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Jan Frodeno: Mit 37 ist jedes Jahr ein olympisches Jahr

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Viele Triathlonfans wissen noch genau, wo sie in der Nacht vom 18. auf den 19. August 2008 gebannt vor dem Fernseher saßen. Zurecht. Denn vor zehn Jahren schrieb Jan Frodeno in Peking deutsche Triathlongeschichte. Als erster Deutscher eroberte er Olympia-Gold im Triathlon. Die deutsche Triathlon Union (DTU) hat Jan Frodeno 10 Jahren nach dem Peking-Triumph interviewt und dabei u.a. zu seinen Erinnerungen an das Wahnsinnsrennen am Shisanling Stausee, sowie zur aktuellen Entwicklung der deutschen Kurzdistanz-Triathleten befragt.

DTU: Jan Frodeno, wann haben Sie Ihre olympische Goldmedaille zuletzt in der Hand gehabt?Jan Frodeno J.F.: Wir sind gerade umgezogen. Dementsprechend habe ich sie erst vor Kurzem mal wieder ausgegraben. Witzig, dass ich in der ersten Zeit andauernd an dieser Medaille hing. Inzwischen sind mir die Erinnerungen viel mehr wert als die Medaille als solche. 
DTU:  Wie präsent ist das Rennen vom 19. August 2008 noch in Ihrem Kopf?
J.F.: Es kommt immer mal wieder. Es ist ein schöner Meilenstein, von man Nachhinein viel mehr weiß und den man mit den Jahren immer besser in die Relation setzen kann. Man realisiert, wie schön es ist, so etwas für Deutschland erreicht zu haben. Aber auch wie klein dieser Sieg in unserem Sport eigentlich ist und wie schön die Zeit war.
DTU: Wie hat sich der Triathlon, speziell die Kurzdistanz, seitdem verändert?
J.F.: Der Sport hat sich weiterentwickelt. Ich habe immer gesagt, dass Triathlon eine junge Sportart ist und keine Randsportart. Die Leistungen, die da inzwischen erbracht werden, sind um einiges besser als das, was wir vor zehn Jahren noch abgeliefert haben, um Rennen zu gewinnen. Aber vor zehn Jahren war der Sport eben da, wo er war. Es ist spannend zu sehen, wie sich die World Triathlon Series entwickelt hat. Aus meiner Sicht hätte das Projekt sehr schön werden können. Ich denke, dass die Serie ihr volles Potenzial bis heute nie ausgeschöpft hat. Aber die Athleten, die dort inzwischen unterwegs sind, sind ohne Zweifel die Formel-1-Piloten unseres Sports.
DTU: Woran liegt es, dass die Leistungen heute so viel besser sind als damals?
J.F.: Ich glaube, dass die Trainingswissenschaft und Trainingsphysiologie nach uns erst richtig im Triathlon angekommen ist. Wenn ich zurückdenke, haben wir auf dem Rad Kilometer gemacht und noch mehr Kilometer. Jetzt gibt’s Sekunden genaue Intervalle in bestimmten Wattbereichen und ähnliches mehr. Es gibt mehr Wissen und mehr Erfahrung, weshalb sich der Triathlon kontinuierlich weiterentwickelt hat, wobei ich denke, dass das gar nicht so exorbitant ist.
DTU: Die Deutsche Triathlon Union hat als Fernziel eine Olympiamedaille 2024 ins Auge gefasst. Was muss in Triathlondeutschland passieren, um eine Chance zu haben, das zu erreichen?
J.F.: Man muss einen Athleten oder eine Athletin finden, der bzw. die sich das selbst als Ziel setzt. Da kann man von außen machen, was man will. Man braucht jemanden, der dieses Ziel hat und fest daran glaubt. Dann kann man die Strukturen in die entsprechenden Bahnen lenken. Hast Du keinen Athleten, der dieses Ziel für sich selbst vereinnahmt und lebt, wird keiner zufällig in diese Position stolpern. Ich bin davon überzeugt, dass von 100 Sportlern, die sagen, dass sie zu Olympia wollen, vielleicht fünf daran denken, dass sie Olympiasieger werden wollen und das auch wirklich glauben – und dafür arbeiten.
DTU: Welchen Eindruck haben Sie vom aktuellen DTU-Nachwuchs – inwieweit verfolgen Sie überhaupt, was in Deutschland im Kurzdistanzbereich passiert?
J.F.: Ich finde den Ansatz nicht schlecht, jetzt mal frisch anzufangen. Es waren zuletzt ein paar schwierige Jahre dabei – auch ein paar schöne. Mal bei den Frauen, mal bei den Männern. Der Weg ist nicht schlecht, mit den jungen Athletinnen anzufangen und sie langsam aufzubauen. Damit das alles dann irgendwann mal wieder in Saarbrücken zentralisiert wird, wie es 2003 das erste Mal gemacht wurde, braucht man vielleicht noch die Führungsperson, die alle Kräfte bündeln kann. Aber auch da muss ich ehrlich sagen, dass ich inzwischen zu weit weg bin, um zu sehen, wer da in welcher Funktion am Steuer ist. Ich sehe das grundsätzliche Problem aber tatsächlich eher darin, irgendwo mal jemanden zu finden, der den Willen hat, sich aufopfert und bereit ist, diesen Weg zu gehen. Und der vor allem diesen Weg nicht als Leidensweg empfindet, sondern als einen, der viel Spaß macht.
DTU: Was können Sie jungen Triathletinnen und Triathleten wie z.B. Franca Henseleit (als A-Jugendliche Achte bei ihrem Debüt in der 1. Triathlon-Bundesliga im Kraichgau, Anm. d. Red.) mit auf den Weg in den Leistungssport geben?
J.F.: Ganz ehrlich. Mit der 1. Triathlon-Bundesliga hat es auch bei mir damals angefangen. Grad hier in der Region ist es super spannend zu sehen, weil ich damals für den ALZ Sigmaringen gestartet bin und anfangs auch protegiert wurde. Da haben damals schon viele gesehen und gesagt, dass ich einen kleinen Tick habe. Das war okay für mich. Wenn Du etwas Außergewöhnliches erreichen willst, empfinden das viele vielleicht als verrückt. Wobei es mittlerweile immer mehr Leute gibt, die verstehen, dass man sich hohe Ziele setzen muss. Kleine Erfolge sind immer ein schönes Zeichen. Die Bundesliga bietet eine wunderbare Plattform, sich weiterzuentwickeln. Viel mehr kann man dazu von außen gar nicht sagen. Sie muss sagen, dass sie es will. Dann kann man anfangen, es zu steuern. Etwas von außen aufzulegen, funktioniert nicht. Ich habe das selbst erlebt. Beim WM-Finale 2010 in Budapest. Alle haben gesagt – Du musst jetzt Weltmeister werden. Da habe ich gedacht – okay, dann werde ich jetzt mal Weltmeister. Wollte es so richtig aber gar nicht. Ich bin damals auf die Fresse geflogen, wie nie zuvor. Wie gesagt, es geht darum, alles zu geben. Und das ist etwas, was zum Beispiel die Brownlees ausmacht oder einen Javier Gómez, die ganz Großen im Triathlon. Die sagen – das will ich. Komme, was wolle. Wenn sie dafür nachts um drei zum Training aufstehen müssen, ist denen das egal. 
DTU: Welche sportlichen Ziele haben Sie selbst noch?
J.F.: Ich denke im Moment von Jahr zu Jahr. Mit 37 ist jedes Jahr ein olympisches Jahr. Man weiß nicht, ob noch eins kommt. Ich habe auf jeden Fall noch Bock. Muss aber auch sagen, dass so ein großes Ziel wie der Ironman Hawaii jedes Mal sehr viel Kraft zieht. Ich denke, dass ich das noch ein paar Jahre mache. Solange ich konkurrenzfähig bin, bleibe ich dabei und danach – mal schauen. Vielleicht überquere ich mit meinem Sohn mal die Pyrenäen.

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