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Roland Knoll: Wir rufen den Geist von Malente

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Der Ingolstädter Roland Knoll war in seiner langen Triathlon-Karriere insgesamt zweimal (1991, 1997) Deutscher Meister auf der Kurzdistanz und erzielte 1995 bei der Kurz-WM in Cancun als Neunter sein bestes internationales Ergebnis. Die bitterste Stunde erlebte der zweifache Familienvater im Jahr 2000, als er trotz sportlich erreichter Olympiaqualifikation nicht in Sydney starten durfte. Knoll hatte damals als Nicht-Kaderathlet zwischenzeitlich auch nicht mehr dem Doping-Kontrollsystem angehört. Seit Oktober 2004 ist der 39-Jährige DTU- Nachwuchstrainer und bereitet am Olympiastützpunkt in Saarbrücken die Athletinnen und Athleten der Jugend- und Junioren, sowie der U 23 auf die WM in Hamburg vor. tri2b.com hat sich mit Roland Knoll vor dem Saisonstart über den Stand der Vorbereitung und über die aktuelle Dopingproblematik unterhalten.

tri2b.com: Noch sind es knapp fünf Monate bis zur Heim-WM in Hamburg und der Saisonstart steht kurz bevor. Ist das Team schon im WM-Fieber? 
Roland Knoll (R.K.): Die WM im eigenen Land ist für alle, für die Athleten aber auch für die Trainer eine zusätzliche Motivation. Nächste Woche beginnt mit einem Leistungstest am Olympiastützpunkt in Saarbrücken die interne Qualifikation. Damit ist dann die WM-Saison offiziell eröffnet. 

tri2b.com: Welche Qualifikationsmöglichkeiten gibt es für den Nachwuchs? 
R.K.: Rebecca Robisch ist als einzige fest nominiert für EM und WM. Alle anderen Startplätze werden über die Qualifikationsrennen vergeben. Für den Schwimm- und Laufleistungstest am 24. März haben insgesamt 21 männliche und elf weibliche Athleten der Jahrgänge 88 bis 91 gemeldet. Die dort abverlangten Leistungen sind Pflichtkriterien. Nur wer diese Normen erfüllt, kann sich bei diesem Test überhaupt qualifizieren, es werden dort maximal zwei Plätze männlich und weiblich für die EM vergeben. Das zweite entscheidende Qualirennen für die EM ist am 16. Juni in Halle an der Saale. Die eigentlichen WM Startplätze werden dann bei der EM am 30. Juni in Kopenhagen und der DM am 14. Juli in München vergeben. Bei der EM geht es außerdem um das Startplatzkontingent für die WM in Hamburg. 

tri2b.com: Also im Vorfeld der WM das wichtigste Rennen? 
R.K.: Auf jeden Fall. Nach den großen Meldezahlen der WM in Lausanne, als über 100 Athleten im Juniorenrennen auf dem Ponton standen und der Platz zu eng war, wurde das Feld jetzt auf 80 Starter limitiert. Für Europa gibt es 36 Plätze. Um diese wird es in Kopenhagen ein heißes Rennen geben. 


tri2b.com: Gibt es vom Training her eine besondere Vorbereitung auf die WM? 
R.K.: Kurz vor der WM gehen wir wegen der örtlichen Nähe in die Sportschule nach Malente. Mit dem vielzitierten Geist von Malente hat es ja schon 74 bei Helmut Schöns Buben geklappt. (lacht) Ansonsten geht alles seinen normalen Weg. Wir waren schon zu einem ersten Trainingscamp in Zypern. Nach dem Leistungstest in Saarbrücken stehen dann zwei Wochen Mallorca auf dem Plan. Vor der EM werden wir zu Pfingsten einen Lehrgang in Saarbrücken abhalten. Im Vorfeld der WM sind dann noch zwei weitere Lehrgänge geplant. 

tri2b.com: Also alles auf ein Spätsommer-Märchen ausgerichtet? 
R.K.: Klar eine WM ist das wichtigste Rennen des Jahres, wenn sie dazu noch im eigenen Lande ist, umso mehr. Außerdem ist es das vorolympische Jahr. Neben dem sportlichem Ruhm geht es auch um die Fördergelder. Aber im Sport kann viel passieren, deshalb dürfen wir uns nicht zu sehr unter Druck setzen. 

tri2b.com: Ein Druck der manche Athleten auch zum Doping verführt? Wie wird mit diesem Thema in der DTU-Nachwuchsarbeit umgegangen? 
R.K.: Wir versuchen hier klipp und klar den Blick der jungen Athleten zu schärfen. Eine Leistungssteigerung mit unerlaubten Mitteln ist im höchsten Maße unfair und Raubbau am eingenen Körper. Diese Einstellung wollen wir vermitteln. Auch im Nachwuchsbereich wird schon entsprechend scharf kontrolliert. Beim Lehrgang in Zypern wurden allen Teilnehmern Urin- und Bluttests abgenommen. 

tri2b.com: Welchen Einfluss haben Sie als Trainer auf die zuletzt an das Tageslicht gekommene Problematik der „Missed Tests“? 
R.K.: Sportler sind auch Menschen wie du und ich. Da gibt es eben unstrukturierte, schlampige Athleten. Die vergessen einfach, sich bei einem Ortswechsel abzumelden. Da ist aber in den meisten Fällen kein Vorsatz dabei. Die Öffentlichkeit schaut da jetzt natürlich drauf. Deshalb versuchen wir die Athleten entsprechend zur Zuverlässigkeit zu erziehen. Allerdings gibt es auch Sportler, die es bei den Tests bewusst drauf anlegen und nicht erreichbar sind. Der, der betrügen will, wird es auch in Zukunft versuchen. 

tri2b.com: Viele deutsche Athleten fordern international gleiche Standards bei den Kontrollen ein. Andere Verbände sind da wesentlich lockerer im Umgang mit der Dopingproblematik und bei der Durchführung von Trainingskontrollen. 
R.K.: Meiner Meinung müssten alle Athleten die im Weltcup starten jetzt zum Saisonstart ihre Blutprobe abgeben. Ebenso in der letzten Trainingsphase vor der WM. Und dann noch bei der WM in Hamburg. So könnten Manipulationen aufgedeckt werden. Allerdings werden dafür eben die benötigten Gelder nicht bereitgestellt. Und dass, obwohl es im Weltcup mittlerweile um richtig viel Geld geht. 250.000 US-Dollar werden pro Rennen ausgeschüttet. Für eine sogenannte Minderheitensportart sind das sehr hohe Summen. Selbst im boomenden Biathlonsport werden vergleichsweise geringe Preisgelder ausbezahlt. Deshalb ist die Versuchung eben groß, auch mit unfairen Mitteln zu arbeiten.

tri2b.com: Sie haben die Entwicklung der Sportart Triathlon fast vom Start weg als Aktiver miterlebt. (erster Triathlon 1985 in Eichstätt, Anmerk. der Redaktion). Erkennen Sie einen Trend, wie sich die Dopingproblematik im Triathlonsport entwickelt hat? 
R.K.: Seit der Aufnahme ins olympische Programm ist viel mehr Geld im Spiel. Und je mehr Geld im Spiel ist, desto größer ist der Anreiz systematisch zu betrügen. Wer insbesondere die Entscheidungen der bisherigen olympischen Damenrennen genauer analysiert hat, weiß wovon ich rede. 

tri2b.com: Das sind sehr offene Worte. Damit macht man sich ja nicht unbedingt Freunde. 
tri2b.com: Ich kann einfach die Heuchlerei, wie sie derzeit insbesondere im Radsport stattfindet, nicht ertragen. Da wird ein Jan Ullrich von den scheinbaren Szenekennern zehn Jahre lang in den Himmel gelobt und dann ist er auf einmal der böse Bube. Wer sich etwas mit dem Sport auskennt, weiß, dass die Toursieger der letzten 30 Jahre sehr wahrscheinlich nicht sauber waren. Im Zuge der spanischen Dopingermittlungen sind neben den Radfahrern auch viele Sportler anderer Sportarten unter Verdacht geraten. Davon hört man jetzt nichts mehr und fast alle Radfahrer sitzen wieder im Sattel. Nur Jan Ullrich und Jörg Jaksche sind sozusagen die Dummen. Viele verschließen hier die Augen vor der Wirklichkeit. Damit wird das Dopingproblem aber nicht gelöst.

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