werden und konnte in vier Wochen nur sechs Mal laufen. Als ich dann wieder mit dem Lauftraining anfing, kam eine Erkältung noch obendrauf. Deshalb habe ich ja auch im Juni den Wettkampf in Bonn abgesagt.
tri2b.com: Blutblase, Erkältung, nun der Sturz – in der Vorbereitung war ja wirklich der Wurm drin.
J.Z.: Am Ende schon. Bis Anfang Mai aber lief es absolut optimal, wobei ich in dieser Zeit auch den Schwerpunkt aufs Laufen gesetzt habe. Danach war Lauftraining nur noch eingeschränkt möglich. Ich mache mich aber deswegen nicht verrückt – und ich will auch nicht, dass es so aussieht, als suchte ich bereits im Vorfeld schon nach irgendwelchen Ausreden für den Fall der Fälle. Meine Trainingsleistungen waren zuletzt jedenfalls hervorragend.
tri2b.com: Was für ein Rennen erwarten Sie am Sonntag in Frankfurt?
J.Z.: Ich erwarte vor allem, dass alle Top-Athleten in Top-Form am Start stehen. Die haben alle sehr gute Frühjahrsform gezeigt, außer Tim DeBoom, von dem kenne ich kein Wettkampfergebnis. Deswegen glaube ich auch, dass es ein hartes Rennen wird – und wer unter die Top-Fünf kommen will, muss ganz sicher eine Weltklasseleistung bringen.
tri2b.com: Welche Auswirkungen wird die Teilnahme des ehemaligen Telekom-Radprofis Kai Hundertmarck auf den Rennverlauf haben?
J.Z.: Gar keine!
tri2b.com: Warum nicht?
J.Z.: Der muss erstmal nach vorne fahren, das wird schon sehr schwer. Und ich hoffe, dass er nach dem Rennen an seinen Worten gemessen wird, in denen er ja prophezeit hat, auf jeden Fall als Erster vom Rad steigen zu wollen – und zwar mit Radrekord. Das muss er erstmal schaffen.
tri2b.com: Wieviel Rückstand nach dem Schwimmen dürfte er denn maximal auf starke Radfahrer wie Sie oder Thomas Hellriegel haben, um tatsächlich als Erster vom Rad steigen zu können?
J.Z.: Zwei Minuten.
tri2b.com: Wie bitte?
J.Z.: Ich sagte, zwei Minuten.
tri2b.com: Ist sein Mitwirken ein Vorteil für starke Radfahrer wie Sie oder Hellriegel?
J.Z.: Nein. Er hat keinen Einfluss auf das Rennen; er wird hinter uns sein. Deshalb will ich zu Hundertmarck auch gar nicht so viel sagen, mein Kopf ist gar nicht auf ihn eingestellt. Ich denke mehr an Peter Reid, Tim DeBoom, Rutger Beke und die Deutschen. Mir ist es ohnehin unbegreiflich, wie einer, der noch nie einen Triathlon gemacht hat, so eine Presse kriegt, gesponsort wird, seit einem Jahr professionell trainiert und sich dann noch nicht mal traut, als Profi zu starten.
tri2b.com: Dann wird es wohl auch nicht zu einer Zusammenarbeit der starken Radfahrer unter den Triathleten gegen den ehemaligen Radprofi kommen, nach dem Motto: Dem zeigen wir jetzt mal wo der Hammer hängt?
J.Z.: Ich glaube, Hundertmarck ist für alle von uns kein Thema. Von den Topleuten denkt niemand ernsthaft an ihn. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Tim DeBoom oder ein Peter Reid je was von ihm gehört haben. Ich weiß ja nicht, wie er schwimmt. Wenn er den Abstand zu uns unter zwei Minuten hält und extrem gut losfährt, dann kann er vielleicht nach vorne fahren und das Rennen damit auch ein bisschen beeinflussen, nämlich dadurch, das er abgehängte Leute mit nach vorne zieht.
tri2b.com: Zum Beispiel?
J.Z.: Zum Beispiel, wenn wir Norman Stadler beim Schwimmen eine Minute aufbrummen und er den Kontakt nach vorne zur Spitze nicht schafft. Dann kann es sein, dass Hundertmarck von hinten auf Stadler auffährt und die dann im Duo sich stark machen. Aber das ist wirklich nur graue Theorie.
tri2b.com: Im letzten Jahr haben Sie in Frankfurt ein sehr untypisches Zäck-Rennen hingelegt: Nach dem Radfahren hatten Sie fast eine Viertelstunde Rückstand und dann sind Sie mit einer Marathonzeit von 2:48 Stunden noch auf Rang drei gelaufen. Ein neuer Zäck – oder aus der anfänglichen Rad-Not noch eine Lauftugend gemacht?
J.Z.: Ich war einfach in einer guten Form, auch wenn das für Außenstehende vielleicht so nicht verständlich ist. Die sagen: Okay, er ist langsam geradelt und deshalb läuft er jetzt besser. Dabei wird vergessen, was es heißt, 180 km ganz alleine zu fahren, während vorne eine Sechsergruppe gemeinsam für Tempo sorgt. Die Konstellation nach dem Schwimmen war einfach so, dass ich, ähnlich wie Norman Stadler, schlichtweg keine Chance mehr hatte, an die Spitzengruppe ran zu kommen. Und die gute Laufleistung im Anschluss kam daher, dass ich ’ne gute Form hatte. Es war zwar mental schwierig, eine für mich so ungewohnte Situation zu erleben, weil ich normalerweise nach dem Rad ja vorne liege und diesen riesigen Rückstand erstmal verdauen musste, aber ich habe das beste daraus gemacht. Dass ich Hellriegel und Reid noch einholen würde, damit hatte ich am Anfang des Marathons auch nicht gerechnet. Dass es geklappt hat, hat mich gefreut – und mir mehr Selbstbewusstsein gegeben fürs Laufen.
tri2b.com: Feststellen muss man aber, dass die Spitze noch enger zusammengerückt ist – und man sich vom Start weg nicht die kleinste Schwäche erlauben darf. Wer das erste Radpack nicht erwischt, hat es jedenfalls verdammt schwer.
J.Z.: Das ist richtig. Es ist verdammt eng geworden – und wenn sich dann vorne ein Pack zusammenfindet, ist es schwer, alleine zu diesem aufzufahren. Andererseits ist das auch meine Hoffnung für Sonntag: Dass Hellriegel, Stefan Holzner und ich auf dem Rad von Anfang an so viel Gas geben. Das würde verhindern, dass wir einen Cameron Brown oder Rutger Beke mitschleppen. Denn die setzen aufs Laufen. Im Prinzip muss man nämlich feststellen: Die Deutschen sind die stärkeren Radfahrer – und die Ausländer sind die stärkeren Läufer. Das heißt: Wenn es vorne wieder diese fünf- bis sieben Mann große Gruppe gibt, in der alle Favoriten drin sind, dann verlieren die Deutschen. Es muss also eine deutsche Zusammenarbeit geben, die für hohes Radtempo sorgt.
tri2b.com: Wie sieht Ihr persönlicher Rennplan aus?
J.Z.: Da ich mich als starker Radfahrer sehe, obwohl ich letztes Jahr die schnellste Laufzeit hatte, hoffe ich, dass ich auf dem Rad vorne mitspielen kann. Allein voraus zu fahren, ist zwar schwer, aber ich schätze Hellriegel und Holzner sehr stark ein und hoffe, dass wir da gemeinsam was drehen können. Und wenn Stadler gut schwimmt, ist er vielleicht auch dabei. Das wären dann vier Deutsche, die die Sache schon auf dem Rad vorentscheiden können. Und einer muss das Ding dann hat beim Laufen gewinnen. Wenn aber einer der Ausländer mit dem deutschen Radexpress vom Rad steigt, wird es für jeden von uns Vieren sehr schwer.
tri2b.com: Außer man fährt die Konkurrenz tot.
J.Z.: Wenn die dran bleiben, sind sie anschließend vielleicht kaputt, aber man ist durch das Mitschleppen selbst auch ein bisschen angeknockt. Am besten ist deshalb: Man fährt sie kaputt bis Kilometer 120 – und hängt sie dann ab, damit sie 60 Kilometer alleine im Wind fahren müssen. Das wäre wirklich optimal.