tri2b.com: Besser konnte es nicht laufen: Zum Jahreswechsel wurden Sie Heimtrainer von Jan Frodeno. Jetzt ist er Olympiasieger. Mit der zusätzlichen Aufgabe als Cheftrainer der DTU-Athleten sind Sie noch mehr in der Verantwortung. Verspüren Sie einen gewissen Druck?
Roland Knoll (R.K.): Auf einem Trainer lastet immer Druck, das ist ganz normal. Allerdings gibt es nicht schöneres als mit erfolgreichen Athleten zusammen zu arbeiten.
tri2b.com: Im Spätsommer war zu lesen, dass Ihnen auch der Trainerposten in Österreich angeboten wurde. War das eine echte Option?
R.K.: Ich pflege schon seit vielen Jahren gute Kontakte nach Österreich, die teilweise noch aus meiner Zeit als Aktiver her bestehen. Es gab sehr gute Gespräche und auch die Rahmenbedingungen wären sehr gut dort am Stützpunkt in Linz. Ich habe mich aber definitiv für das DTU-Team und der Arbeit mit den mir schon bekannten Athleten entschieden.
tri2b.com: Bleiben wir bei Jan Frodeno und Daniel Unger. Mit welchen Erwartungen gehen Sie als deren Trainer in die neue Saison?
R.K.: Olympia ist das absolut Größte. Das hat sich wieder einmal gezeigt. Danach fällst du erst mal in ein Loch. Das ist normal. Die Jungs haben auch viel abseits vom Sport zu tun. Im Training heißt es zurücknehmen in Intensität und Umfang, regenerieren und Reserven schaffen für zukünftige Belastungshöhepunkte. Trotzdem müssen sie natürlich in der neuen Saison ihren Mann stehen und Leistung erbringen.
tri2b.com: Außerdem wird die Saison vom Aufbau anders als die letzten beiden, als mit der WM in Hamburg und Olympia alles auf einen Tag ausgerichtet war. Jetzt ist in der neuen WM-Serie Topleistung von März bis September gefragt. Eine ganz andere Aufgabe?
R.K.: Da hab ich ehrlich Zweifel, ob schon zu Beginn der Saison Topleistungen möglich sind. Es ist eine neue Herausforderung, über lange Zeit auf hohem Niveau Wettkampfleistungen zu erbringen. Aber die Trainingsmethodik lässt sich nun mal nicht so einfach überlisten. Wir waren zuletzt die Meister auf den Punkt. Deshalb müssten wir eigentlich gegen die neue Serie stimmen (lacht). Wir werden uns natürlich dem neuen Wettkampfmodus stellen. Für die nächsten Spiele werden wir aber wieder zurücknehmen, die Ergebnisse haben uns schließlich Recht gegeben.
tri2b.com: Bei Olympia waren nicht alle in Topform. Gerade die, die sich auf eigene Faust vorbereitet haben, blieben in Peking unter ihren Möglichkeiten. Zufall oder bringt das Training im Team wirklich Vorteile?
R.K.: Im Einzelfall kann das natürlich wirklich Pech sein und dann stimmt die Form am Tag X einfach nicht. Grundsätzlich ist es aber schon so, dass in Ausdauersportarten mit hohen Umfängen das Training in der Gruppe Vorteile bietet. Es geht darum, das Spitzentraining mit diesem extrem hohen Aufwand so angenehm als möglich zu gestalten. Um absolute Spitzenergebnisse erzielen zu können, muss man im Training auch an seine Grenzen gehen, und das ist in der Gruppe dann meist von der Motivation her einfacher. Dies geht mit den Jungs teilweise etwas leichter als mit den Mädels.
tri2b.com: Wird das mögliche neue Trainerduo Thiel/Knoll noch Trainingsalleingänge zulassen?
R.K.: Es wird sie mit Sicherheit weiter geben, aber nicht unter dem Deckmantel der DTU. Wenn es ein Trainingslager oder einen Lehrgang am Stützpunkt gibt, dann möchte ich, dass zusammen trainiert wird. Nur so habe ich als Trainer auch die Möglichkeit, mir ein Bild von den Athleten zumachen. Es kann nicht sein, dass ein Athlet um 14:00 Uhr, der andere um 15:00 und der nächste um 16:00 Uhr trainiert. Da fehlt dir dann als Trainer irgendwann der Überblick.
tri2b.com: Der Fokus war die letzten Jahre ganz klar auf Olympia und den älteren Leistungsträgern gelegen. Wie schaffen Sie es jetzt, den Nachwuchs an die Leistungsanforderungen im Weltcup heranzuführen?
R.K.: Wir haben schon in dieses Jahr bei der männlichen U23 sehr starke Leistungen gezeigt. Gregor Buchholz bestätigte seine 2007er WM-Titel mit Rang zwei in Vancouver, und Jonathan Zipf, Sebastian Rank und Niels Frommhold sind ebenfalls auf einem guten Weg. Während Daniel Unger und Maik Petzold jetzt sicher von Jahr zu Jahr entscheiden, ob die Schnelligkeit für die Kurzdistanz noch reicht, hat Jan Frodeno auf jeden Fall noch einen kompletten Olympiazyklus vor sich. Beim weiblichen Nachwuchs haben wir leider ein großes Loch, das es zu schließen gilt. Ziel ist es, den Jahrgang 1988 ranzuführen. Ob wir das schon bis in vier Jahren in London schaffen, ist fraglich. Das Problem ist hier die Belastungsverträglichkeit abzusichern und da ist der weibliche Körper durch eher auftretende Schwächen im Bindegewebe und Stützapparat wesentlich anfälliger für Verletzungen. Es müssen aber auch bei den Frauen im Spitzenbereich sehr hohe Belastungskennziffern erfüllt werden, sonst sind Leistungen in diesem Bereich nicht zu erbringen.
tri2b.com: Zu den älteren Semestern. Andreas Raelert hat erst am letzten Wochenende mit Rang zwei bei der Ironman 70.3 WM den Umstieg auf die längeren Distanzen mit Bravour gemeistert. Haben Sie das Rennen verfolgt und welche Möglichkeiten hat Andreas auf den langen Strecken?
R.K.: Ich hab das Rennen verfolgt und freu mich sehr für Andreas. Er war im Vorfeld von Olympia bei unserem Lehrgang im Schwarzwald noch als Sparringspartner für die Olympiastarter dabei. Dafür möchte ich mich auch hier noch mal bei ihm bedanken. Es war absehbar, dass er irgendwann den Schritt in Richtung Langstrecke unternimmt. Er hat einfach erkannt, dass es immer schwieriger wird auf der Kurzstrecke, ganz vorne mitzumischen. Deshalb ist dies der beste Zeitpunkt, den er wählen konnte. Er hat ganz sicher das Potential, alle auf der Langstrecke zu schlagen, wenn er lernt, im Training die Belastung auch mal früher herunter zufahren.
tri2b.com: Verfolgen Sie auch, wie ihre Trainerkollegen mit ihren teaminternen Problemen umgehen, Thema Fußballnationalmannschaft/Joachim Löw?
R.K.:Solche Spieler-Trainer-Beziehungen verfolge ich immer mit großem Interesse. Einmal im Jahr gibt es ja theoretisch auf dem Bundestrainer-Großseminar die Möglichkeit zum Austausch. Aber durch die unterschiedlichen Saisons der Winter- und Sommersportler kommt man da nicht richtig zusammen. Es ist auf jeden Fall wichtig, über den Tellerrand zu schauen.
tri2b.com: Eine vielleicht nicht ganz so leicht Aufgabe für Sie könnte sein, bei Jan Frodeno wieder das Training in den Mittelpunkt zu stellen. Mit Daniel Unger haben Sie zum Glück schon Erfahrungen aus dem Vorjahr, wie die erhöhte Präsenz in der Öffentlichkeit mit dem Training zu kombinieren ist?
R.K. Erst mal muss ich sagen, dass ich den Hut vor Daniel ziehe, wie er das in dieser Saison hinbekommen hat. Er hat wirklich sehr viel um die Ohren gehabt und mit etwas Glück hätte er in Peking sogar eine Medaille geholt. Natürlich haben wir aus den Erfahrungen im letzten Jahr mit Daniel gelernt. Das Training mit bis zu 40 Stunden erfordert so schon eine ganz ausgetüftelte Planung, wenn dann noch Termine in der Öffentlichkeit dazu kommen, wird es sehr schnell stressig. Der Athlet muss hier erkennen, was ist wirklich wichtig und was ist unwichtig.
tri2b.com: Danke für das Interview. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und Durchsetzungsvermögen mit der neuen Aufgabe.