Früh am Morgen waren die Temperaturen noch angenehm, als sich die knapp 3.000 Starter in den bis auf 26,5 Grad Celsius aufgeheizten Langener Waldsee stürzten. Etwa 300 gemeldete Athleten zogen aufgrund der zu erwartenden extremen Hitzebedingungen kurzfristig zurück.
Kienle verliert vier Minuten beim Schwimmen
Mit einem Landstart eröffneten die Profis diesen denkwürdigen Frankfurter Ironman-Tag. Schon auf den ersten der zwei Schleifen durch den Langener Waldsee splittete sich das Feld auf. Vorne sorgten Jan Frodeno, Andi Böcherer und David Dellow für das Tempo. Kienle folgte beim ersten Landgang in der dritten Gruppe, in der sich zur Überraschung der Zuschauer auch Andi Raelert befand. 46:02 Minuten wurden für Jan Frodeno im Schwimmziel gestoppt, Böcherer und Dellow mussten den Vorjahresdritten am Ende etwas ziehen lassen und gingen mit einer knappen Minute Rückstand auf die Radstrecke. Kienle und Raelert blieben auch bis zum Radstart ein Duo. Mit vier Minuten Abstand zu Frodeno ging der Vorjahressieger und der Sieger von 2010 auf die Verfolgung.
Frodeno fährt 4:08:43 Stunden!
Kienle drückte gleich auf den ersten Radkilometer durch die Frankfurter Innenstadt mächtig auf´s Tempo. Schnell wurde der Rückstand zu Leader Frodeno kleiner und nach 30 Kilometern war der Titelverteidiger bereits auf Rang zwei vorgefahren. Als nach 60 Kilometer der nördlichste Punkt in Friedberg erreicht war, betrug Frodos Vorsprung nur noch 75 Sekunden. Doch näher sollte der Hawaii-Champion von 2014 nicht mehr kommen. Zuerst blieben die Abstände konstant, dann baute Frodeno seinen Vorsprung, ganz auf sich allein gestellt, Sekunde um Sekunde aus. Die Verfolger hatten sich dahinter mittlerweile gefunden. Kienle, Böcherer und Frederik van Lierde versuchten es als Dreierpack, den Vorsprung nicht großer werden zu lassen. Aber er wurde größer, weil Frodeno in einer, für die Frankfurter Verhältnisse, neuen Liga fuhr. Der Olympiasieger von 2008 fuhr 4:08:43 Stunden auf den 180 Radkilometern und drückte Kienles Rekordmarke aus dem Vorjahr dabei um fast vier Minuten. Selbst Kienle fuhr in 4:11:07 Stunden schneller als bei seiner Vorjahresrekordfahrt, konnte damit aber nicht verhindern, dass er mit exakt sechs Minuten Rückstand zu Frodeno am Mainkai gemeinsam mit Böcherer in den Marathon wechselte. Dort verpasste er seinem Biestmilch-Teamkollegen noch einem Klaps und legte anfangs das gleichhohe Tempo vor, wie Frodeno an der Spitze.
Das Thermometer zeigte zu diesem Zeitpunkt schon um die 35 Grad und sorgte dafür, dass Böcherer und die weiteren Verfolger van Lierde, Eneko Llanos, Bas Diederen und Tyler Butterfield mit deutlich gedrosseltem Tempo auf die vier Runden entlang des Mains gingen. Die Chance für Andi Raelert, mit einem guten Marathon von Zwischenrang acht noch nach vorne zu kommen, standen also gut.
Zwar legte jenseits der Halbmarathonmarke auch Frodeno an den Verpflegungsstellen kurze Gehpausen ein, der Vorsprung zu Kienle wuchs trotzdem weiter an und betrug Eingangs der letzten Laufrunde bei Kilometer 31,5 um die zehn Minuten. Somit wurden die letzten Kilometer für den im spanischen Griona wohnenden Frodeno zum, wenn auch schmerzvollen, Triumphlauf. Nach 7:49:48 Stunden bliebt die Zieluhr in neuer Rekordzeit stehen. "Ich bin früher schon so oft am Eurotitel auf der Kurzdistanz vorbeigeschrammt. Außer Olympia gibt es keine solche Bühne wie hier," so das erste Siegerfazit des 33-Jährigen. Angesprochen auf seine Radflucht fügte er an: "Es ist immer schön so eine Überraschungstaktik auszupacken. Danke an die Fans, ihr seid sicherlich auch am kochen. "
Ikarus Kienle, Böchi stirbt 100-Mal
Richtig übergekocht war Sebastian Kienle auf den letzten Kilometern. Der am Montag 31 Jahre alt werdende Knittlinger blieb für kurze Zeit auf dem Zielteppich regungslos liegen. Zur Zeit folgt sein Resümee: "Es war einer von den Tagen, wo ich nur noch gegen mich und gegen die Sonne gekämpft habe. Ich hatte das Gefühl, ich bin mit meinen Wachsflügelchen in die Sonne geflogen und dann richtig abgestürzt." Ähnlich fiel der Rennbericht vom glücklichen Tagesdritten Andi Böcherer aus. "Ich bin heute 100-Mal gestorben. Erst in der letzten Runde hab ich mich auf Rang drei fokussiert. Am Anfang bin ich richtig rumgeeiert." Rang vier ging an den Niederländer Bas Diederen, vor Frederik van Lierde. Andreas Raelert schleppte sich völlig entkräfte auf den Römerberg zu Rang sechs und musste nach dem Zieleinlauf vom Sanitätsteam abtransportiert werden.