Ironman Hawaii: Chelsea Sodaro beendet US-Durststrecke, Anne Haug wird Dritte

von Sven Weidner für tri2b.com | 07.10.2022 um 03:11
Das erste reine Frauenrennen beim legendären Ironman Hawaii hat ordentlich Werbung für den Triathlonsport gemacht. Nach 26 Jahren ohne Erfolg steht mit der Kalifornierin Chelsea Sodaro erstmals wieder eine Amerikanerin als Siegerin auf dem Podest. Sie konnte mit einer ausgeglichen starken Leistung in allen drei Disziplinen und der zweitschnellsten Zeit überhaupt (Siegerzeit: 8:33:46 Stunden) Lucy Charles-Barclay (8:41:37) und Anne Haug (8:42:22) auf die Plätze verweisen. Das Duell um Platz 2 bleibt dabei bis zum Schluss spannend mit dem besseren Ende für die Britin. Aus deutscher Sicht sorgt Laura Philipp mit Platz 4 für ein gelungenen Tag.

Mit wenig Wellengang zum Schwimmstart zeigte sich der pazifische Ozean von seiner besten Seite bei der Rückkehr nach den Ausfällen von 2019 & 2020. Mit dem Knall der Startkanone war es dann Lucy Charles-Barclay, die keine Zweifel daran aufkommen lassen wollte, wer die erste Frau aus dem Wasser sein würde. Hinter ihr bildete sich schnell eine 4er-Verfolgergruppe um die diesjährige Roth-Zweite Fenella Langridge. In der zweiten großen Verfolgergruppe waren neben den Deutschen Hoffnungsträgerinnen Haug, Philipp und Daniela Bleymehl auch die Topfavoritin Daniela Ryf aus der Schweiz. Bis zur Halbzeit des Schwimmens konnte Charles-Barclay ihren Vorsprung auf 35 sek. zu den direkten Verfolgerinnen und etwa 3:30 min auf die Gruppe der Deutschen ausbauen. Zwischen den beiden Gruppen befanden sich zu diesem Zeitpunkt mit Chelsea Sodaro und Sarah Crowley noch zwei weitere Athletinnen aus dem Kreis der Favoritinnen.

Charles-Barclay im Schwimmen vorne weg – Haug, Philipp, Bleymehl und Ryf zusammen

Auf dem Rückweg zum Pier konnte die Britin, die ihre Wurzeln im Schwimmsport hat, ihren Vorsprung kontinuierlich ausbauen. Nach 50:57 min war die Auftaktdisziplin erledigt. Bis zum Eintreffen des Trios aus Deutschland vergingen noch weitere 7 min. Dies bedeutete gerade für Philipp und Bleymehl eine hervorragende Ausgangsposition, da sie die schnellsten Radsplits bei der letzten Austragung auf Big Island fuhren.

Britisches Führungsduo: Langridge fährt zu Charles-Barclay auf

Auf den ersten Radkilometern zeigte sich das normale Bild in Rennen mit Lucy Charles-Barclay, indem sie das Tempo allein von der Spitze machte. Allerdings gelang es Langridge nach 16 km zu ihr aufzuschließen. Dieses britische Duo sollte das Radfahren lange bestimmen. Hinter ihnen waren Rebecca Clarke und Lauren Brandon bemüht Schritt zu halten. Hierbei war es häufiger fraglich, ob die vorgeschriebenen 12 m eingehalten wurden. Somit war es nicht verwunderlich, dass beide im Laufe des Radfahrens eine Zeitstrafe absitzen mussten.

Philipp erhält 5-Minuten-Penalty

Weiter hinten bildeten sich zwei Gruppen mit allen weiteren Favoritinnen. Bis Kilometer 50 waren Lisa Norden, Sarah Crowley, Chelsea Sodaro und Skye Moench in der ersten Gruppe knapp 4 min hinter dem Spitzenduo, während die Deutschen Starterinnen mitsamt Ryf ihren Rückstand vom Schwimmen um 90 sek. verringern konnten. Kurze Zeit später erhielt auch Laura Philipp eine 5 min Zeitstrafe. Nach dem Absitzen in der Penalty-Box war die Vierte von 2019 erst einmal raus aus dem Kreis der Favoritinnen.

Ryf macht auf dem Rückweg von Hawi ernst

Bis zum Wendepunkt in Hawi hat sich das Feld weiter zusammengeschoben, sodass Haug und Co. nur noch 4 min Rückstand hatten. In der Abfahrt startete Ryf dann ihre von allen erwarteten Attacken auf dem Rad. Allerdings brauchte sie noch bis km 170, um die Lücke zur Spitze zu schließen. So waren es Ryf und Charles-Barclay die kurz vor Langridge als erste die zweite Wechselzone erreichten. 3 Minuten hinter ihnen folgte ein starkes Trio aus Norden, Sodaro und Svensk. Anne Haug verlor auf dem Rückweg etwas an Boden, startete aber immer noch aussichtsreich als 7. und beste Deutsche mit 5:30 min Rückstand aus der T2. Daniela Bleymehl erwischte leider einen gebrauchten Tag und musste aus der Gruppe abreißen lassen, sodass sie mit 7 min Rückstand als 10. in die Wechselzone einbog. Laura Philipp kam trotz Zeitstrafe nur 2 min später als 11. zum Wechsel.

Charles-Barclay offensiv in den Marathon – Frodeno hilft in der Palani Road an der Aidstation

Kaum in den Laufschuhen, zog Charles-Barclay das Tempo sofort an und hängte Ryf damit ab. Hinter diesen Beiden war es Chelsea Sodaro, die mit einem fulminanten Start in den Marathon die Lücke schließen wollte. Sie lag lange auf einer Pace für einen Marathon im tiefen 2:40er Bereich. Mit diesem Tempo konnte sie sich schon nach 7 km auf Platz 2 vorschieben. Lediglich Philipp und Haug schlugen ein ähnlich schnelles Tempo an. Dadurch konnten sie sich bis Kilometer 11, beim Anstieg in der Palani Road auf die Plätze 5 und 8 vorarbeiten. Dort war übrigens kein Geringerer als Jan Frodeno als Helfer der Kokua-Crew an einer Aid-Station beschäftigt und reichte Haug und Co. Wasser, Coke und Einwürfel.

 

Sodaro läuft entfesselt – Haug saugt sich an Charles-Barclay heran

 

Zu diesem Zeitpunkt ist die Führende schon in das Sichtfeld der förmlich heranfliegenden Kalifornierin Sodaro geraten. Ohne Gegenwehr konnte Sodaro an der Britin auf dem Queen K-Highway vorbeiziehen und sich bis zur Halbmarathonmarke schnell ein komfortables Zeitpolster von 3 min. herauslaufen. Hinter ihr war es Haug, die auf Platz 3 liegend immer näher an die zweitplatzierte Britin herankam.  Auf den nächsten 10 km, mit dem Abstecher zum Wendepunkt im Energy Lab konnte Haug sich bis auf eine Minute heranarbeiten, sodass sich noch einmal Spannung um die endgültige Reihenfolge auf dem Podest entwickelte.

Haug fehlen im Finale die entscheidenden Körner

Dieses stand zu diesem Zeitpunkt schon mehr oder weniger fest, da Laura Philipp als mittlerweile als 4. schon knapp 8 min Rückstand zu Rang 3 hatte. Vorne konnte sich Sodaro nach 26 Jahren ohne amerikanischen Sieg (1996 gelang Paula Newby-Fraser der letzte ihrer insgesamt 8 Siege) bei den Frauen mit der zweitschnellsten je am Alii Drive erzielten Zeit (8:33:46) in die Geschichtsbücher eintragen. Dahinter kämpfte Lucy Charles mit allem, was noch im Tank war, und ließ Anne Haug nicht mehr näher als 30 sek an sie herankommen. Nach ihrem Ermüdungsbruch in der Hüfte aus diesem Frühjahr dürfte sich ihr jetzt vierter 2. Platz in Kona fast wie ein Sieg angefühlt haben. Auch Anne Haug war mit ihrem 3. Platz sehr zufrieden.

 

Philipp und Ryf tief enttäuscht – Zimmermann drittbeste Deutsche

 

Tief enttäuscht war hingegen Laura Philipp mit ihrem vierten Platz und der Wiederholung ihres 2019er Ergebnisses. Nach dem Zieleinlauf zog die Ironman Hamburg-Siegerin wortlos von dannen. Auf den Rängen 5 bis 7 folgten Lisa Norden, Fenella Langrigde und Sarah Crowley, vor einer schwer geschlagenen Daniela Ryf auf Rang 8. Laura Zimmermann kam bei ihrer Hawaii-Premiere auf Rang 23 und drittbeste Deutsche an. Die zweite deutsche Kona-Rookie Athletin Elena Illeditsch wurde 26, gefolgt von Kristin Liepold auf Rang 27. Daniela Bleymehl stieg nach dem Anstieg in der Palani Road aus. Das gleiche Schicksal ereilte auch die Frankfurterin Jenny Schulz.


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