tri2b.com: Als Profitriathlet bist du weltweit unterwegs, mit Trainingslagers unter südlicher Sonne und Wettkämpfen in anderen Kontinenten. Das Mekka der Triathleten liegt auf Hawaii und die Anreise sorgt hier für einen ordentlichen Fußabdruck in der persönlichen CO2-Bilanz. Das ist ein gefundenes Fressen für Kritiker, wenn man als Triathlonprofi über nachhaltiges Verhalten sprechen will. Wie begegnest du diesen Vorbehalten?
Maurice Clavel (M.C.): Ja, das ist wohl richtig. Wenn man sich mit den besten der Welt messen will, kommt man nicht herum, sich in den Flieger zu setzen und zu manch einem Wettkampf in weiter Ferne zu fliegen. Mir ist das durchaus sehr bewusst und deshalb versuche ich auch die "Fliegerei" so gut es geht zu umgehen. Des weiteren versuche ich im Alltag so geringe CO2-Emissionen zu produzieren, wie es nur geht, und nur wenn es nicht anders geht in den Flieger, Auto etc. zu steigen. Ich denke, wenn man alle Sünden, die man in der Hinsicht begeht, bewusst und reflektorisch unternimmt, verringert sich die Zahl des unnötigen Ausstoßes automatisch.
Durchaus ein Zwiespalt: Reisen ins Trainingslager oder zu Rennen in ferne Ländern – © Orca
tri2b.com: Du bist Mitglied im hep Triathlonteam, das aus der Branche der erneuerbaren Energien kommt. Gibt es hier teamintern eine Art Nachhaltigkeits-Kodex, dem man sich verpflichtet, wenn man im grünen hep Trikot an der Startlinie steht?
M.C.: Nein, den gibt es nicht. Aber ich denke, dass das genau der Punkt ist. Athleten die diesem Team angehören brauchen keinen Zwang oder Verbote, was die Umwelt betrifft. Wir achten alle sehr auf Nachhaltigkeit und die Umwelt und erlegen uns somit quasi selbst den Kodex auf.
#krawall by Maurice Clavel : Immer agressiv und angriffslustig – so lieben ihn seine Fans – © PetkoBeier.de
tri2b.com: Wie sieht dieser selbst auflegte Nachhaltigkeitskodex bei dir aus?
M.C.: Ich habe schon immer sehr bewusst gelebt, vielleicht auch dadurch bedingt, dass ich schon lange in der "Green City" Freiburg lebe. Ich habe schon in jungen Jahren und als naturliebender Mensch gemerkt, dass die Natur verletzlich ist und man sie nicht ausquetschen darf. Im Alltag fahre ich viel mit dem Rad, gehe in der Nachbarschaft im Hofladen einkaufen und versuche einfach alles bewusst zu leben. Besondere Regeln braucht man da nicht.
tri2b.com: Wenn du zurückblickst. Was hat sich bei dir in der Verhaltensweise in den letzten Jahren verändert, um möglichst "Nachhaltig" zu leben?
M.C.: Der vermehrte Verzicht auf Plastik! Das Plastikproblem war mir als Jugendlicher nicht so bewusst.
tri2b.com: Wie eingangs erwähnt, kommst du viel in der Welt rum. Wo siehst du uns in Deutschland in punkto Nachhaltigkeit im Vergleich zu anderen Ländern?
M.C.: Ich denke, dass wir in Deutschland viel Potential haben noch nachhaltiger zu leben. Auch wenn wir gleichwohl schon sehr bewusst im Vergleich zu anderen Ländern auf dieser Welt leben. In Sachen Plastikproblem heben wir uns allerdings nicht sehr von andern Ländern ab! Das muss verbessert werden.
Maurice Clavel: " Natur ist verletzlich – dies wurde mir schon in jungen Jahren bewusst" – © Orca
tri2b.com: Kennst du in diesem Zusammenhang Situation, wo du dir denkst, dass es das im 21. Jahrhundert eigentlich noch gibt bzw. erlaubt ist?
M.C.: Die Plastikverpackung für die Plastikverpackung.
tri2b.com: Als Profi bist du natürlich auch Werbeträger deiner Sponsoren und Ausrüster und bist verpflichtet immer das neuste und hippeste Material zu präsentieren. Ist das unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit nicht ein gewisser Zwiespalt?
M.C.: Nein. Solange man die richtigen Partner hat, die die neusten Produkte nachhaltig produzieren bzw. mit ihrer nachhaltigen Produktion neue Trends setzen.
tri2b.com: Kannst du es dir als Triathlonpro leisten einen Partner nach dem Nachhaltigkeitsaspekt auszuwählen oder entscheidet am Ende dann doch das Geld?
M.C.: Gute Frage. Ich versuche stets ethisch vertretbare und "saubere" Partner an meiner Seite zu haben. Bisher ist mir das immer sehr gut gelungen. Wenn ich vor einer solch schweren Entscheidung stehen sollte, will ich mich nicht festlegen, aber im Zweifelsfall würde ich mich grundsätzlich gegen das Geld entscheiden!
tri2b.com: Kommen wir zu deinen aktuellen Ausrüstern. Gibt es dort konkrete Maßnahmen um nachhaltiger zu agieren?
M.C.: Orca, mein Wetsuit-Ausrüster, hat im letzten Jahr in der Textilproduktion damit begonnen, recycelte Materialen zu verarbeiten. Für 2020 soll bei der Verpackung der Wetsuits auf Plastik verzichtet werden, 2021 will Orca dies auf die Verpackung des gesamten Sortiments ausweiten.
Maurice Clavels Wetsuit-Ausrüster Orca will schrittweise auf Plastikverpackungen verzichten – © Orca
tri2b.com: Wenn du Bundeskanzler bzw. Umweltminister wärst. Was würdest du in der Welt der großen Politik gerne verändern?
M.C.: Ich würde den schier unmöglichen Versuch wagen, ALLE Staats-und Regierungschefs dieser Welt zu einer radikalen Bewusstseinsänderung und Handlung in Sachen Nachhaltigkeit zu überzeugen!
tri2b.com: Als Triathlonprofi bist du auch Vorbild für deine Fans und die Triathlonjugend, die dir nacheifert. Hast du hier einen allgemeinen oder gerne auch speziellen Tipp wie man nachhaltiges Handeln im (Trainings)Alltag integriert?
M.C.: Ganz einfach. Immer die Umwelt im Hinterkopf haben und lieber zweimal überlegen, ob man -vor allem im Alltag – nicht nachhaltiger agieren kann. Glasflaschen kaufen oder Wasser aus dem Wasserhahn trinken. Reduktion von Verpackungen, lokal und biologisch einkaufen!
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Maurice Clavel dürften die allermeisten Triathlonfans vor allem als den stets bissigen und bis auf die Haarwurzeln motivierten Athleten wahrgenommen haben. #krawall wurde das Markenzeichen des 32-jährigen Freiburgers, der gerne den Rennverläufen durch eine aggressive Renntaktik den Stempel aufdrückt. In unserem aktuellen Interview haben wir mit dem jungen Familienvater allerdings nicht über Watt- und Laktatwerte gesprochen, sondern über den Triathlonsport und Nachhaltigkeit in Zeiten von "Fridays for Future".
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