tri2b.com:Kannst du dich noch erinnern, was du vor deinen beiden IM-Siegen gefrühstückt hast?
Normann Stadler (N.S.): Immer das Gleiche. Immer ungetoastetes weißes Toastbrot mit Butter und Marmelade. Schon immer so sechs bis sieben Scheiben. Das ist sehr leicht verdaulich. So habe ich einfach eine Grundlage im Magen. Dazu gab´s und gibts immer schwarzen Kaffee. Das alles circa drei bis vier Stunden vor dem Wettkampf. Das hat bisher immer funktioniert. Eine halbe Stunde vor dem Schwimmstart nehme ich dann immer noch ein Kohlenhydrat-Gel. Definitiv nicht auf den Tisch kommt am Raceday säurebildendes Müsli oder Obst und auch kein Joghurt und Milch.
tri2b.com: Wie schaut die Ernährung in der letzten Hochtrainingsphase, wie beispielsweise bei deinem Hawaii-Trainingslager in San Diego aus? Einerseits ist der Kalorienverbrauch extrem hoch, andererseits gilt es Maß zu halten, um mit idealem Wettkampfgewicht an der Startlinie zu stehen?
N.S.: Es ist bei mir immer so, dass ich vor Hawaii mit dem Gewicht runter kommen muss und dies auch immer schaffe. Mein beste Körperstruktur habe ich immer in Hawaii. Davor bin ich aber auch ein Asket. Da verzichte ich auf alles, was nicht notwendig ist. So Sachen wie Weißbrot und Schokolade fallen weg. Ab und zu esse ich noch ein Eis. Aber das ganze Süßgebäck fällt weg. Nach einer langen, harten Einheit esse ich schon mal ein Stück Kuchen. Ansonsten ernähre ich mich in der Zeit sehr ausgewogen. Viel Gemüse, viel mageres Fleisch, viele Proteine. In Kalifornien und auf Hawaii esse ich dann auch Fisch, was ich normalerweise in Deutschland nicht mache. Außerdem steht viel Obst, und vollwertiges Müsli auf dem Speiseplan. Bei harten Einheiten gibt es hinterher ein Protein-Shake von meinem Ausrüster, um die Speicher schnell wieder aufzufüllen. Das nehme ich immer aus Deutschland mit, um sicher zu sein, dass es nicht verunreinigt ist. Ingesamt gesehen bin ich trotz des Hochleistungssports ein ganz normaler Esser geblieben.
tri2b.com: Wie schaut es dann in der Taperphase aus. Hier machen viele Athleten, egal ob Profi oder Altersklassen-Athlet, immer ganz spezielle Ernährungsprogamme?
N.S.: Ich mache keine Saltin-Diät (bei der Saltin-Diät werden ca. eine Woche vor dem Wettkampf die Glykogen-Speicher durch eine harte Trainingseinheit komplett geleert. Anstatt sofort wieder mit dem Auffüllen zu beginnen, folgen drei Tage in denen auf Kohlenhydrate verzichtet wird und hauptsächlich Fette und eiweißhaltige Nahrungsmittel auf dem Speiseplan stehen. Erst dann wird mit der sogenannten Kohlenhydrat-Mast begonnen, Anmerk. d. Redaktion) oder irgendwas anderes Besonderes. Ich passe in dieser Phase der letzten zehn Tage vor dem Rennen, wenn nicht mehr viel trainiert wird, sehr auf, um mir nicht wieder alles anzufressen. Wichtig ist natürlich in dieser Phase immer gut mit Flüssigkeit versorgt zu sein, insbesondere gilt dies für Hawaii. Durch die schwüle Witterung verliert man wesentlich mehr Flüssigkeit. Außerdem müssen vorher die Mineralien zugeführt werden. Das war im Vorjahr mein Problem. Ich bin schon mit einem Mineralmangel in den Wettkampf gegangen und konnte das dann mit der Wettkampfernährung nicht mehr kompensieren. Das Ergebnis war, dass ich schon auf dem Rad erste Krämpfe bekommen habe. Der Mineral- und Elektrolyt-Haushalt muss vor dem Wettkampf stimmen.
tri2b.com: Was würdest du hier für Hobbytriathleten empfehlen?
N.S.: Auf das verlassen, was sich auch im Trainingsalltag gut bewährt hat. Ich esse beim Tapern das Gleiche, was ich daheim vor einem harten Training esse. Warum soll man was ändern, was im Trainingsalltag immer funktioniert? Was man unbedingt machen sollte, ist sich informieren welche Getränke, Riegel und Gels im Rennen gereicht werden. Wenn man die Chance hat, sollte man es vorher mal ausprobieren. Wenn man beispielsweise weiß, auf Hawaii gibt es Gatorade auf der Strecke, dann trinke ich vorher Gatorade im Training und schau, ob mein Magen das verträgt. Genauso beim Gel, dann hol ich mir das im Laden und teste es. Wenn ich es nicht vertrage, dann muss ich es halt mitführen beim Radfahren und Laufen. Dann bin ich auf der sicheren Seite.
tri2b.com: Man kann dann ja auch die Eigenverpflegung nutzen. Die Möglichkeit was zu hinterlegen oder sich von Betreuern an den offiziellen Verpflegungsstellen was reichen zu lassen, gibt es ja bei vielen Langdistanzen.
N.S.: Wenn man nicht verträgt, was an der Strecke gereicht wird, dann ja. Dann soll man was deponieren. Beim Trinken ist das natürlich ein Problem, man kann ja nicht Literweise sein Lieblingsgetränk dort bereitstellen. Wenn man dann Gatorade nicht verträgt, muss man sich was einfallen lassen. Zum Beispiel nur Wasser an den Verpflegungsstellen aufnehmen und die Energie andersweitig über mitgeführte Gels und Riegel aufnehmen. Man muss dann natürlich sein Special-Needbag auch bekommen. Wenn man diesen Beutel beim Greifen verliert oder ihn im Eifer des Gefechts ganz einfach vergisst, dann hat man ein echtes Problem.
tri2b.com: Wie schaut es grundsätzlich mit der Aufteilung zwischen fester und flüssige Ernährung aus?
N.S.: Ich nehme nur Wasser, Isogetränk und Gel. Das war auch in Roth so. Nur bald nach dem Schwimmen esse ich, wenn es geht, etwa einen halben Riegel. Man darf nicht vergessen, man war fast eine Stunde im Wasser und hat schon einiges an Kalorien verbraucht. Da versuche ich, dies mit einem gehaltvollen Riegel auszugleichen und diesen irgendwie runterzuwürgen. Ich hab da echt immer ein Problem, gleichzeitig zu atmen und zu kauen. Später nehme ich dann etwa alle 20 Minuten ein Gel. In einem normalen Powergel sind 200 mg Sodium drin. Wenn man dann drei in der Stunde nimmt, dann ist der Körperhaushalt mit Salzen gedeckt. In einem Rennen wie Roth. In Hawaii braucht man noch mehr. Hier kann man dann auf Salztabletten zurückgreifen. Das gilt auch dafür, wenn in den verwendeten Gels keine Salze enthalten sind.
tri2b.com: Wird das vorher wirklich richtig ausgerechnet?
N.S.: Klar, es gibt so viele Studien dazu. Man kann nur eine gewisse Menge an Kohlenhydrate speichern. Wenn man mehr zuführt, wird es nicht aufgenommen und liegt im Magen. Die Rechnung schaut folgendermaßen aus. Man schaut dann, wie viel Energie man optimalerweise in der Stunde zuführen muss und stellt sich so seine Menge zusammen. Letztes Jahr habe ich da einen Fehler gemacht, hab meine Salztabletten nicht mit geführt. Ich habe dann schon beim Radfahren Krämpfe bekommen. Das zieht sich dann durch wie ein roter Faden, wenn man einmal Probleme hat auf diesem Level, dann kommt man da nicht mehr raus. Daraus hab ich gelernt. Auch nach 20 Jahren Triathlon macht man immer noch Fehler.
tri2b.com: Gibt es trotzdem eine Art Notfallplan, um zumindest das Finish nicht zu gefährden?
N.S.: Es heißt, wenn man Krämpfe hat, wobei ich es selbst noch nicht ausprobiert habe, sollte man dann 600-800 mg Salz auf einmal zuführen. Dann gehen relativ schnell die Krämpfe wieder weg. Schlimmer ist halt der Hungerast. Wenn man richtig unterzuckert ist, dann fühlt man sich nur noch müde und leer. Dann den Akku noch mal auffüllen, ist schwierig. Ein Alterklassenathlet kann einfach eine Gehpause einlegen und eine halbe Stunde später finishen. An der Spitze ist dann der Sieg weg.
tri2b.com: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Welche AnfängerFehler bei der Ernährung hat Normann Stadler nach seinem Wechsel auf die Ironman-Distanz gemacht?
N.S.: Kurz- und Langstrecke sind so unterschiedlich wie Jacke und Hose. Bei einem Kurzen esse ich ein oder zwei Gels, das war´s dann. Komm auch mal ohne Trinkflasche durch, wenn es ganz eng wird. Bei der Langstrecke ist man, wie schon erwähnt, schon um eine Stunde im Wasser, verliert dort bereits unbemerkt viel Flüssigkeit und Energie. Danach muss man sofort waszuführen, sonst kann es schon zu spät sein. Auch ich hab damals Fehler gemacht, klar. Zu viel getrunken, hatte dann eine Blähbauch. Oder zu wenig gegessen, das Falsche gegessen, das Falsche getrunken. Dann gab´s Durchfall. Ich hab auch schon Rennen gehabt, da bin ich mehr in der Wiese gesessen, als dass ich gelaufen bin (lacht). Aber daraus lernt man. Das geht jedem mal so.
tri2b.com: Gibts bei dir als Motivationshilfe, wenn es ganz hart wird, so ein kulinarischen Lieblingswunsch,
ich hätte jetzt gerne ein kühles Weizen, oder so?
N.S.: Ja sicher, gerade wenn man den ganzen Tag dieses süße Gel in sich reindrückt, dann wünsche ich mir schon so was prickelndes, kaltes, am besten mit Kohlensäure, um mal richtig Aufstoßen zu können. Nicht nur immer dieses fade Wasser. Ich hab auch schon mal, um einen anderen Geschmack zu bekommen, im Verpflegungsack auf der Radstrecke zwei Snickers gehabt. Aber man kann sich im Energy Lab viel wünschen, das ist schön und nett. Die Realität ist dort aber, dass noch gut zehn knallharte Kilometer vor einem liegen.