Triathlon bei Olympia: Von Frodenos Goldsprint bis zum Rio DTU-Debakel - ein Rückblick

von René Penno für tri2b.com | 25.07.2020 um 16:58
Am 27. und 28. Juli wäre es in Tokio zum sechsten Mal um olympisches Triathlon-Gold gegangen. Wäre. Die Olympischen Spiele 2020 wurden verschoben auf 2021, was in Anbetracht der Corona-Pandamie unumgänglich war. Alle Athleten, auch die Triathleten, mussten und müssen neu planen. Für uns ist das eine Gelegenheit, über die noch kurze Geschichte des Dreikampfs bei Olympischen Spielen zurückzublicken. Wisst ihr noch, was ihr am 19. August 2008 gemacht habt, als Jan Frodeno früh morgens deutscher Zeit am Ming Tombs Reservoir zu Olympiagold sprintete ... ?

Die Vorgeschichte, bis der Triathlon olympisch wurde, war anfangs schwierig. Es gab zunächst keinen internationalen Dachverband, erst 1989 war es soweit, weshalb lange keine Einigung erzielt werden konnte. Dabei war die Idee, die noch junge Sportart ins olympische Programm aufzunehmen, längst gereift. Wichtig war dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC), als die Pläne endlich konkreter wurden, dass die Triathlonrennen zuschauerfreundlich waren - und vor allem nachvollziehbar. Das hieß: Der erste Athlet im Ziel musste auch der Sieger sein. Zudem gab es immer wieder heiße Diskussionen um die Windschattenproblematik. Mit diesem Grundgedanken wurde die Olympische Distanz über 1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren und 10 km Laufen entwickelt und in Sydney 2000, Athen 2004, Peking 2008, London 2012 und Rio 2016 olympisches Edelmetall vergeben.

>>Die Triathlon Olympia-History in Bildern ...


Premiere 2000 in Sydney  - 16. und 17. September


Im Jahr 2000 feierte der Triathlon bei den Spielen in Sydney seine Premiere unter den fünf Ringen. Vorne dabei war damals auch ein Deutscher: Stephan Vuckovic wurde 14 Sekunden hinter dem Kanadier Simon Whitfield Zweiter, auf Rang drei landete Jan Rehula aus Tschechien. Für Vuckovic war dieses Ergebnis der größte sportliche Erfolg. Später wechselte der Reutlinger auf die Langdistanz und feierte 2007 in Florida seinen einzigen Ironman-Sieg. Andreas Raelert, der aktuell immer noch seinen Traum einer weiteren Hawaii-Teilnahme träumt, kam als Zwölfter ins Ziel und verpasste dabei die Top Ten nur um drei Sekunden.

Das Rennen der Frauen stellte schon damals unter Beweis, wie spannend solch ein Wettkampf sein kann. Die Schweizerin Brigitte McMahon, später des EPO-Dopings überführt, holte sich vor dem Sydneyer Opernhaus als erste Frau die Goldmedaille ab, nur zwei Sekunden vor Topfavoritin Michellie Jones aus Australien. Bronze ging an Magali Messmer und somit ebenfalls in die Schweiz. Anja Dittmer bendete die Olympiapremiere auf Rang 18, Joelle Franzmann folgte auf Platz 21 knapp dahinter.


Athen, 2004 - 25. und 26. August


Vier Jahre später bestimmten bereits andere Namen das Geschehen an der Spitze. Die war immer enger zusammengerückt, oft ging es in den Weltcups nur um Sekunden. So auch in Athen, wo die Neuseeländer einen Doppelsieg feierten. Nach 1:51:07 Stunden verwies Hamish Carter seinen Landsmann Bevan Docherty um acht Sekunden auf Rang zwei. Bronze sicherte sich der Schweizer Sven Riederer, der bis zu seinem Rücktritt 2019 noch viele Erfolge, zuletzt auch auf den längeren Distanzen, feierte. Auf Rang sechs kam damals in Vouliagmeni Andreas Raelert ins Ziel, Maik Petzold (19.) und Sebastian Dehmer (26.) waren die anderen beiden deutschen Vertreter in Athen.

Bei den Frauen gelang der für Österreich startenden Kate Allen eine nicht für mögliche gehaltende Aufholjagd. Von Rang 28 nach dem Radfahren lief die gebürtige Australierin noch zu Gold  und verwies nach 2:04:43 Stunden Loretta Harrop aus Australien und die Amerikanerin Susan Williams auf die nächsten Plätze. Titelverteidigerin Brigitte McMahon wurde Zehnte, vor Anja Dittmer. Auf Rang 16 kam Joelle Franzmann ein, 19. wurde die junge Nicola Spirig, die in den folgenden Jahren noch mehr von sich reden machte.


Peking, 2008 - 18. und 19. August


Zum ersten Mal gingen jeweils 55 Frauen und Männer bei den Olympischen Spielen an den Start. In Sydney waren es noch 48 und 52, in Athen je 50. Diese Felder waren nicht nur größer, sie boten auch viel Qualität. Vielleicht war es genau diese Tatsache, die Jan Frodeno zusätzlich motivierte. Nach 1:48:53 Stunden verwies Frodo am Ming Tombs Reservoir mit einem unnachahmlichen Zielsprint den ersten Olympiasieger, Simon Whitfield, auf den zweiten Rang. Dritter wurde in diesem mitreißenden Rennen der Neuseeländer Bevan Docherty. Hinter dem geschlagenen Topfavoriten Javier Gomez und Ivan Rana wurde Daniel Unger, der als ITU Weltmeister von Hamburg 2007 nach Peking gereist war, Sechster. Christian Prochnow, der dritte Deutsche im Feld, klassierte sich auf Rang 15.

Gold bei den Frauen ging an die Australierin Emma Snowsill. Die heutige Ehefrau von Jan Frodeno siegte nach 1:58:27 Stunden vor Vanessa Fernandes aus Portugal, die nach wahren Siegesserien auf dem Weg nach Peking als Topfavoritin galt. Später feierte sie in ihrer Heimat Erfolge als Radsportlerin. Das Podium komplettierte Emma Moffatt aus Australien.

Auf den Rängen sechs und sieben folgten mit Nicola Spirig und Daniela Ryf zwei Athletinnen aus der Schweiz; hinter der Olympiasiegerin von 2004, Kate Allen, wurde Ricarda Lisk als 15. beste Deutsche. Christiane Pilz (26.) und Anja Dittmer (33.) konnten mit der Weltelite damals nicht ganz Schritt halten.


London, 2012 - 4. und 7. August


Diesen 7. August 2012 hatte sich vor allem einer ganz dick angestrichen im Kalender: Alistair Brownlee legte ab Mai 2009 eine Sieges- und Erfolgsserie hin, wie sie kaum vergleichbar ist. In der englischen Hauptstadt war er der Topfavorit, die Rolle füllte der Engländer vor einem frenetischen Publikum voll und ganz aus. Seine Siegerzeit zeigte auch, wie schnell der Triathlon inzwischen geworden war: Nach 1:46:25 Stunden holte er sich Gold, elf Sekunden dahinter wurde Javier Gomez Zweiter vor Brownlee’s jüngerem Bruder Jonathan. Rang sechs gehörte wieder einem Deutschen: Der hieß Jan Frodeno. Steffen Justus (16.) und Maik Petzold (31.) waren die beiden anderen DTU-Starter.

>>Olympia 2012: Alistair Brownlee triumphiert ...

Bei den Frauen stand Nicola Spirig endlich ganz oben. Die Schweizerin musste sich aber gedulden, ehe das Ergebnis feststand. Denn der Zweikampf mit der Schwedin Lisa Norden war derart eng, dass das Fotofinish entscheiden musste. Und auch Erin Densham aus Australien war in diesem packenden Finale mit zwei Sekunden Rückstand nicht weit weg. Anne Haug, die damals immer mehr ins Rampenlicht rückte, wurde Elfte vor Anja Dittmer, für die es die vierte Teilnahme bei Olympischen Spielen war. Damit hat die Brandenburgerin ein Alleinstellungsmerkmal in der Triathlonszene. Svenja Bazlen kam auf Rang 32 ins Ziel, 40. wurde Daniela Ryf, die danach auf die längeren Distanzen wechselte. Mit bekanntem Erfolg.

>>Olympia 2012: Spirig holt Gold, Haug wird Elfte ...


Rio de Janeiro, 2016 - 18. und 20. August


Bleiben noch die Sommerspiele in Brasilien, die auch abseits vom Sport viel Aufmerksamkeit erzeugten. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Deutsche Männer spielten diesmal überhaupt keine Rolle. Kein einziger DTU-Athlet hatte Qualifikation geschafft und so fand das Männerrennen in Rio ohne deutsche Beteiligung statt.

Dafür triumphierte zum zweiten Mal hintereinander Alistair Brownlee, der in der Schlussphase nur noch seinen Bruder Jonathan an den Hacken hatte, während der Rest der Konkurrenz abgehängt war. Diesen Rest führte der Südafrikaner Henri Schoeman vor seinem Landsmann Richard Murray an.

>>Olympia 2016: Alistair Brownlee holt auch in Rio Gold ...

Bei den Frauen gewann mit Gwen Jorgensen zum ersten Mal eine Amerikanerin. Jorgensen war in den beiden Jahren davor jeweils Weltmeisterin geworden, Olympische Spiele sind aber immer wieder ein ganz anderes Kaliber. Dieser Tatsache war sich die Amerikanerin bewusst und spielte wieder ihre Laufstärke aus. Da konnte auch Titelverteidigerin Nicola Spirig nicht mithalten und wurde mit 40 Sekunden Rückstand Zweite vor den beiden Britinnen Vicky Holland und Non Stanford. Beste Deutsche war damals Laura Lindemann auf Rang 28. Für Tokio hatte sie einen Platz unter den besten zehn angepeilt. Für Anne Haug war Rang 36 das Ende des Kapitels Kurzdistanz, ein Jahr später feierte sie ihren ersten Ironman-70.3-Sieg auf Lanzarote.

>>Olympia 2016: Jorgensen holt Gold, DTU chancenlos


ANZEIGE