Das hat er geschafft. Mehr als das: Ich habe meine eigenen Erwartungen übertroffen, sagt er. Acht Mal gewann Bracht ein Ironman-Rennen, er ist dreifacher Europameister und bei der Mutter aller Triathlons, der WM auf Hawaii, landete er fünfmal in Folge unter den Top 10. Rang 5 im Jahr 2011 war dort seine beste Platzierung.
Fast zwölf Jahre sind seit dem Wechsel vom Amateur zum Profi vergangen. Als nun 40-Jähriger gehört er inzwischen zu den ältesten Profis in seinem Sport, aber immer noch zu den schnellsten auf den langen Strecken. Vor zehn Tagen beendete Timo Bracht die Challenge Roth auf Rang zwei. Sein nächstes Ironman-Rennen steht am 27. September auf Mallorca bevor. Dort will der zweifache Familienvater Qualifikationspunkte für Hawaii sammeln. Denn nachdem er zwei Mal in Folge auf einen Start dort verzichtet hat, fühlt er sich bald wieder reif für die Insel.
Roland Karle (R.K): Ihr härtestes Rennen?
Timo Bracht (T.B.): Aller Anfang ist schwer und deshalb war auch mein erster Ironman als junger Student und Amateur mit das Härteste, was ich bisher gemacht habe. Obwohl das schon gut 15 Jahre her ist, sind mir die Schmerzen und Zweifel auf der langen Strecke bis heute präsent. Aber diese Erinnerung treibt mich auch weiter an.
R.K.: Ihr wichtigster Sieg?
T.B.: Ganz klar der erste Ironman-Europameistertitel in Frankfurt 2007. Das war mein internationaler Durchbruch mit damaliger TV-Live-Präsenz in der ARD.
R.K: Ihre Lieblingsstrecke?
T.B.: Von den großen Rennen mit weltweiter Bedeutung ist die Strecke im fränkischen Roth sicherlich das Highlight. Besonders schön sind auch die Triathlons am Walchsee/Kaiserwinkl und in Busselton/Western Australien.
R.K.: Der gefürchtetste Triathlon?
T.B: Obwohl ich schon 13 Mal am Start war und die Strecken und das Drumherum fast auswendig kenne, ist der Ironman Hawaii immer noch ein ganz besonders hartes und auch furchteinflößendes Rennen.
R.K.: Ihr sportlich größter Erfolg?
T.B: Mit dem Titel beim größten Langstrecken-Triathlon der Welt letztes Jahr in Roth und der Weltklassezeit von 7 Stunden und 56 Minuten ging ein Traum in Erfüllung.
R.K: Die heftigste Enttäuschung?
T.B: Sportlich gesehen war das die Disqualifikation 2008 auf Hawaii, nachdem ich als Fünfter das Rennen bei der Ironman-WM beendet hatte. Erst eine Stunde nach dem Zieleinlauf wurde das am grünen Tisch entschieden. Wegen einer gelben Karte und einer versäumten Stop-and-go-Strafe, die an sich eine Lappalie ist, wurde mir nachträglich der 5. Platz aberkannt. Rückblickend habe ich daraus aber unheimlich viel Kraft und Ehrgeiz geschöpft, um dann im darauffolgenden Jahr mit dem erneuten Titel in Frankfurt meine Form unter Beweis zu stellen.
R.K: Drei Triathleten, die Sie bewundern?
T.B: Lothar Leder: Er hat es als erster Deutscher geschafft, sich sportlich durchzusetzen, starke Sponsoren zu gewinnen und sich auch außerhalb der Triathlon-Szene zu vermarkten. Mark Allen: Den sechsfachen Hawaii-Sieger treffe ich immer wieder auf der ganzen Welt, er ist ein sehr freundlicher und interessanter Mensch. Bei meinem ersten Ironman-Sieg 2003 in Frankreich war der erste Gratulant. Winfried Traub: Er ist mehrfacher deutscher Amateurmeister, berufstätig, hat zwei Kinder und setzt sich seit Jahren ehrenamtlich mit viel Engagement und Energie für den Triathlonsport in Mannheim und bei meinem Heimatverein Soprema Mannheim ein.
R.K: Personen, die ganz wichtig für Ihre Karriere sind/waren?
T. B: Mein Jugendtrainer Gregor Haslberger, der mich in den ersten Jahren perfekt in den damals noch verrückten Triathlonsport eingeführt hat. Mein Bruder Kai, der mich durch seine eigenen sportlichen Erfolge als Skisportler motiviert und später mit dem gleichen Enthusiasmus meine sportlichen Erfolge begleitet hat. Mein Physiotherapeut Dirk Lederer, der mich seit 2008 begleitet und dafür sorgt, dass keine Verletzungen aufkommen. Mein Mechaniker Heiko Huber keiner kennt sich mit meinen Rädern besser aus.
R.K: Der tollste Ort zum Trainieren?
T.B: Aktuell bin ich vom Oberengadin rund um St. Moritz, wo ich den ganzen Juni verbracht habe, sehr begeistert. Außerdem sind Mallorca und Lanzarote ebenso wie der Odenwald für mich echte Klassiker.
R.K: Ihr sympathischster Trainingspartner?
T.B: Die Triathlon-Legende Fritz Buchstaller. Er ist Urfranke und kann sich auf dem Rad nicht nur schinden, sondern hat auch immer ein offenes Ohr für meine Geschichten.
R.K: Was haben Sie über sich im Triathlon gelernt?
T.B: Mehr als in fünf Jahren an der Uni. Am meisten das Vertrauen in die eigene Person. Zudem: nicht aufgeben und seinen eigenen Weg gehen, egal was andere manchmal sagen.
R.K: Was haben Sie von anderen Triathleten gelernt?
T.B: Ich schaue mir auch gerne von anderen Sportlern etwas ab. Vor allem, wie sie mental mit schwierigen Situationen umgehen.
R.K: Was war als Profi mit 30 besser?
T.B: Eigentlich nicht so viel. Wenn überhaupt, dann damals der jugendliche Leichtsinn und die Unbekümmertheit, mit der ich an die großen Aufgaben herangegangen bin.
R.K: Was fällt Ihnen als Profi mit 40 leichter?
T.B: Das Gesamtpaket ist stimmiger geworden und der Einklang von Familie, Sport und Beruf hat sich toll entwickelt. Ich bin auch unabhängiger geworden und kann noch mehr meinen eigenen Weg gehen.
R.K: Haben sich Ihre Karriere-Erwartungen erfüllt?
T.B: Meine Erwartungen haben sich mehr als erfüllt. Ich hätte nie gedacht, dass ich das Potenzial habe, so weit zu kommen. Fast 15 Jahre auf Weltspitzenniveau ohne Ausfälle und große Rückschläge das ist ein Wahnsinn. Daraus ziehe ich viel Selbstbewusstsein und sehe mich bestätigt, dass ich doch einiges richtig gemacht habe.
R.K: Was fehlt zur Krönung Ihrer Laufbahn?
T.B: Der Sieg in Roth letztes Jahr war für mich persönlich nochmal ein sportlicher Befreiungsschlag. Mit Frankfurt und Roth habe ich die beiden größten Rennen in Deutschland gewinnen können. Nächstes Jahr, mit dann 40 Jahren, will ich zeigen, auch auf Hawaii immer noch zu den Besten der Welt zu gehören das ist ein großes Ziel. Davon abgesehen bin ich froh, dass es im Sport keine Monarchie gibt.
R.K: Der zweitschönste Beruf nach Triathlon-Profi?
T.B: Papa sein und Touristenführer.
R.K: Dein nächster Beruf nach der Triathlon-Karriere?
T.B: Nun ja, Triathlon-Profi war eher eine Berufung als ein Beruf für mich. Ich gebe noch mal sportlich Vollgas im nächsten Jahr, dann wird man sehen. Mit meiner Sportberatungsfirma habe ich mir seit einigen Jahren bereits ein zweites Standbein aufgebaut.