Faris Al-Sultan: Heimvorteil oder Routine bei der Ironman Premiere in Regensburg

Stefan Drexl für tri2b.com | 28.07.2010 um 17:06
Zum ersten Mal wird in diesem Jahr ein Ironman in Regensburg ausgetragen. Damit hat Bayern wieder einen Qualifikationswettkampf, bei dem insgesamt 50 Tickets für den Ironman auf Hawaii vergeben werden. Auf der Starterliste am 1. August steht unter anderem auch der Ironman-Weltmeister von 2005, der Münchner Faris Al-Sultan. tri2b.com hat mit dem Lokalmatador und vermeintlichen Favoriten fünf Tage vor der Premiere in Regensburg über seine Ziele und seine Zukunft gesprochen.

tri2b.com: Guten Morgen Faris. Toll, dass Du so kurzfristig noch Zeit hast. Es sind noch 5 Tage bis zur Premiere des Ironman in Regensburg. Ist die Veranstaltung aufgrund der Nähe zu München etwas besonderes für Dich und würdest Du sogar von einem Heimvorteil sprechen? 
Faris Al-Sultan (F.A-S.): Nun gut, das mit dem Heimvorteil ist so eine Sache. Gäbe es in Regensburg auf den Strecken spezielle Bedingungen, wie steile Abfahrten, kritische Kurven, Wellengang beim Schwimmen, wie das im Meer der Fall ist, oder andere dramatischen Dinge, dann hätte man sicher so etwas, wie einen Heimvorteil. Aber da dies nicht der Fall ist, wird der Wettkampf wohl für alle gleich sein, ich würde sogar von Routine im Sinne eines Triathlons sprechen, ein Ironman eben. 

tri2b.com: Im Frühjahr warst Du aufgrund eines Ermüdungsbruchs an der Hüfte verletzt und musstest Dein Training einschränken. Deine letzten Wettkämpfe, unter anderem in Kirchbichl, in Ingolstadt und auch der 70.3 in UK, haben gezeigt, dass Deine Form wieder nach oben geht. Schränkt Dich die Verletzung nach wie vor ein oder denkst Du, in Regensburg Deine geplante Leistung voll abrufen zu können? 
F.A-S.: Ich konnte wegen der Verletzung zwar Radfahren, was ich dann auch verstärkt gemacht habe, jedoch war sieben Wochen kein Lauftraining möglich. Das wäre ja noch irgendwie zu verkraften gewesen, wenn es nicht ausgerechnet in der bedeutenden Phase meines Trainingsaufbaus passiert wäre, die zu diesem Zeitpunkt voll auf das Laufen ausgelegt gewesen wäre. Ich habe dann das Training entsprechend umgestellt, aber das holt man natürlich nicht so schnell wieder auf. Ein herber Schlag war das auf alle Fälle. 

Die letzten Wochen waren schon gut, die absolute Topform ist allerdings noch nicht ganz da. In Ingolstadt bin ich zwar 36:45 Minuten über die 10,5 km gelaufen, was gute 35 auf den 10 sind, um aber ernst genommen zu werden muss man mindestens 2 Minuten schneller laufen. Das ist einfach Pflicht. 

In England war es allerdings hart. Der See, in dem wir geschwommen sind, war sehr kühl und es war sehr windig. Eben typisch für England. Ich bin an dem Tage auf dem Rad etwas platt gewesen. Dann hat es mich auch noch gefroren und auf so einer hügeligen Strecke kannst du einfach keinen Moment entspannen. Wenn du dich da nicht richtig gut fühlst, dann ist das sofort offensichtlich. Du kannst dich auf so einem Kurs nicht verstecken, das ist nicht so, wie zum Beispiel in Erlangen, wo man sich „verstecken” kann und es nicht auffällt, wenn’s beim Radeln nicht so läuft. Aber da braucht man nicht lange herum reden, es fehlt mir noch ein wenig der Druck. Am kommenden Wochenende wird das nicht ganz so entscheidend sein.

tri2b.com: Du giltst für viele als Favorit auf einen Sieg in Regensburg. Siehst Du das auch so und bedeutet das für Dich einen zusätzlichen Leistungsdruck wegen der hohen Erwartungen? Oder machst Du dir eher selbst den Druck aufgrund deiner eigenen Erwartungen an deine Leistung? F.A-S.: Ich brauche mir da keine Illusionen machen. Es gibt da ein paar Triathleten die sind aufgrund ihrer Fähigkeiten und Leistungen etwas besonderes und stehen ganz oben. Da zählt man mich seit meinem Sieg auf Hawai’i 2005 sicherlich auch dazu. Andere wiederum stehen dann in der zweiten Reihe und können, wenn alles passt, die Tagesform ist da sicherlich auch entscheidend, durchaus nach vorne laufen. Wenn ich ehrlich bin, seit 2006 lief es bei mir einfach nicht mehr so gut. Natürlich habe ich hier und da auch ein Rennen gewonnen, wie den Ironman Malaysia oder den 70.3 in Wiesbaden. Im letzten Jahr war ich dann nur Zehnter beim Ironman Hawai’i und das, obwohl mir Hawai’i liegt, ich dort die für mich idealen Bedingungen vorfinde. Es ist einfach mein Wettkampf! Die vergangenen Jahre sind da viel mehr eine Kopfsache gewesen, etwas für den Kampfgeist. Es wird daher Zeit, in diesem Jahr wieder zu zeigen, dass da noch was geht, dass mit einem Faris durchaus zu rechnen ist. Auch für mich ist das wichtig und daher ist mein Blick eher auf mich und weniger auf die Konkurrenz gerichtet. Es ist doch sonst unbefriedigend, wenn man weiß, alles schaut auf einen und man kann seine Leistung den Leuten einfach nicht zeigen. tri2b.com: In Regensburg starten zusammen mit Dir noch Andi Böcherer, auch vom Team Abu-Dhabi, und Christian Brader, den Du in Ingolstadt bereits klar distanzieren konntest. Gibt es denn weitere Triathleten, die Faris in Top-Form am kommenden Sonntag schlagen könnten? F.A.S. (lacht): Der Faris in Top-Form aus 2004 und 2005 gewinnt in Regensburg mit Abstand, aber den gibt’s eben im Moment noch nicht. Es stellt sich mir eher die Frage, wie nah komme ich an diese Leistunge wieder ran? Im Schwimmen, nun gut, es sieht so aus, als wird mit Neopren geschwommen, aber da läuft’s immer. Beim Rad fahren hoffe ich, den Druck so lange, wie möglich halten zu können, die Strecke bietet sich dafür ja eigentlich geradezu an. Und im Laufen brauche ich dann die zuvor angesprochenen 1-2 Minuten schnellere Runde und so kann ich mit einer Zeit um die 2:58 Stunden über die 42 Kilometer durchaus was reißen. tri2b.com: Nun gibt es ein paar Kritiker, die behaupten Faris Al-Sultan startet nur noch dort, wo die Konkurrenz nicht so hoch ist. Wie siehst Du das? F.A-S.: Zum Einen haben sie natürlich Recht, denn ganz klar, in Regensburg gibt es einfach keine große Konkurrenz. Es gibt aber für einen Triathleten auch andere Beweggründe bei einem Ironman zu starten, besonders für einen Profi und einen Faris Al-Sultan. Neben wirtschaftlichen Gründen und der Tatsache, dass ich als Bayer unmittelbar vor meiner Haustür starte, richte ich meine Planung und Teilnahme an Wettkämpfen nicht nach den Gegnern. Ich starte außerdem jedes Jahr in Hawai’i, da zählt’s dann und dort ist dann auch das gesamte Profifeld vertreten. Auch wenn man sich noch so sehr bemüht, die anderen Wettkämpfe weltweit aufzuwerten. Nirgendwo ist die Leistungsdichte so hoch und die Zeitabstände so gering. Während in Hawai’i die Top Ten innerhalb von 10 Minuten ins Ziel laufen, kommt anderswo eben erst der Zweitplatzierte nach zehn Minuten ins Ziel. tri2b.com: Der Guggenberger See hat aktuell 24,5 Grad und wie es aussieht kühlt er bis Sonntag noch etwas ab. Wie Du bereits erwähnt hast, bedeutet das, dass mit Neopren geschwommen wird. Kommt Dir das entgegen oder wäre Dir, als guter Schwimmer, ein Schwimmen ohne Neopren grundsätzlich lieber? F.A-S.: Was heißt lieber? Wenn es wirklich kalt ist und bevor ich friere, ziehe ich schon gerne meinen Neo an. Das ist dann auch absolut gerechtfertig und kein Thema. Ab 23° C wird’s dann aber schon langsam unangenehm warm im Neo. Eigentlich sollte jeder nur in Badehose schwimmen. Wer das nicht schafft, der hat doch einfach nichts bei einem Ironman verloren. Beim Radfahren gibt’s ja auch keine Stützräder, nur weil die Strecke zu kurvig ist. tri2b.com: Die Radstrecke ist landschaftlich und sogar kulturell sehr attraktiv, mit einigen intensive Steigungen aber auch selektiv. Liegt Dir der Kurs und kommt er deiner Renntaktik entgegen? F.A-S.: Es ist ein sehr guter Kurs mit einer tollen Choreographie. Man hat erst zehn Kilometer Zeit sich zu sortieren, da kann man gleich was essen und sich zusammen richten. Dann kommen über 14 km Anstieg. Das sollte das Feld so ziemlich auseinander reißen und somit dafür sorgen, dass es keine Gruppenbildungen gibt. Die Abfahrten sind sicher und übersichtlich und auch nicht weiter gefährlich. Der zweite Teil ist dann etwas flacher mit einigen Wellen. Spätestens in der zweiten Runde kann man dann am Anstieg, falls das notwendig ist, noch einmal Druck machen. Persönlich gefällt mir die Radstrecke sehr und ist mit zwei Runden außerdem zuschauerfreundlich. tri2b.com: Die Laufstrecke ist über vier Runden und verläuft durch die Altstadt und entlang der Donau. Sie ist damit sehr flach. Siehst Du darin die Chance schnellen Laufzeiten oder birgt der Kurs andere Schwierigkeiten? Könnte deine Verletzung noch ein Handicap sein? F.A-S.: Die Verletzung ist kein Problem mehr, das ist komplett verheilt. Eher das viele Kopfsteinpflaster könnte Schwierigkeiten bringen, denn es erfordert Konzentration und belastet die Muskulatur um das Fußgelenk deutlich höher. Aber da muss ja jeder durch und ich denke, dass es eher für die Altersklassen problematisch sein könnte, wenn der Ein oder Andere bereits erschöpft ist. Im Großen und Ganzen ist es ein attraktiver Rundkurs und es bleiben 42 km. tri2b.com: Ist denn nun so ein Kurs über vier Runden motivierender, als zum Beispiel eine Laufstrecke, wie in Roth, die scheinbar endlos geradeaus und alleine am Kanal entlang verläuft? F.A-S.: Ich brauche nicht unbedingt Zuschauer um die Leistung zu bringen, das ist für meine Geschwindigkeit nicht entscheidend. Ich weiß, dass es durchaus Triathleten gibt, die eine halbe Minute schneller pro Kilometer sind, wenn Sie durch eine Zuschauermenge laufen. Natürlich ist so eine Stimmung, wie am Solarer Berg motivierend und es treibt dich unglaublich an. In Hawai’i bist du allein und das liegt mir. Da ist die Strecke für die Zuschauer schwer erreichbar und man ist viel mit sich selbst beschäftigt. Die Strecken über mehrere Runden sind für die Zuschauer interessanter und man bekommt als Sportler auch die verdiente Anerkennung. tri2b.com: Die WTC mit der Marke Ironman plant den Wertungsmodus zu verändern, so dass man zukünftig pro Rennen und Platzierung Punkte erhält. Die wiederum sollen in eine Gesamtwertung einfließen. Man kann sich dann, ähnlich einer Rangliste, über die Anzahl der die gesammelten Punkt pro Saison für die WM in Hawai’i qualifizieren. Das würde bedeuten, dass man stets die Rangliste beobachten und gegebenenfalls auch öfter bei Ironman Wettkämpfen starten muss. Selbst ehemaliger Gewinner des Ironman Hawaii, die bisher ein Startrecht auf Lebenszeit hatten, müssten sich, unter bestimmten Umständen wieder qualifizieren oder können nur mehr in der Altersklasse starten. Was hältst Du davon? F.A-S.: Grundsätzlich finde ich das gut und unterstütze diese Idee auch. Die neue Regelung soll ja nur für die Profis gelten. Es gab bisher viel zu viele Profis, die auf Hawai’i gestartet sind und die nie unter 3 Stunden laufen oder jenseits guter Platzierungen sind. Es ist immer ein viel zu großes Gedränge im Wasser, was für mich jetzt nicht unbedingt ein Problem ist. Aber da gibt es viele sogenannte Profis im Zwischenbereich, die sind zu gut für die Altersklasse, aber gehören auch nicht unbedingt zur Weltspitze. Dafür braucht es endlich eine Lösung, so etwas wie eine extra Klasse, die zwischen der AK und den Pros liegt. Für die Triathleten, die sehr gut sind, aber nebenbei auch noch Arbeiten, um auch ihre Leistungen entsprechend zu honorieren. Zurück zur Frage: Wie gesagt, finde ich es grundsätzlich eine gut Idee, aber man wird gezwungen sein, mehr WTC-Wettkämpfe zu machen. Einerseits sieht man natürlich manchen Profi, der ein Startrecht auf Lebenszeit hat, bisher nur in Hawai’i, damit er seine Kräfte schont. Also ein Pflichtrennen vor ab wäre hier sicherlich gut. Andererseits sollte die WTC gleichzeitig auch endlich ihre Profis besser behandeln. Auch das Thema effizienterer Dopingkontrollen spielt eine Rolle, es gibt bisher kaum Trainingskontrollen. Das muss verbessert werden und da hilft es natürlich, wenn der Profipool wieder überschaubarer wird. Bei zu vielen Profis war das bisher natürlich schwierig. Das ist also sicherlich der richtige Weg. Ein weiterer Punkt sind dann natürlich die Preisgelder, da ist im Vergleich zu anderen Sportarten großer Nachholbedarf ebenso was die Behandlung der Profis betrifft. Wir werden sehen. tri2b.com: Für Regensburg wünsch ich Dir viel Erfolg und ein tolles Rennen, vielen Dank für das kurzfristige Interview. 

F.A-S.: Gerne, danke auch.