Anne Haug: 90 Prozent Leistungsfähigkeit sind nicht gut genug

Harald Eggebrecht für tri2b.com | 29.04.2022 um 23:10
Seit dem 12. Oktober 2019 ist Anne Haug die amtierende Ironman-Weltmeister. Zweimal hintereinander musste die Ironman WM auf Hawaii dann aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden. Allerdings wird die 2021er Auflage nun am 7. Mai in St. George nachgeholt. Wir haben mit der Bayreutherin über die Vorbereitung auf das spezielle WM-Rennen in Utah gesprochen, sowie über ihr Material-Setup und die Konkurrenz.

tri2b.com: Du bist jetzt seit über zweieinhalb Jahren die amtierende Ironman Weltmeisterin. Wie oft bist du im Kopf bzw. Traum in dieser langen Zeit schon dein Titelverteidigungsrennen durchgegangen?
Anne Haug (A.H.): Ich versuche mich nicht mit Dingen zu beschäftigen, die ich nicht beeinflussen kann. Seit das Rennen in Utah feststeht ist das mein erstes großes Highlight auf das ich mich gezielt vorbereite. Erfolg lässt sich nun mal nicht festhalten und daher fängt am 7. Mai alles wieder bei Null an.

tri2b.com: Als Vorbereitungsrennen hast du 2022 bisher den Ironman 70.3 Lanzarote in den Beinen. Wie zufrieden warst du mit dem zweiten Platz und welche Lehren hast du dort für St. George mitgenommen?
A.H.: Ich war leider nicht so ganz zufrieden mit meinem Rennen, aber es war ein Test direkt nach meinem ersten Höhentrainingslager seit 2015. Von daher war einfach nicht mehr im Tank und ich hoffe, dass ich in Utah eine bessere Leistung zeigen kann.

tri2b.com: Man hat in den letzten Wochen wenig von deiner Vorbereitung mitbekommen. Kannst du verraten, wo du die Schwerpunkte im Training gesetzt hast?
A.H.: Im Schwimmen, Radfahren und Laufen ;-)

Anne Haug beim Bergtraining für den schweren WM-Kurs in St. George - © Frank Übelhack

tri2b.com: Du bist bisher noch nicht in St. George gestartet. Die Rad- und auch die Laufstrecke ist ziemlich bergig. Gab es spezielle Trainingseinheiten für das herausfordernde Streckenprofil?
A.H.: Wir haben natürlich die ein oder anderen Einheit mit Bergintervallen im Training mit eingebaut, aber grundsätzlich hat sich an der Vorbereitung für eine Langdistanz nicht sonderlich viel geändert. Die Fitness muss einfach stimmen.  

tri2b.com: Gibt es an deinem Zeitfahrrad ein besonderes St. George-Setup. Insbesondere was die Laufräder betrifft. Sprich mit welcher Felgenhöhe willst du unterwegs sein und wirst du auch au dem bergigen und windanfälligen Kurs hinten eine Scheibe montieren?
A.H: Ich werde wie üblich vorne ein DT-Swiss ARC 1100 in 50mm und hinten je nach Bedingungen entweder ein 80er oder eine Scheibe fahren.

Kommt bei Anne Haug auf dem bergigen und windanfälligen WM-Kurs in St. George auch eine Scheibe am Hinterrad zum Einsatz? - © tri2b.com

tri2.com: Lucy Charles-Barclay fehlt verletzungsbedingt und Daniela Ryf zeigte zuletzt nicht ihre gewohnte Form.  Außerdem steht ein großes Fragezeichen hinter dem Start von Laura Philipp. Welche Athletinnen siehst du als deine Hauptkonkurrentinnen auf den WM-Titel?
A.H.: Grundsätzlich ist es immer schwer vor einem WM- Rennen zu orakeln, aber diesmal ist es besonders schwer, da in drei Jahren einfach viel passieren kann und sich unter dem Schleier der Corona-Pandemie sicherlich viele Athleten gut vorbereiten und entwickeln konnten, die wir vielleicht noch gar nicht auf dem Schirm hatten.  

trii2b.com: Du willst im Juli in Roth und dann im Oktober auf Hawaii ebenfalls in Topform sein. Wie steuert man das Training in so einer speziellen Saison mit drei geplanten Langdistanzen?
A.H.:
Dafür habe ich mit Dan Lorang den besten Trainer der Welt an meiner Seite. Er wird ganz sicher eine Lösung finden, dass ich alle drei Wettkämpfe in der bestmöglichen Form bestreiten kann.  

tri2b.com: Schwingt dabei die Gefahr sich zu überlasten und zu verletzen mit? Jan Frodeno und Lucy Charles-Barclay, die ja auch von Dan Lorang trainiert werden, haben leider überzogen!
A.H.: Leistungssport ist immer ein Tanz auf der Rasierklinge. Als Athleten wollen wir einfach das absolut Beste aus uns herausholen und da gehören Verletzungen, so bitter das auch ist, leider manchmal dazu. Dieses Risikos sind wir uns alle bewusst und gehen es dennoch immer wieder ein, da die Konkurrenz immer stärker wird und 90 % der Leistungsfähigkeit eben einfach nicht gut genug ist.  

tri2b.com: Sebastian Kienle macht noch diese und nächste Saison als Proathlet. Jan Frodeno hat auch ein baldiges Karriereende durchklingen lassen. Gibt es bei dir schon einen Plan über Kona 22 hinaus? Wenn ja, wie sieht dieser aus?
A.H.: Ich sehe bei mir bisher keinen Grund, warum ich ein Karriereende in Betracht ziehen sollte. Solange ich meine Leistung noch verbessern kann und ich konkurrenzfähig bin, möchte ich diesen Sport betreiben.