Einsteiger-Blog: Triathlon ist ein Individualsport, oder?!

von Alexandra Rudl für tri2b.com | 06.07.2016 um 12:48
Denkt ihr auch, dass Triathleten verrückte Einzelgänger sind? Dann solltet ihr euch mal einen Teamwettkampf anschauen und ihr werdet feststellen, dass Teamgeist sowie gegenseitige Motivation und Rücksichtnahme auch hier ihren Platz haben.

Meine erste olympische Distanz vor zwei Wochen musste ich ja leider auf Grund eines Infekts absagen, dafür stand dieses Wochenende der erste Teamwettkampf an. Ich erinne mich noch, dass ich im Winter immer wieder von diesem Format gehört hatte, mir es anfangs aber überhaupt nicht vorstellen konnte.

Für alle, die den Teamwettkampf auch nicht kennen: wir sind heute mit vier Mädels gestartet und gewertet wird nur der Platz der Dritten, die ins Ziel kommt. Das bedeutet gemeinsam Schwimmen, Radfahren und mindestens zu dritt gemeinsam laufen. Während der Gespräche unter den erfahrenen Triathleten in den letzten Monaten vernahm ich immer mal wieder leichte Skepsis bezüglich unserer Damen-Mannschaft, die ja eine Startgemeinschaft zwischen NPU Esslingen und ASC Konstanz ist. Vor allem beim Fahrradfahren sollte man eigentlich ein eingespieltes Team sein. Gemeinsames Trainieren ist aber bei der geographischen Distanz zwischen Esslingen und Konstanz nicht so einfach realisierbar. Abgesehen davon haben meine Manschaftskollegin Daniela und ich im Trainingslager im März zum allerersten Mal überhaupt ein Durchwechseln auf dem Rad ausprobiert. Somit blickten wir dem Radfahren durchaus mit gemischten Gefühlen entgegen.

 

Kommunikationsstärke in der Damenmannschaft

 

Auch wenn ich eigentlich geschlechterspezfische Stereotype nicht mag, in diesem Falle haben wir diese Herausforderung vielleicht doch wie typische Mädels gelöst, nämlich mit viel Kommunikation. Im Wasser natürlich schwierig, aber für die 750 Meter im See hatten wir eine klare Strategie: ich ziehe Daniela mit, Manuela und Margit dann dahinter. Falls das nicht klappt, teilen wir uns in 2-er Teams auf. Genauso kam es dann auch. Ich bin zwar nicht an meinem Limit geschwommen, fand aber die Führrungsrolle durchaus auch anstrengend. Fast alle 10 Züge habe ich mich im Wasser gewendet, bin ein paar Züge Rückenkraul geschwommen, um das Team im Blick zu halten und gegebenenfalls die Geschwindigkeit anzupassen. Zudem hatte ich die Verantwortung dafür, den direkt Weg von Boje zu Boje zu finden. Da dies mein erster See-Wettkampf war, habe ich hier immer wieder etwas verunsichert nach rechts und links geschaut und dabei einiges an Seewasser geschluckt.

 

Überholen und überholt werden

  

Auf dem Rad konnten wir unsere Kommunikationsstärke dann voll ausspielen. Nach jedem Wechsel gaben wir ein lautes „dran“ nach vorne. Hat eine von uns den Anschluß an die Gruppe verloren, ging ein „langsamer“ durch die Reihe. Auch die Überholvorgänge haben wir abgestimmt und uns während der 20km einen harten Kampf mit dem Backnanger Team geliefert, das wir bestimmt fünf Mal überholt haben und sie im Gegenzug genauso oft an uns vorbeirauschen gesehen haben.

Herausfordernd fand ich hier den Mittelweg zu finden zwischen Führungsarbeit, da ich auf dem Rad noch etwas stärker bin als Daniela, und mich nicht zu sehr kaputt zu machen. Denn im Anschluss sollte ich ja auch noch laufen können. So habe ich in der Führungsposition einen Berg extrem hochgedrückt, weil ich uns Abstand zu den Backnangern verschaffen wollte. Dabei bin ich an mein Limit gegangen, allerdings konnten nicht alle dran bleiben und  wir mussten daher oben warten. Somit ist der Kraftaufwand in diesem Fall umsonst gewesen. Solche Situationen waren allerdings die Ausnahme. Insgesamt hatten wir keine einzige kritische Situation, jeder Wechsel hat gut geklappt und  mit einem knapp 36-er Schnitt können wir wirklich zufrieden sein.

 

Nicht reden – Laufen!

 

Und dann kam sie wieder – meine Leidensdisziplin, das Laufen! Ich fühlte mich beim Loslaufen eigentlich in Ordnung, merkte aber gleich, dass Daniela und Manu schneller wollen als ich gerade kann. Bereits nach einigen Metern setzte es ein, das – laut Manu  „gewöhnungsbedürftige“ – Belastungsstöhnen. Sobald ich eine gewisse Belastungsschwelle überschreite, kann ich einfach nicht anders. Die ersten Kilometer konnte ich noch neben den Mädels laufen. Dann bin ich an die letzte Position gefallen und ich merkte, wie mich das mental fertig machte. Daher die Bitte an Daniela leicht hinter mir zu laufen, so dass ich in der Mitte bin und mich mitgetragen fühlte. Dann half auch das nicht mehr und ich rief Dani nur noch zu „Schieb mich!“. Das hatte ich bei einigen Mannschaften vor uns beobachtet. Also schob mich Dani immer wieder an und ich weiss gar nicht, ob es mental oder tatsächlich physisch war, aber: es half! Irgendwann rief ich mir selbst noch ein paar motivierende Worte zu, worauf ich aber von Manu ermahnt wurde, dass ich lieber laufen soll anstatt zu reden Ihr seht wir hatten trotz des Kämpfens Spaß zusammen. Und unsere Laufzeit von 22:12 auf 5 Kilomtern ist auch in Ordnung.

Beim Zieleinlauf konnte ich nochmal alle Kräfte mobilisieren und sehe auf den Ziel-Fotos fälschlicherweise fast frischer als Dani und Manu aus.  Aber seid euch sicher: der Schein trügt. Vielleicht war es auch einfach die Freude über den Teamgeist unserer Mannschaft.

Insgesamt wurden wir 12. von 16 Damen-Mannschaften. Dies war insofern leicht enttäuschend als dass die Teams vor uns nur 7 bzw. 13 Sekunden schneller waren. Aber so ist das. Nächstes Mal sind wir dann einfach schneller.

Zum Triathlon-Einsteiger-Blog: alex-swim-bike-run.com

 

Zur Autorin:

Hier bloggt Alexandra, 33 Jahre alt aus Esslingen bei Stuttgart. Im beruflichen Leben ist sie im Bereich Innovationsförderung und Startup-Beratung unterwegs. Seit dem Herbst 2015 ist sie mit dem Triathlon-Virus infiziert.