Laura Zimmermann: Eine Top Ten-Platzierung bei der Ironman WM wäre der absolute Traum

Harald Eggebrecht für tri2b.com | 02.05.2022 um 20:54
Laura Zimmermann hat im Vorjahr in Hamburg ihr erstes Ironman-Rennen der Karriere gewonnen und damit die Qualifikation für den Ironman Hawaii 2021 gelöst. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde aus dem Start auf Big Island nun ein Rennen im Wilden Westen von Utah. Wir haben mit der 31-jährigen Profitriathletin, die derzeit in Baiersbronn im Schwarzwald lebt und für den SV Würzburg 05 startet, über die Besonderheiten der WM in St. George, ihre Vorbereitung und die eigene Zielvorstellung gesprochen.

tri2b.com: Die wichtigste Frage vorweg, hat bei deiner Anreise nach St. George alles funktioniert und kannst du jetzt fit und gesund die letzten WM-Vorbereitungen vor Ort angehen?
Laura Zimmermann (L.Z.): Es hat alles geklappt, mit der Einschränkung, dass ich bei der Anfahrt zum Flughafen fast eine Stunde im Stau stand. Das war für meine Nerven nicht so gut, aber schlussendlich sind wir noch pünktlich in den Flieger gekommen. Gesundheitlich ist alles ok und was Corona angeht, damit hatte ich bereits im Februar zu tun und somit fühle ich mich da relativ sicher. 

tri2b.com: Du hast die komfortable Situation, dass du auch schon die Quali für den Ironman Hawaii 2022 im Oktober in der Tasche hast. Wenn du aussuchen könntest, wo es für dich besser läuft. Wie würde deine Wahl ausfallen?
L.Z: Als dann im Herbst 2021 die Entscheidung kam, die WM findet nicht auf Hawaii sondern in St. George statt, da war ich im ersten Moment schon enttäuscht. Natürlich auch deshalb, da ich zu diesem Zeitpunkt die Quali für Kona 2022 ja noch nicht geschafft hatte. Ich war unsicher, ob mir das als Profi nochmal gelingt. Jetzt sehe ich es anders. WM ist WM, wie es auch Anne Haug schon gesagt hat. Das wichtigste ist, dass man sich mit den Besten messen kann. Wobei mir wohl die Strecken auf Hawaii mehr entgegen kommen als der bergige Kurs hier in Utah.

Laura Zimmermann hat 2022 zweimal die Ironman WM im Blick - © Marcel Hilger

tri2b.com: Beim 70.3 in St. George warst du noch nie dabei, deshalb sind die Rahmenbedingungen und der Kurs komplett neu für dich. Wie sind deine ersten Eindrücke?
L.Z.: Bei der Radstrecke sprechen alle immer nur über die längeren Anstiege im zweiten Teil. Ich denke allerdings, dass hier der erste Teil nicht zu unterschätzen ist. Das ist alles auch schon sehr wellig und es geht gefühlt auch da schon nur hoch und runter. Außerdem ist es wirklich sehr warm hier.

tri2b.com: Im Marathon sind vier lange Anstiege und ebenso vier lange Downhills zu bewältigen. Daniela Ryf hat bei uns im Interview gesagt, dass es richtig brutal werden kann. Wie speziell hast du dich im Laufen vorbereitet?
L.Z.: Ehrlich gesagt hängen mir Berge jetzt langsam echt zum Hals raus. Mein Trainer Utz Brenner hat mich sowohl beim Radfahren und auch beim Laufen sehr viel am Berg trainieren lassen. Beim Laufen inklusive Bergabtraining. Beim Training daheim im Schwarzwald habe ich da sehr gute Voraussetzungen gehabt, zumal jetzt im letzten Block auch das Wetter bei uns schon etwas besser war. Davor im Trainingslager auf Mallorca war ich ebenso schon viel auf den bergigen Strecken unterwegs.

tri2b.com: Als Vorbereitungsrennen hattest du die Challenge Salou gewählt und warst dann als Zehnte mit dem Ergebnis nicht so ganz zufrieden. Hatte das einen Einfluss auf die finale Vorbereitung für St. George?
L.Z.: Ich wollte nochmal ein Rennen machen, auch im Hinblick was das Material angeht. Salou fand mehr oder weniger aus dem Training heraus statt, ohne groß zu tapern. Wichtig war mir eigentlich noch einmal vor der WM einen Triathlon zu machen, da parallel auch noch der Powerman Duathlon in Alsdorf zur Auswahl stand. Ich habe aus diesem Grund Salou gewählt, wo es dann ja auch ein Duathlon wurde. Aber egal, von den Werten waren wir zufrieden, nur von der Platzierung hätte ich mir was anderes erhofft. Aber die Renndynamik hat leider an diesem Tag nicht in meine Karten gespielt.

Racetest bei der Challenge Salou - © Marcel Hilger

tri2b.com: Im Vorjahr hattest du bei den ersten Rennen keine wirklichen Topergebnisse. Die Erfolge mit dem Highlight, deinem Sieg beim Ironman Hamburg, kamen erst in der zweiten Saisonhälfte. Bist du eher der Typ für so eine Saisongestaltung? Jetzt wird aber Anfang Mai eine Topperformance gefordert?
L.Z.: Der holprige Start in die Saison 2021 lag vor allem an teils unglücklichen Begleitumständen. Einmal hatte ich einen Platten, einmal gab es eine Diskussion mit einem Wettkampfrichter über eine Zeitstrafe. Es war unklar, ob es jetzt eine Penalty gibt oder nicht und hatte deshalb die Gruppe verpasst. Außerdem waren die Rennen zum Saisonbeginn alles Mitteldistanzen, bei denen eine immer höhere Grundgeschwindigkeit gefordert ist. In der Corona-Zeit habe ich mich aber explizit auf die Langdistanz vorbereitet, weil das mein längerfristiges Hauptziel ist dort zu performen. Wenn man auf der Mitteldistanz keinen Kurzdistanz-Background hat, dann ist es sehr schwer für die Topränge konkurrenzfähig zu sein. Die Ironmans in Hamburg und Florida haben dann ja gezeigt, dass unser Trainingskonzept funktioniert.

tri2b.com: Wie sieht deine Zielvorstellung für das WM-Rennen aus. Mit welchem Ergebnis wärst du zufrieden?
L.Z.: Gefühlt kommt ja gerade jeden Tag eine verletzungs- bzw. krankheitsbedingte Absage. Trotzdem ist das Feld immer noch äußerst stark besetzt. Für mich waren die ersten sieben Frauen in Stein gemeißelt, sofern nichts Unvorhergesehenes passiert. Dahinter wird alles, wenn man die Vorleistungen betrachtet, sehr nah zusammen sein. Da ist dann vieles möglich und viel wird von der Tagesform und der Renndynamik abhängen. Für mich wäre eine Top Ten-Platzierung ein absoluter Traum. Aber im Endeffekt will ich sehen, wie ich mich in so einem Feld behaupten kann. Ich habe nichts zu verlieren.

tri2b.com: Nach der heutigen Absage von Laura Philipp musst du wohl leider eine Athletin von deinen Top-Sieben streichen. Anne Haug und Daniela Ryf sollten klar sein. Aber dann?
L.Z.: Die anderen vier sind für mich Kat Mathews, die hat zuletzt wirklich starke Leistungen gezeigt, sowieSkye Moench, Heather Jackson und Lisa Norden.

tri2b.com: Du hast vorher schon das Materialthema angesprochen. Hast du dich schon für das Race-Setup entschieden, oder hängt das von deinen letzten Eindrücken vor Ort ab?
L.Z.: Also ich habe jetzt keine riesengroße Auswahl dabei. Genau gesagt sind es drei Laufräder. Hinten werde ich ziemlich sicher mit Scheibe fahren und vorne mit einem Six-Spoke Wheel von Bike Ahead Composites.

tri2b.com: Du willst dich also richtig in den Wind reinlegen?
L.Z.: Ich hoffe natürlich das es vom Wind nicht ganz so extrem wird. Aktuell sieht es ja gut aus was die Vorhersage anbelangt. Da ich eine große Athletin bin und auch etwas mehr Gewicht mitbringe, habe ich aber auch bei windigen Bedingungen nicht so die Probleme.

tri2b.com: Das Schwimmen ist deine schwächste Disziplin und du bist dann erst einmal in der Defensive. Gibt es einen Taktikplan?
L.Z.: Ich habe in der Vorbereitung viel beim Schwimmen gemacht und deshalb die Hoffnung, dass ich im Bereich der Verfolgergruppe aus dem Wasser kommen kann. Ansonsten habe ich meine Wattbereiche, bei den ich weiß, dass ich mich da aufhalten kann. Ob das dann eher im unteren oder oberen Bereich ist, hängt von der Tagesform ab. Da muss ich dann vor allem auf mein Körpergefühl hören. Mein Trainer Utz Brenner wird sicher an einigen Punkten an der Strecke stehen und mir Infos zur Rennkonstellation geben, so dass ich dann entsprechend reagieren kann. Dadurch dass die Hauptschwierigkeiten auf der Radstrecke erst im zweiten Teil kommen, darf man anfangs auf keinen Fall überzocken. Beim Laufen sollten mir die Bergabpassagen ganz gut liegen. Ich hoffe, dass ich da die eine oder andere Sekunde, die ich bergauf vielleicht verliere, wieder gutmachen kann.

tri2b.com: St. George ist deine erste Ironman-WM. Gibt es da einen speziellen Plan für die Raceweek, oder ist alles genauso geplant wie bei einem normalen Ironman-Rennen?
L.Z.: Durch die WM ist das Interesse schon größer als sonst, sowohl von Medien- als auch von Sponsorenseite. Wir haben uns dafür einen Wochenplan gemacht, damit wir das Training darum herum optimal planen können. Wobei bei mir eigentlich in der Rennwoche und auch schon in der Woche davor nur noch Einheiten zur Aktivierung mit kurzen Belastungsspitzen auf dem Plan stehen.