tri2b.com: Wann war der letzte Wettkampf, den Du wegen einer Erkrankung oder eines Infekts absagen musstest?
Sebastian Kienle (S.K.): Das ist schon fast fünf Jahre her. Wegen einer Borreliose habe ich ein Rennen vom RheinNeckar-Cup absagen müssen.
tri2b.com: Wie schwer ist Dir die Absage gefallen, wie hast Du das abgewogen bzw. entschieden?
S.K.: Schon sehr schwer, aber ich habe Antibiotika genommen und war auch recht müde, das hat die Entscheidung sicher leichter gemacht. Am Tag des Rennens habe ich vier Stunden Mittagsschlaf gemacht. Als ich aufgewacht bin wusste ich, dass es die richtige Entscheidung war, nicht zu starten. Eine Woche später habe ich in Kraichgau mit einem Top-Rennen gewonnen.
tri2b.com: Hast Du schon mal einen Wettkampf mit Erkrankung bestritten, den Du im Nachhinein besser nicht gemacht hättest?
S.K.: Ja, leider habe ich das auch schon einmal gemacht. Ich war zwar nicht wirklich krank , aber eben auch nicht zu 100 Prozent gesund. Das Rennen war okay, aber es war sicher die falsche Entscheidung. Rennen gibt es viele, Leben hat man nur eins.
tri2b.com: Wie verhältst Du Dich im Training, wenn Du merkst, dass möglicherweise ein Infekt im Anflug ist?
S.K.: Lieber mal ein Training ausfallen lassen oder verkürzen. Meistens ist das besser, als wenn man dann eine ganze Woche flachliegt. Weiteres Risiko vermeiden, nicht Schwimmen, lieber auf der Rolle trainieren. Ich probiere, viel zu schlafen und möglichst wenig Stress. Biestmilch, Ingwertee, Hühnerbrühe und viel Trinken hilft auch. Außerdem habe ich einen Mikrozerstäuber. Gerade wenn die Luft sehr trocken ist, hilft auch der, die Schleimhäute feucht zu halten.
tri2b.com: Welche Maßnahmen ergreifst Du außerhalb des Trainings – Thema Regeneration um den Infekt erst gar nicht zum Ausbruch kommen zu lassen?
S.K.: Siehe oben: Außerdem hilft natürlich alles, was der Regeneration hilft, auch dem Immunsystem und
umgekehrt. Nach dem Training probiere ich, schnell etwas Kleines zu essen, wie einen Proteinriegel (PowerBar Protein Plus o.ä.). Meistens dauert es ja, bis man abends nach dem Schwimmen was gekocht hat. Die ersten 90 Minuten nach einem harten Training sind sehr wichtig (Open Window).
tri2b.com: Wie schwer fällt es Dir, bei einer Erkrankung wirklich Ruhe zu geben?
S.K.: Kommt auf die Situation an. Im Trainingslager oder vor einem wichtigen Rennen kann ich schon echt nervig werden. Im Winter oder Frühjahr ist eine kleine Erkältung nicht dramatisch, ich behandle mich da auch nicht wie ein rohes Ei
tri2b.com: Auf welche Art von Medizin vertraust Du, Schulmedizin, Naturheilverfahren ?
S.K.: Eigentlich bin ich schon eher der Technokrat und vertraue auf die Schulmedizin. Aber ich bin anderen Sachen gegenüber offen und probiere sie aus. Ich urteile nach dem Ergebnis.
tri2b.com: Wie schaut der Trainingseinstieg nach einer überstandenen Erkrankung aus (Standardtrainingseinheiten, wie lange Pause)?
S.K.: Ich verlasse mich da ganz auf mein Gefühl. Meistens habe ich keine Lust auf Training, wenn ich krank bin. Dann mach ich so lange Pause, bis ich wieder Lust habe. Wenn ich Fieber habe oder Medikamente nehmen muss, trainiere ich auf keinen Fall. Bei einem leichten Schnupfen ohne sonstige Symptome trainiere ich auch mal locker 30 bis 45 Minuten am Tag, meistens locker auf der Rolle. Das ist oft besser, als gar nichts zu tun.
tri2b.com: Wie merkst Du, dass Du wieder voll belastbar bist, zum Beispiel am Körpergefühl oder am Herzfrequenzverhalten?
S.K.: Nach 16 Jahren Triathlon kennen wir uns recht gut, ich und mein Körper. Ich denke, das ist auch eine meiner Stärken, dass ich gut einschätzen kann, wann es Sinn macht Gas zu geben und wann man eher bremsen sollte.
tri2b.com: Was machst Du, wenn am Prerace-Day beim Rennen des Jahres (z.B. Hawaii) der Hals kratzt?
S.K.: In Roth 2010 ist genau das passiert. Einfach hinlegen, Kings of Leon auf den Kopfhörer und entspannen. Mir fällt es auch schwer, da ruhig zu bleiben, aber Ruhe bewahren ist oberste Athleten-Pflicht.