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Stefan Schmid: Ein Sieg mit 24 wäre ja der Wahnsinn!

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Ausgerechnet den Ironman Wisconsin hatte sich Stefan Schmid für sein Debüt als Profi ausgesucht, aber das hatte einen ganz bestimmten Grund. Genau vor vier Jahren bestritt der heute 24-jährige Triathlet auch in Madison erstmals einen Ironman und wurde auf Anhieb Elfter. Damit war er für Hawaii 2008 qualifiziert. Seither hat sich viel getan und neben zahlreichen Ergebnissen auf hohem Niveau, blieben dem Peißenberger auch Rückschläge nicht erspart. Eine Herzerkrankung vor zwei Jahren brachte Schmid kurzzeitig von der Erfolgsspur und lässt den Rookie heute etwas anders über seinen Sport denken. Er lässt es etwas gelassener angehen, ohne dabei sein großes Ziel aus den Augen zu verlieren.

tri2b.com: Stefan, 2010 war nach überstandener Krankheit dein bisher erfolgreichstes Jahr als Triathlet. Seit diesem Jahr bist du nun Profi mit Schwerpunkt Langdistanz und das mit erst 24 Jahren. Ein eher seltener Schritt, wie kam es zu dieser Entscheidung? 
Stefan Schmid (S.S.): Ich denke, mit meinem Weltmeistertitel in der AK 18-24 auf Hawaii habe ich als Amateur so ziemlich alles erreicht. Dann sucht man doch nach dem nächsten Schritt und einer neuen Herausforderung. Ich möchte schon der Beste oder einer der Besten im Triathlon werden und dazu muss man sich auch mit den Besten messen. Bei den meisten Ironman-Rennen, wie auf Hawaii, startet man als Amateur 30 Minuten hinter den Profis. Es ist ein ganz anderer Wettkampf zu völlig anderen Bedingungen und die Zeiten sind nicht vergleichbar. Das ist schon ein gewisser Nachteil. Natürlich ist mir klar, dass es die nächsten zwei, drei Jahre nicht leicht wird und ich noch nicht ganz vor komm’, aber ich sehe das auch als Lehrjahre, um ebenso neue Erfahrungen zu sammeln. 

tri2b.com: Lehrjahre ist eine gute Bezeichnung und du hast ja durchaus schon ganz schön Lehrgeld bezahlt. Ich erinnere mich an deinen Kreislaufkollaps kurz nach dem Zieleinlauf beim Ironman Wisconsin vor sechs Wochen. Andererseits hast du bei deinem Debüt als Profi und dank einer guten Einteilung im selben Rennen auf Anhieb einen sensationellen zweiten Platz erreicht. 
S.S.: Ich habe mich für den Schritt natürlich auch deshalb entschieden, weil ich in den Vorjahren schon gemerkt habe, dass mir die Langdistanz sehr gut liegt. 2010 bin ich in Zürich bereits Sechster geworden, was ja auch schon eine super Leistung war. Ich hatte eine 8:38 und mir war damals schon klar, dass es unter anderen Bedingungen auch durchaus weiter nach vorne gehen kann. Bei den richtig großen Veranstaltungen ist zu den wirklichen Topstars natürlich schon noch ein gewisser Unterschied gegeben. Das dauert einfach und die Zeit muss man sich nehmen. 
tri2b.com: Der erste Schritt in die richtige Richtung ist ja damit getan. Woher hast du diese frühe Grundlagenausdauer und Spritzigkeit in jungen Jahren, das kommt ja nicht von irgendwo? 
S.S.: Ich mache bereits seit 1998 Triathlon, die ersten Jahre eher hobbymäßig und hab’ nebenher noch Eishockey gespielt. Eishockey habe ich dann aber aufgegeben und mich nur noch auf Triathlon konzentriert. Zwei Jahre später habe ich dann meinen Trainer, Markus Kneip, kennengelernt und mit dem bin ich bis heute unterwegs. 

tri2b.com: Dein Trainer ist aus dem Saarland, wie habt ihr euch kennen gelernt und wie funktioniert die Zusammenarbeit auf diese Entfernung? In deiner Region oder im Münchener Umland gibt es doch sicherlich auch exzellente Trainer und der Kontakt wäre erheblich einfacher. 
S.S.: Das war eigentlich eher Zufall und das ergab sich über einen anderen Athleten aus dem Verein. Wir sehen uns zwar nicht oft, aber von vorneherein war ausgemacht: wenn er mich trainiert, dann wird das Training langfristig angelegt und eher auf die Zeit nach den Junioren. Darauf führe ich auch meine Ergebnisse in der Jugendzeit zurück, die zwar in Bayern top waren, aber auf nationaler Ebene hat’s dann immer eins auf die Mütze gegeben. Aber das war unser Ziel und daher kommen auch diese gute Grundlage und Schnelligkeit. Das Training mit Markus funktioniert seither super und es reicht auch vollkommen, wenn wir uns zwei bis dreimal im Jahr sehen, alles andere läuft über eMail und Telefon. Da ist natürlich jeder unterschiedlich und der eine braucht ständige und persönliche Betreuung bei jeder Trainingseinheit. Ich bin da ziemlich selbständig, ich bekomme meine Trainingspläne und kann die auch individuell abwandeln und das passt bisher hervorragend. 

tri2b.com: Ziel ist die Qualifikation für Hawaii 2012, mit Platz zwei in Wisconsin und dem 13. Platz in Arizona hast du nun 1.440 Punkte im Kona Pro Ranking. Bist du damit in der Spur? 
S.S.: Mein Wunsch waren eigentlich die Top Ten in Arizona und somit 2.000 Punkte in den beiden Rennen zu holen, aber an dem Tag hat mir einfach die Kraft gefehlt. Es war mein härtestes Rennen, dennoch bedeutet Platz 13 auch ganz klar, dass ich mir meine Ziele nicht zu niedrig stecke. Aber ein Sieg mit 24 Jahren in Wisconsin, das wäre der Wahnsinn gewesen. Viel gefehlt hat allerdings nicht. 

tri2b.com: Wo holst du dir die restlichen Punkte für Qualifikation? 
S.S.: Also heuer brauchte man ca. 3.000 Punkte für die Top 50, ich denke für 2012 werden es schon zehn Prozent mehr sein. Ich bin eigentlich noch mitten in der Planung, aber klar ist, mehr als zwei Ironman-Rennen mache ich nicht pro Jahr. Eine Langdistanz und zwei 70.3, das muss also reichen, um mich zu qualifizieren und dann kommt noch Hawaii. Vielleicht wieder Anfang des Jahres in Amerika, dann habe ich in der europäischen Saison nicht so viel Stress. 

tri2b.com: Warum nur zwei Langdistanzen, ist das aufgrund der diagnostizierten Herzerkrankung im Jahr 2009? 
S.S.: Nein, das ist vollständig auskuriert, aber es war natürlich ein absoluter Schock und emotionaler Tiefschlag. Erst wurde eine krankhafte Erweiterung des Herzmuskels diagnostiziert, wonach noch 30 Prozent die nächsten 15 Jahre überleben. Letztendlich hat es sich dann als eine Herzmuskelentzündung aufgrund einer verschleppten Grippe herausgestellt. Eine Erfahrung, auf die man gut und gerne verzichten kann, die aber meine Einstellung zum Sport und zu meinem Körper geprägt hat. Ich höre jetzt einfach mehr nach innen und gönne mir mehr Ruhe, gerade bei einer Krankheit, um dann lieber wieder mit voller Kraft zu trainieren. Es gibt einfach noch wichtigeres im Leben als Triathlon und die Gesundheit geht vor. Dazu zählt auch, dass es in meinem Alter einfach nicht funktioniert, mehr als zwei Ironman im Jahr mit absoluter Höchstleistung zu absolvieren. Für junge Athleten ist der neue Qualifikationsmodus damit natürlich schon ein Nachteil. Wer das Jahr zuvor nicht auf Hawaii gefinished hat, der tut sich schwer, weil es dort einfach die meisten Punkte gibt. 

tri2b.com: Wie sehen deine nächsten Wochen aus, wann beginnst du wieder mit dem Training? 
S.S.: Nächste Woche lass ich erst einmal meine Nase und Nebenhöhlen operieren, denn die sind verengt und ich bin ständig verschnupft, bei Belastung kann ich zudem nur über den Mund atmen. Ab 1. Januar werde ich dann wieder richtig trainieren und dann steht die Planung für 2012. 

tri2b.com: Dann viel Glück bei der OP, herzlichen Dank für das Gespräch und alles Gute für 2012. 
S.S.: Vielen Dank. 

Anm. d. Red. 
Stefan Schmid machte 2007 seinen ersten Ironman in Wisconsin und war damit auch gleich für Hawaii 2008 qualifiziert, krankheitsbedingt konnte er dann jedoch nicht starten.

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