Interview Katja Schumacher: "Genug Speed, wenig Konstanz"

Jens Richter für tri2b.com | 10.07.2003 um 21:13
Katja Schumacher hofft, für die zweite Auflage des OPEL IRONMAN Germany noch rechtzeitig wieder in Form gekommen zu sein. Nach einem äußerst verzwickten Frühjahr will die Heidelbergerin gern den Sprung aufs Treppchen schaffen, erzählte sie im Interview mit tri2b.com.

tri2b.com: Katja, wenn man hört, wie es dir in diesem Frühjahr ergangen ist, scheinen Ambitionen auf eine Titelverteidigung in Frankfurt vermessen. Seit wann kannst du wieder uneingeschränkt Sport treiben? 

Katja Schumacher (K. S.): Seit Ende Mai scheint die Sache im Griff zu sein. Über drei Monate haben sich meine Zahnprobleme nach einem blöden Radunfall in Los Angeles(bei einer unverschuldeten Kollision mit einem Auto brach sich Katja beide oberen Schneidezähne ab und litt monatelang an einer Kieferhöhlenentzündung, die Red.)hingezogen – immer wenn ich dachte, ich könnte wieder voll einsteigen, brach die nächste Entzündung los. Ich habe also gerade mal fünf Wochen trainiert. 

tri2b.com: Nach deinem missglückten Rennen im kalifornischen Wildflower Anfang Mai hast du deshalb auch nur einen einzigen Härtetest absolviert – den Kurztriathlon in Bad Ems, wo du gewinnen konntest. Reicht eine solche Vorbereitung gegen die Rennpraxis von Nina Kraft und Lori Bowden? 

K. S.: Vielleicht nicht, und für meinen angestrebten Treppchenplatz müsste ich noch andere schlagen: Nina Fischer zum Beispiel und Belinda Halloran. Ich habe natürlich etwas anders trainiert und meine Zeit nicht mit Grundlagentraining verschwendet. Außerdem habe ich mein Tapering um eine Woche verkürzt. Weil ich im Winter ganz gut gearbeitet hatte, kam die Form schnell zurück. Ich war selbst überrascht. 

tri2b.com: Im vergangenen Jahr warst du läuferisch sehr stark – wie sind die Fähigkeiten jetzt verteilt? 

K. S.: Ich denke, ganz ähnlich. Ich bin aber leichter als im letzten Jahr – kein Wunder: Wenn die Schneidezähne fehlen, isst man ja auch nichts mehr ... 
Nein, im Ernst: Zuletzt schwankten meine Trainingsleistungen genauso stark, wie das Körpergefühl. Mal lief’s genial, mal ging fast gar nichts. Genug Speed ist da, mir fehlt nur die Substanz. Die Tagesform wird’s entscheiden. 

tri2b.com: Dein Lieblingsszenario am Sonntag ...? 

K. S.: ... sieht nicht ganz so aggressiv aus wie im vergangenen Jahr, wo ich immer an der Spitze bleiben wollte. Diesmal sind die Kräfteverhältnisse im Feld anders. Beide Ninas schwimmen vorn und werden auf dem Rad sicher nicht auf mich warten. Ich werde mein eigenes Rennen machen und hoffen, dass ich hinten dran unter 3:20 Stunden laufe und damit noch aufs Podium kommen kann. Am wichtigsten ist mir aber die Hawaii-Qualifikation. 

tri2b.com: Im letzten Jahr konnten in Frankfurt die wenigsten Frauen an der Spitze behaupten, ein eigenes Rennen gemacht zu haben – die Diskussion hat sich bis in den Winter fortgesetzt. Ironman-Präsident Kurt Denk hat auf Eure konzertierte Forderung nach einem vorgezogenen Frauenstart den Ball zurückgespielt: Die Frauen sollten medialer denken und sich mit dem spektakulären Massenstart arrangieren. Hat Frankfurt die Chance, ein faires Rennen zu werden? 

K. S.: Ich kann es nur hoffen. Falls die neue Regelung mit den Penalty-Boxen auf der Strecke konsequent umgesetzt wird, ist das eine Chance. Da werden die Pulks gleich auseinandergenommen. 
Andererseits: Den Vorwürfen gegen die Topathletinnen kann ich nur entgegnen: Wer so etwas sagt, sollte selbst mal versuchen, mit den Kräften einer Frau aus solch einer Draftingfalle zu entkommen. Wenn der hunderste Mann vorbeikommt und in die Lücke fährt, möchte man nicht mehr abbremsen und sich ganz gerne wieder aufs Rennen konzentrieren. 

tri2b.com: Das Ticket mal vorausgesetzt, willst du in diesem Jahr auf Hawaii endlich zeigen, was du kannst? 

K. S.: Ganz sicher will ich das – und ich rechne mir einen kleinen Vorteil gegenüber früheren Versuchen aus: Nach dem späten Start in diese Saison müsste ich im Oktober doch eigentlich etwas ausgeruhter sein ...