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Triathlon bei Hitze: Gut gekühlt und hydriert zum Erfolg

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Triathleten, die nur noch schemenhaft im wabernden Hitzeflimmern erkennbar sind. Das sind Bilder, die den Ironman Hawaii zu einem Mythos in der Sportwelt, werden ließen. Zerbrochene Finisher-Träume aufgrund von Problemen mit der Hitze gehören auf dem Queen Kaahumanu Highway, dem Alii Drive und dem Energy Lab zum Alltag eines normalen Racedays in Kona. Wir haben mit Caroline Rauscher, die unter anderem auch die Profitriathleten Andi Böcherer, Stefan Schmid, Julia Gajer und Daniela Sämmler in Ernährungsfragen berät, über die Problematik von sportlichen Höchstleistungen unter Hitzebedingungen gesprochen.

tri2b.com: Der Ironman Hawaii steht wie wohl kein anderer Triathlon für körperliche Extrembelastungen unter Hitzebedingungen. Kann man Hitzeverträglichkeit trainieren, bzw. sich mit gezielter Ernährung und Flüssigkeitsversorgung darauf vorbereiten? 
Caroline Rauscher (C.R.): Die Hitze-Akklimatisierung ist eine physiologische Anpassung die bei regelmäßigem Hitzeaufenthalt auftritt. Der Mensch passt sich an die Hitze an, wenn er dieser wiederholt ausgesetzt ist. Die Hitzebelastung muss dabei für den Körper so groß sein, dass sich dadurch sowohl die Körperkerntemperatur als auch die Hauttemperatur erhöht und die Schweißflussrate ansteigt. Trainiert man intensiv in der Hitze, oder hält man sich passiv draußen bei hohen Temperaturen auf, wird diese Akklimatisation erreicht. Die physiologische Anpassung ist in beiden Fällen gleich: d.h. Erhöhung des Plasmavolumens, verbesserte Durchblutung der Haut und Reaktion der Schweißdrüsen auf einen bestimmten Anstieg der Kerntemperatur. Diese Adaptionen reduzieren die negativen Auswirkungen der Hitze. Das Anpassungstraining muss aber ausreichend intensiv sein und die entsprechende Außentemperatur so hoch, dass die Kombination aus Trainingsstress und Hitzestress die Körperkerntemperatur signifikant ansteigen lässt. Wenn der Athlet das Training zusätzlich im dehydrierten Zustand macht, geht die Anpassung an die Hitze etwas schneller. Die Ernährung hat keinen Einfluss auf die Hitzeverträglichkeit. 
tri2b.com: Es gibt Triathleten, wie z.B. Faris Al-Sultan, die von sich aus sagen ihnen liegen Hitzebedingungen besonders gut. Gibt es Athleten, denen Hitzeverträglichkeit mehr oder weniger in die Wiege gelegt wurde? 
C.R.: Das ist individuell ganz unterschiedlich, ob einem Athleten Hitze oder Kälte mehr entgegen kommt. Wenn man von Hitze spricht, muss man sich zudem zuerst bewusst werden, wo beginnt eigentlich Hitze? Schon ab einer Außentemperatur von 21 Grad Celsius reduziert sich langsam die Leistungsfähigkeit. Außerdem ist bei einer konstanten Temperatur (z.B. 25 Grad) die Höhe der Luftfeuchtigkeit entscheidend. Eine schwülheiße Witterung mit sehr hoher Luftfeuchte ist deutlich anstrengender für den Organismus. In so einem Klima dürfte der Nutzen von verstärktem Schwitzen zur Hitzeadaption gering sein, weil der Wasserdampfdruck der Umgebung zusätzliches Schwitzen und damit zusätzliche notwendige Kühlung erschwert. 
tri2b.com: Wie schaut es andersherum aus. Gibt es Athletentypen, die von der Konstitution her mit Hitze eher schlechter zurecht kommen? 
C.R.: Schwere Athleten bekommen normalerweise eher Probleme mit der Hitze als ganz leichte. Die Schwelle bei der Gehirn und Körper die Intensität unabhängig vom Willen des Athleten reduzieren, liegt bei jedem Menschen bei einer bestimmten Core Temperatur. Diese Cut-Off Temperatur, die zum Abbruch der Belastungsintensität führt, ist bei jedem unterschiedlich und stellt gewissermaßen einen Schutzschalter dar. Es ist deshalb wichtig, spezielle Methoden zu benutzen, um das frühzeitige Erreichen dieser kritischen Core Temperatur zu verhindern. Als realistischer Cut-Off Bereich kann eine Körperkerntemperatur von ca. 39,5 – 41 Grad Celsius angenommen werden, individuell sind davon aber Abweichungen möglich. 

tri2b.com: Wie schaut idealtypisch die Flüssigkeitsversorgung in den Tagen vor dem Rennen, bzw. am Wettkampftag aus? 
C.R.: Es gibt keine allgemein gültige Empfehlung: Wichtig ist es, dass der Athlet optimal hydriert in den Wettkampf geht. Das ist der Fall, wenn die Nieren eine ausreichend große Menge an verdünntem Urin produzieren. Ziel ist nicht, dass man dauernd wasserlassen muss, sondern, dass der Urin eine blassgelbe Farbe hat. Danach richtet sich dann die individuelle Trinkmenge. 

tri2b.com: Kann man auch zu viel trinken? 
C.R.: Ja, das kann man und das führt im schlimmsten Fall zu einem Hirnödem. 
tri2b.com: Welche Auswirkungen hat die Hitze auf die Leistungsfähigkeit des Athleten während des Rennens konkret? 
C.R.: Die Belastung in schwüler Hitze kann die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit negativ beeinflussen. Hitzebedingte Dehydrierung verschlechtert die Wahrnehmung, die Wachheit sowie die kognitiven Fähigkeiten des Athleten. Ab welchem Grad dies der Fall ist, darüber ist man sich im Moment nicht ganz einig. Durch Hitze kommt es im Gehirn zu speziellen Veränderungen von bestimmten Botenstoffsystemen, welche z.B. die Funktionalität der Muskulatur negativ beeinflussen, was zum Belastungsabbruch führen kann. Ebenso steigt das Schmerzempfinden des Athleten an und die Belastung wird als anstrengender empfunden, als sie eigentlich ist. Es scheint so, dass so gut hydriert wie möglich zu bleiben, „Pre-Cooling“ und die CHO-Level zu optimieren, die wichtigsten Strategien bei Belastung in der Hitze, darstellen. Die Zufuhr von BCAAs bringt nichts, was die Belastbarkeit und die kognitive Leistungsfähigkeit in der Hitze anbelangt. 

tri2b.com: Speziell beim Ironman Hawaii werden die Getränke an der Strecke oft mit reichlich Eiswürfeln angereichert. Was sollte bei der Trinktemperatur unter Hitzebedingungen beachtet werden? 
C.R.: Kalte Getränke vor der Belastung stellen z.B. eine Möglichkeit der verschiedenen „Pre-Cooling“-Methoden dar. „Pre-Cooling“ ist eine geeignete Methode, um die durch Hitzestress ausgelöste Müdigkeit zu bekämpfen, bzw. dieser vorzubeugen. Es gibt verschiedene Möglichkeit, z.B. eben kalte bzw. eisige Getränke, geeiste Handtücher oder Kleidung, kalte Luft, Kühlwesten mit Eiswasser etc. Sehr interessant ist der Ansatz mit den geeisten Getränken, vor und während der Belastung. Sie entziehen dem Körper rasch Wärme, kühlen also und setzen gegebenenfalls enthaltene Kohlenhydrate frei. Dies kann durch innerliche Anwendung die sportliche Leistungsfähigkeit verbessern. Aber wichtig: all diese Ansätze müssen erst im Training angewendet werden, um auch zu sehen, wie die Verträglichkeit der jeweiligen Methode ist. Kalt trinken während dem Rennen ist sehr gut, die Magenentleerung wird dadurch unter anderem auch verbessert. Aber unbedingt dabei beachten: Nicht erstmals in einem wichtigen Wettkampf anwenden.
tri2b.com: Ist es ein gutes oder schlechtes Zeichen, wenn sich bei einem Athleten während des Rennens die Salzränder deutlich an der Bekleidung abzeichnen? 
C.R.: Das ist weder ein gutes noch ein schlechtes Zeichen. Die Erklärung für die Ränder: Die Haut ist mit ihren Schweißdrüsen vergleichbar mit einer exokrinen Drüse, über die der Körper unter anderem Wasser und Elektrolyte ausscheidet. Nach dem heutigen Kenntnisstand geht man davon aus, dass „salzverkrustete“ Athleten wahrscheinlich mehr als genug Salz über die Nahrung aufgenommen haben und ihr Körper den so entstandenen Überschuss wieder loshaben will. 
Ein weiterer Grund liegt in der Regulation des Durstgefühls über die Osmolalität des Plasmas. Diese wird zum größten Teil vom Natrium bestimmt. Wenn der Körper nun Salz über den Schweiß ausscheidet, reduziert sich das Durstgefühl und der Athlet kann sich länger belasten, bevor er trinken muss. Auf diese Weise können Menschen in der Hitze lange Strecken zurücklegen und die Flüssigkeits- und Treibstoffspeicher später bei Bedarf wieder befüllen. 

tri2b.com: In der Sommersaison gab es mehrmals Todesfälle bei Triathlon-Wettbewerben in Mitteleuropa (Gründe unter anderem Überanstrengungen/Kollaps mit Herzinfarkt). Auf was sollte man speziell beim Trinken achten, um der Gefahr zu kollabieren entgegen zu wirken? 
C.R.: Es wird im Moment in Wissenschaftskreisen sehr kontrovers diskutiert, wie sehr sich welcher Dehydrierungsgrad während der Belastung auf die sportliche Leistungsfähigkeit auswirkt. Also ab welchem Dehydrierungsgrad es zu einer Verschlechterung der Leistungsfähigkeit und der kognitiven Fähigkeiten etc. kommt. Allgemeine Trinkempfehlungen sind schlecht. Die individuelle Trinkmenge ist abhängig von verschiedenen Faktoren. Außerdem empfindet jeder Athlet die Auswirkungen der Dehydrierung unterschiedlich, ebenso unterscheidet sich das Durstgefühl individuell. 
Ratsame Vorgehensweise: Der Athlet sollte sich der Faktoren bewusst sein, die zur Dehydrierung führen und seine Verluste bei entsprechenden Außentemperaturen kennen. Er ermittelt für verschiedene Trainingseinheiten unter verschiedenen Voraussetzungen seine ungefähre Schweißflussrate. Diese gibt einen Anhaltspunkt für eine sinnvolle Trinkmenge pro Stunde. Diese Trinkmenge wird dann auf Verträglichkeit, Umsetzbarkeit etc. getestet. Basierend auf diesem Wissen erstellt sich der Athlet sein Trinkschema. Natürlich soll auch unbedingt das individuelle Durstgefühl berücksichtigt werden, bei der Flüssigkeitsaufnahme. Jedoch fällt der Durst nicht immer mit der Möglichkeit zu Trinken zusammen.

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