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Nach Hawaii – Interview mit Timo Bracht: „Hart und ungerecht“

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Timo Bracht hat in diesem Jahr in Frankreich seinen ersten Ironman gewonnen und sich entschlossen, ab 2004 als Profi-Triathlet den Sprung in die Weltspitze zu versuchen. Im Interview schildert der 28-Jährige, wie er das Aus auf Hawaii erlebt hat, warum er trotzdem gestärkt aus dem Wettkampf geht und wie er mit neuer Lust den Frust besiegt. Beim Ironman in Florida will er ganz vorne landen.

Roland Karle (R. K.): Timo Bracht, Sie hatten sich so viel vorgenommen für Ihren dritten Start beim Ironman auf Hawaii. Beim Radfahren wurden Sie disqualifiziert. Was ist passiert? 
Timo Bracht (T.B.): Das alles ist wie ein schlechter Traum. Ich hatte ein perfektes Schwimmen und kam mit und teilweise sogar vor den Favoriten aus dem Wasser. Auf dem Rad wurde ich dann zwei Mal verwarnt, das bedeutete das Aus für mich. 

R. K.: Sie halten die Entscheidung für ungerechtfertigt? 
T.B.: Absolut. Und das ist nicht nur meine Meinung. Auch alle Fahrer, die das Geschehen verfolgen konnten, können die Entscheidung der Wettkampfrichter nicht nachvollziehen. Mein erstes angebliches Vergehen war Windschattenfahren. Doch das ist ein Witz, denn mein Vordermann hatte über 50 Meter Abstand. Neben mir fuhr Jürgen Zäck, und ich hätte wohl die Seite wechseln sollen. Prompt wurde ich angehalten und bekam die erste Zeitstrafe. 

R. K.: Dieses Jahr galten neue Regeln. Hatten Sie damit Probleme? 
T.B.: Das war nicht der Grund für die Vorkommnisse. Dazu muss man wissen, dass beim Ironman Triathlon mindestens ein Abstand von zehn Metern nach vorne und von zwei Metern zur Seite einzuhalten sind. Prinzipiell unterstütze ich diese Regel, weil es die starken Radfahrer schützt. Und ich bin auch für ein hartes Durchgreifen der Kampfrichter.

R. K.: Das haben die Kampfrichter ja auch getan. 
T.B.: Hart, aber ungerecht, muss man sagen. Denn nach der ersten Strafe habe ich mich weiter voll auf das Rennen konzentriert und bin unbeeindruckt wieder nach vorne gefahren. Zwischen Kilometer 30 und 40 setzte ich mich an die Spitze der ersten Verfolgergruppe und lag somit auf Gesamtrang 2. Das war ein riesiges Erlebnis für mich. Aber ich wusste, dass ich vorsichtig sein muss nach der ersten Verwarnung. Außerdem fuhr die ganze Zeit ein Kampfrichter neben mir, fast so, als wartete er nur darauf, dass ich einen Fehler mache. 

R. K.: Haben Sie einen Fehler gemacht? 
T.B.: Aus meiner Sicht, ganz klar nein. Ich hielt nicht nur die vorgeschriebenen zehn Meter, sondern mindestens 12 bis 15 Meter Sicherheitsabstand nach vorne. Bei Kilometer 80, also fast nach der halben Strecke und kurz vor dem Radwendepunkt in Hawi, passierte dann das Unfassbare. Ich lag immer noch in der Spitzengruppe. Dann ein Pfiff. Mehrere Fahrer drehten sich um, keiner wusste im ersten Moment, wer gemeint ist. Mich hat es getroffen. Ich wurde vom Kampfrichter rausgewunken und wegen zu nahen Auffahrens disqualifiziert. Selbst der neben mir fahrende Kampfrichter war überrascht, denn das Urteil fällte ein Marshall, der weiter hinten fuhr. 

R. K.: Das war ein harter Schlag für Sie? 
Bracht: Da stand ich nun, völlig leer und kaputt. Disqualifiziert, zum ersten Mal in meiner Triathlon-Karriere. Noch nie habe ich einen Wettkampf vorzeitig beendet. Und nun das. 

R. K.: Hätten Sie unter den Top 10 landen können? 
T.B.: Darüber kann man nur spekulieren. Tatsache aber ist, dass ich mich hervorragend gefühlt habe und bis zu meiner Disqualifikation in der Spitzengruppe gefahren bin. Ich hatte nach dem Schwimmen schnell den Kontakt zu den Spitzenleuten hergestellt. Schon nach fünf Kilometern war ich auf Tuchfühlung mit Peter Reid aus Kanada, dem späteren Sieger. 

R. K.: Haben Sie die Enttäuschung inzwischen verkraftet? 
T.B.: Ich habe mich mächtig geärgert, denn den wichtigsten Wettkampf des Jahres auf diese Art und Weise zu beenden, das ist eine extreme Erfahrung. Aber ich habe versucht, die Sache so schnell wie möglich abzuhaken und nach vorne zu schauen. Was bleibt, ist das Erlebnis, in der Spitze mitgefahren zu sein. Und ich blicke auf mein sportlich erfolgreichstes Jahr im Triathlon zurück. Das gibt mir Auftrieb, das kann mir keiner nehmen – auch kein blinder Kampfrichter. 

R. K.: Wäre die Disqualifikation einem routinierten Hawaii-Starter nicht passiert? 
T.B.: Es ist müßig, darüber nachzudenken. Gut, vielleicht bin ich zu jung, habe mich zu weit nach vorne gewagt und musste Lehrgeld bezahlen. Jetzt bin ich hingefallen, aber bleibe nicht liegen. Ich werde wieder kommen. Hawaii ist das größte Rennen der Welt – und ich weiß jetzt, dass ich irgendwann ganz vorne landen kann. 

R. K.: Gönnen Sie sich jetzt erst einmal ein längere Pause? 
T.B.: Nein, so soll die Saison nicht zu Ende gehen. Ich werde am 8. November in Panama City in Florida beim Ironman starten. Das ist der erste Ironman nach Hawaii und eine der ersten Chancen, sich für Hawaii 2004 zu qualifizieren. Ein Platz unter den ersten Fünf ist dazu erforderlich. Das will ich schaffen. 

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