tri2b.com: Den entscheidende Marathon haben zuerst Eneko Llanos und auch Chris McCormack dominiert. Und dann dieses Wahnsinnsfinale von dir?
Timo Bracht (T.B.): Das war so ein Livetime-Moment. Davon gibt´s wenige im Leben, wo du alles reinlegen kannst, was du hast. Aber das war so einer. Wo ich wirklich alles kanalisiert hab, was noch an Kraft und Wille da war. Zuvor sah es noch anders aus. Als Chris (Chris McCormack) davon zog, hab ich ihm noch nachgerufen "Macca, great job, great run for you. Come on. I wish you all the best". Er hat kurz zurückgerufen "Thank you Timo. Great job". Für mich war eigentlich jetzt klar, der läuft das Ding jetzt durch. Als ich dann doch zurück kam, hat er mir zugerufen: Ich soll jetzt gewinnen und Llanos sei nicht mehr weit weg. Er ist wirklich ein ganz, ganz großer Athlet. So was passiert da draußen auf der Strecke unter harter Konkurrenz. Das ist für mich eine Erfahrung, die schon sehr viel wert ist.
tri2b.com: Du hast auch von deiner bisher besten Schwimmleistung in einem Ironman gesprochen. Trotzdem war die Spitze erst einmal weg. Ihr seid da unter Zugzwang gewesen?
T.B.: Als die beim Radfahren vorne gemerkt haben, dass McCormack und ich nach dem Schwimmen zurückliegen, sind die natürlich alles oder nichts gefahren. Da mussten wir hinten reagieren. Ich bin noch nie so lang, so hart am Stück, Rad gefahren. Da waren keine fünf Sekunden zum Durchatmen dabei. Das war richtig Stress. Die 50 Minuten im Wasser und die gut 4 Stunden auf dem Rad waren extrem. Erst beim Laufen konnte ich mich etwas freimachen. Hier gelang es mir dann sogar, mich gegen Schluss richtig zu mobilisieren und sogar noch schneller zu werden.
tri2b.com: Wo siehst du den Schlüssel dafür, deine an sich schon sehr guten Leistungen aus dem Vorjahr so eindrucksvoll zu steigern?
T.B.: Ein Erfolgsrezept war, dass ich eine Harmonie zwischen hartem und leichtem Training gefunden habe. Als ich von Eneko Llanos in der Pressekonferenz hörte, er habe sich für 2009 genauso vorbereitet wie für 2008, da habe ich das als Pluspunkt für mich verbucht. Wer nichts verändert, der entwickelt sich nicht weiter. Das ist nicht nur im Sport so. Aber es ist auch unheimlich schwer, sich immer wieder neu zu erfinden.
tri2b.com: Aber wenn man das Training verändert, kann es ja auch in die andere Richtung gehen. Woher das Selbstbewusstsein ständig etwas Neues auszuprobieren?
T.B.: Ich habe das Glück mit den Besten zusammenzuarbeiten. Mit Ralf Ebli als Trainer habe ich jemand, der über Jahre Erfahrung gesammelt hat und vom Typ zu mir passt. Klar bin ich mit ihm auch ein gewisses Risiko eingegangen, da er ja von der Kurzdistanz kommt. Aber er weiß sehr genau, wie Training wirkt, welche Methoden einzusetzen sind, um was zu entwickeln. Denn mein Ziel war und ist es, mich zu entwickeln. Doch jetzt an diesem Punkt muss ich schon etwas durchatmen, wenn ich an die Zukunft denke.
tri2b.com: Viel wurde über dein spezielles Brückentraining gesprochen, um die acht Mainüberquerungen besser zu meistern. Wird jetzt für Hawaii der Queen Kaahumanu Highway im Neckartal nachgebaut?
T.B.: Das ist auch so ein Sache, wie mit dem Socken wiegen. Das hab ich wirklich gemacht, aber nur ein- zweimal. Und dann wurde immer wieder darüber geschrieben. Das Brückentraining hat seinen Ausgangspunkt im Jahr 2006. Ich hab damals hier gegen Cameron Brown das Rennen verloren. Auch deshalb, weil ich an den Brücken beim Abwärtslaufen extreme muskuläre Probleme bekommen habe. Aus diesem Grund wurde das jetzt punktuell ins Trainingsprogramm mit aufgenommen. Zum Beispiel in einem Koppeltraining, um auch die Vorbelastung dabei zu haben.
tri2b.com: Du hat im letzten Jahr gesagt, auf Hawaii viel von Craig Alexander gelernt zu haben. Was nimmst du aus dem Rennen hier in Frankfurt mit?
T.B.: Das muss sich jetzt erst mal alles setzen, ich hab mir hier extra die Ergebnisliste geholt, damit ich das auch schwarz auf weiß sehe (lacht). Weil die Zeiten von Llanos, McCormack und Raelert sind schon der Hammer. Außerdem sind es vorne alles Athleten mit viel Erfahrung, die auch schon so machen Tiefschlag hinnehmen mussten. Aber das macht sie deshalb auch wieder so stark. Für ganz vorne muss man alles Schleusen auf Durchzug stellen können , sonst reicht es halt nicht. Das ist dann der mentale Aspekt.