Der Ultraman Hawaii: Ein Blick auf den unbekannten Bruder des Ironmans

von Sven Weidner für tri2b.com | 19.02.2020 um 17:17
Hawaii ist die Trauminsel für viele Triathleten. Im Zusammenhang mit Hawaii denken die allermeisten wohl vor allem an die alljährliche Ironman Weltmeisterschaft in Kona. Doch Big Island ist auch die Heimat der Ultraman Weltmeisterschaft, welche seit 1983 jährlich knapp eineinhalb Monate nach dem Ironman stattfindet. Ende November, immer am Thanksgiving-Wochenende, wird dann beim Ultraman die komplette Insel innerhalb von drei Tagen von den Sportlern umrundet. Das bedeutet 10 km Schwimmen, gefolgt von 145 km auf dem Rad am ersten Tag, 276 km auf dem Rad am zweiten und schließlich ein 84 km Lauf am letzten Tag.

Doch trotz des Titels als Weltmeisterschaft und dieser gigantischen sportlichen Herausforderung stehen hier die drei hawaiianischen Begriffe Aloha, Kokua und Ohana im Vordergrund. Aloha meint hier die Liebe für die Mitstreiter und Helfer, Kokua bedeutet Hilfe und bezieht sich darauf, dass man zusammen gegen die Herausforderung des Ultraman kämpft und schließlich gibt es noch Ohana. Ohana bedeutet Familie und beschreibt den Prozess der Teilnehmer, die nach anstrengenden drei Tagen zu einer Familie zusammengewachsen sind.

 

Der Weg in die Ultraman-Familie

 

Doch ganz so einfach ist es nicht Teil dieser Familie zu werden, denn das Starterfeld bei der Ultraman Weltmeisterschaft ist auf lediglich 40 Starter beschränkt. Dies stärkt zwar den familiären Charakter, macht es aber ungemein schwerer ein Teil eben dieser zu werden. Um einen dieser Plätze zu ergattern gibt es mehr oder weniger zwei Möglichkeiten. Zum einen wäre da der sportliche Weg über die Qualifikation beim Ultraman Canada oder Arizona und zum anderen die Einladung durch die Veranstalter. Für Letzteres muss man zwar auch die sportliche Leistungsfähigkeit nachweisen, aber keinen Platzierung in einem bestimmten Rennen erreicht haben, es zählt mehr die eigene Wettkampfhistorie. Ein weiterer wichtiger Faktor für die Teilnahme ist, dass man bei einem vorherigen Ultraman als Supporter dabei war, sodass sichergestellt wird,  dass alle Bewerber eine Ahnung davon haben, was sie in den drei Renntagen auf Big Island erwartet.

>>Interview mit Conny Dauben: Vom Ski-Nachwuchskader zur Ultraman-Weltmeisterin ...

 

 

Logistische und finanzielle Herausforderung

 

Sollte man zu den 40 glücklichen auserwählten Startern gehören, heißt es nicht, dass man ab jetzt die Beine hochlegen und auf den Wettkampf warten kann. Denn nun beginnt das erledigen der organisatorischen Aufgaben: Zunächst müssen die 2.000 US-Dollar Startgeld überwiesen werden, dann müssen die Flüge gebucht und eine Unterkunft auf Big Island organisiert werden, so dass eine Ultraman-Teilnahme schnell um die 6.000 bis 7.000 Euro kostet, selbst wenn man als Sparfuchs die besten Angebote jagt. Doch damit noch nicht genug, denn neben der eigenen Reisekosten, müssen noch die Kosten für mindestens zwei Supporter, die das Reglement des Ultraman für jeden Teilnehmer vorschreibt,  getragen werden. Ganz so einfach dürfte es den meisten europäischen Startern nicht fallen zwei Freunde davon zu überzeugen mehrere tausend Euro zu investieren, um als Wasserträger am anderen Ende der Welt für drei Tage zu arbeiten. Denn beim Ultraman werden die Athleten durch ihr Team, oder die Unterstützung von anderen Teamsupportern, verpflegt.

 

Das Meer, die Insel und die Autofahrer als Gegner

 

Am ersten Wettkampftag kann beim 10 km Schwimmen eine heimtückische Gegenströmung  eine besondere Herausforderung darstellen, welche für einige Athleten bereites das Ende des Ultraman bedeuten kann.  So erreichten im Jahre 2000 weniger als die Hälfte des Starterfeldes das Ziel der ersten Etappe vor dem Cut-Off auf Grund der extrem starken Strömung entlang der Coast-Line zwischen dem Pier von Kailua-Kona und der Keauhou-Bay. Der Wettkampf ist danach zwar nicht komplett beendet, da man an den Folgetagen noch um die Participant-Medaille, anstatt der Finisher-Medaille, kämpfen kann.  Nachdem die ersten 145 km auf dem Rad hinauf zum Volcano Nationalpark absolviert wurden, folgt nun eine weitere Besonderheit. Eine gemeinsame Übernachtung in einem Militärcamp. Die Strapazen des ersten Tages noch nicht komplett verarbeitet, heißt es nun am zweiten Tag 276 km, einmal um halb Big Island, auf dem Fahrrad zurückzulegen. An beiden Tagen sind hier keine Straßen für die Athleten gesperrt und es gilt sich an die geltenden Straßenverkehrsregeln zu halten. Dieser Umstand kann in den USA manchmal auch für einen extra Adrenalinschub sorgen. Der finale Tag des Doppelmarathons beginnt damit, dass alle Starter im Kreis stehen, sich an den Händen halten und warten, dass der Startschuss mittels Muschel ertönt. Die Strecke von Hawi Richtung Kona, welche durch den Ironman-Radstrecke bekannt ist, wird hier zu Fuß zurückgelegt.

 

Deutscher Rekordhalter

 

Alle Starter, die das Ziel am alten Kona-Airport innerhalb der Zeitlimits erreichen, dürfen sich zu recht „Ultraman“ nennen. Deutsche Triathleten, sind auch neben den herausragenden Leistungen beim Ironman, auch den Herausforderungen des Ultramans gewachsen.  So konnten sich schon sechs Deutsche in die Siegerliste der Ultraman-WM eintragen. Der erste deutsche Sieger,  der mittlerweile verstorbene Hans-Jürgen Schley, war 1993 nicht nur an allen drei Tagen der schnellste Athlet, sondern konnte das Rennen trotz Sturz am zweiten Tag und dem daraus resultierendem Bruch des Schambeins gewinnen. Vielleicht lag dies zum Teil auch daran, dass gerüchteweise Bier statt Gatorade  in den angereichten Trinkflaschen war. Den immer noch gültigen Streckenrekord  (21:41:22 Stunden) stellte der deutsche Athlet  Holger Spiegel im Jahr 1998 auf. Die in punkto Podiumsplatzierungen erfolgreichste deutsche Ultraman WM-Teilnehmerin ist die Sprockhövelerin Conny Dauben, die einen Sieg (2002) und einen zweiten Platz (2019) feiern konnte.


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