tri2b.com: Wie sieht dein Fazit für 2006 aus?
Sebastian Dehmer (S.D.): Ich würde sagen im Großen und Ganzen eher durchwachsen, aber mit der Tendenz zum Positiven. Ich habe doch einen relativ schlechten Einstieg in die Saison gehabt. Im letzten Jahr hatte ich eine Ausbildung bei der Polizei begonnen, die ich bis Januar durchgezogen hatte. Dann musste ich aber feststellen, dass sich die Ausbildung bei der Polizei nicht mit dem Spitzensport vereinbart. Da ich aber die Ambitionen habe, als Athlet noch möglichst weit zu kommen, sprich Peking 2008, musste ich die Ausbildung wieder abbrechen. Ich habe dann versucht, wieder bei der Bundswehr einzusteigen und bin da auch ganz froh drüber, dass es geklappt hat.
tri2b.com: Ist dir der Wiedereinstieg bei der Bundeswehr leicht gefallen?
S. D.: Dadurch, dass ich 2005 Deutscher Meister werden konnte, hatte ein gutes Argument, wieder zur Bundeswehr zu kommen. Ich hatte aber keinen einfachen Einstieg, es war schon mit sehr viel Stress verbunden.
tri2b.com: Was waren für dich die Höhepunkte der Saison 2006?
S. D.: Das war sicher der zweite Platz bei der Deutschen Meisterschaft. Von der Platzierung her hört sich das auch ganz ok an, aber im Grunde war das doch für mich ein Sieg, weil auf so einer schweren Strecke keiner, selbst ich nicht, mit mir gerechnet hat. Deshalb habe ich die Leistung umso höher eingeschätzt. Meine Form war zu diesem Zeitpunkt außerdem auch noch nicht auf Topniveau. Nach dem Trainingslager in Font Romeu bin ich dann direkt zum Weltcup nach Ungarn, wo ich Fünfter werden und mir damit auch in letzter Minute die Quali für die WM sichern konnte. Das waren so die herausragenden Wettkämpfe im vergangenen Jahr.
… im Grunde muss man nach vorn schauen …
tri2b.com: Dafür lief es bei der WM überhaupt nicht
S. D.: Die WM war für mich selbst kein schönes Erlebnis. Ich hatte mir natürlich mehr erhofft. Ich war gut vorbereitet und habe auch positives aus den letzten Wettkämpfen mitgenommen, also DM und Ungarn, und habe mir auch schon eine ordentliche Platzierung vorgenommen in Lausanne. Dann hat es aber vorne und hinten nicht gestimmt. Woran es nun gelegen hat, da gibt es mehrere Fragezeichen. Im Grunde muss man doch wieder nach vorne schauen und das Positive aus der Saison ziehen.
tri2b.com: Und das heißt für dich?
S. D.: So weiter machen wie bisher, am Ball bleiben und viel trainieren. Ich hatte doch einen ordentlichen Trainingsrückstand durch die Ausbildung bei der Polizei, wo ich nicht viel trainieren konnte. Da haben mir direkt drei Monate an Grundlagentraining gefehlt. Das war letztlich auch der ausschlaggebende Punkt, weshalb ich so viele Höhen und Tiefen über die Saison hatte. Wir hatten verschiedene Höhepunkte rausgesucht und darauf hatte ich mich auch gut vorbereitet. Leider hat aber die Grundlage gefehlt, um dieses Niveau zu halten. Das habe ich in diesem Jahr geändert und bin im Moment auf einem sehr guten Stand.
tri2b.com: Was hast du dir für das kommende Jahr vorgenommen?
S. D.: Das kommende Jahr ist natürlich ein tolles Jahr für uns Triathleten in Deutschland. Wir haben in Hamburg die Weltmeisterschaft im eigenen Land. Das ist ein super Ansporn. Gleichzeitig werden dort auch schon zwei Plätze für die Olympischen Spiele in Peking vergeben. Hamburg ist ganz klar ein Highlight für uns.
tri2b.com: Und wie schaut es mit dem Weltcup aus? In diesem Jahr lief es ja nicht ganz perfekt.
S. D.: Naja, einmal Fünfter, einmal Achter, das war erst einmal positiv. Der Rest war eher durchwachsen. Hier kam dann noch das Verletzungspech dazu. Zum Auftakt in Mexiko bin ich gestürzt, das war kein guter Einstand in die Worldcup-Saison. Ich war dann sehr lange verletzt und hatte viel Trainingsausfall dadurch, weil ich auch eine Blutvergiftung davon getragen hatte. Da lag im Grunde schon wieder das Problem. Das ist natürlich auch eine mentale Geschichte und ich habe mich gefragt, ob ich die Highlights, die ich mir gesetzt habe, überhaupt noch hinbekomme.
Hamburg ist einfach fantastisch …
tri2b.com: Auf den Weltcup in Hamburg freuen sich die Athleten immer ganz besonders. Ist die Stimmung dort wirklich so einzigartig im Vergleich mit den anderen Weltcups?
S. D.: Das ist schon ein Highlight. Wir Sportler leben von der Präsenz der Leute, die uns wahrnehmen. Ob das die Medien sind oder die Zuschauer, wir leben davon und wir machen den Sport, um auch irgendwo Ansehen und Anerkennung zu bekommen. Da geht es nicht immer nur um das liebe Geld, sondern um die Resonanz des Publikums. Und das ist in Hamburg einfach fantastisch. Es passt einfach, es ist eine zuschauerfreundliche Strecke und ist für uns Athleten übersichtlich. Außerdem sind die schnellen Strecken, wo wirklich sehr hohes Tempo gefahren und auch sehr schnell gelaufen wird, mein Ding. Und gerade deshalb ist Hamburg für mich ein riesen Event.
tri2b.com: Also ist die WM praktisch auf dich zugeschnitten?
S. D.: Ja, das würde ich schon so sagen. Ich freue mich auf jeden Fall auf die WM und werde sehr gut vorbereitet sein. Wir werden sicher auch noch speziell daraufhin trainieren. Das werden aber Feinheiten sein in Absprache mit meinem Trainer.
tri2b.com: Wäre die Langdistanz auch für dich mal ein Thema?
S. D.: Die Langdistanz ist auf jeden Fall ein Thema, gerade weil es zur großen Triathlonfamilie gehört. Nur wann ich mal auf der Langdistanz zu finden sein werde, das kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich bin ja noch ziemlich jung und habe auch noch einige Jahre auf der olympischen Distanz vor mir. Ein Ironman wird sicher noch kommen.
tri2b.com: Inwiefern ist der aktuelle Lehrgang bei der Bundeswehr für dich wichtig, im Hinblick auf dein eigenes Training oder vielleicht eine spätere beruflich Karriere?
S. D.: Wir werden hier als Trainer ausgebildet, das macht natürlich Sinn für Sportler. Ob ich später mal als Trainer arbeiten werde, steht in den Sternen. Ich bin jetzt als Trainer ausgebildet. Das bringt mich aber nicht nur als Trainer weiter, sondern auch als Athlet. Ich kann Trainingsabläufe besser nachvollziehen. Außerdem kann ich mich mit meinem Trainer besser austauschen. Es macht mir auch Spaß, selber Reize herauszufinden, was mir gut tut, was ich aber vorher noch nie gemacht habe. Es ist natürlich auch interessant, sich mit Sportlern aus anderen Disziplinen auszutauschen, mal ganz andere Sachen kennen zu lernen, die man vielleicht ins eigene Training einbauen kann. Hier sorgt mein Heimtrainer, Ralf Ebli, für die richtigen Trainingsimpulse.
tri2b.com: Wann geht die Saison für dich wieder los?
S. D.: Jetzt im Januar kommt erstmal ein Trainingslager auf Lanzarote, dann geht es noch mal für drei Wochen nach Südafrika. Wahrscheinlich werde ich im April die ersten Rennen bestreiten. Zum ersten Worldcup reise ich nach Japan.